Der syrische Flüchtlinge Zoher J. ist nach einem fast zwölf Monate dauernden Verfahren vom 7. Senat des Oberlandesgerichts München wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Zudem ordnete der Strafsenat an, dass der 33-jährige Angeklagte nach Ende des Strafvollzugs für drei Jahre unter Führungsaufsicht gestellt wird.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Zoher J. im November 2012 in der nordsyrischen Stadt Aleppo zusammen mit einem Gesinnungsgenossen Katiba "Mohamed Ibn Abdullah" gegründet hat. Das Bataillon gehörte zur Dschihadisten-Miliz "Jabhat al-Nusra", dem syrischen Zweig der Terrororganisation Al-Kaida. Inzwischen ist die Jabhat als Nusra in der dschihadistischen Miliz Hay'at Tahrir al-Sham (Organisation für die Befreiung der Levante) aufgegangen. Diese ist noch immer in der Region Idlib im Norden Syriens aktiv.
Mit schwarzer Islamisten-Flagge
Die uniformierten Kämpfer der salafistischen Kampfgruppe um Zoher J. traten öffentlich mit einer gemeinsamen Fahne auf. Auf der schwarzen Flagge war in Weiß das islamische Glaubensbekenntnis und die Unterschrift des Propheten Mohamed Ibn Abdullah zu lesen. Der nun verurteilte Syrer war am 12. April 2017 in der Gemeinde Adlkofen bei Landshut durch Beamte der baden-württembergischen und der bayerischen Polizei verhaftet worden. Damals stand auch der Verwurf im Raum, Zoher J. solle im Auftrag der Terrormiliz "Islamischer Staat" unter Flüchtlingen in Griechenland Mitglieder für Terrorzellen in Europa rekrutieren. Zudem warf ihm der Generalbundesanwalt damals vor, er solle "in Europa agierende Terrorzellen koordinieren, um noch nicht näher geplante Anschläge durchzuführen".
Zum Auftakt des Prozesses am 4. April 2018 im Justizzentrum in München war dieser Vorwurf aus prozessökonomischen Gründen und aus Gründen der Beschleunigung von der Staatsanwaltschaft aus der Anklage herausgenommen. Dies ist laut Strafprozessordung möglich, wenn ein "Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten" ist und zugleich ein Urteil das der Beschuldigte wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, ausreichend erscheint.
Zoher J. war nach Feststellung des Gerichts Emir der Katiba im Raum Aleppo und Idlib. Nach den Feststellungen des Strafsenats vom Donnerstag bestimmte der Angeklagte gemeinsam mit einem Gesinnungsgenossen die ideologische Ausrichtung des Bataillons. Zudem war er für die Auszahlung des Soldes an die Mitglieder des Bataillons verantwortlich. Das Gericht sah es als erwiesen an, "dass es sich bei der vom Angeklagten geführten Katiba um eine terroristische Vereinigung handelt, die für die Errichtung eines Gottesstaates unter Geltung der Scharia kämpft", teilte das Oberlandesgericht mit.
An der Wade verletzt
Zugunsten des Angeklagten wertete das Gericht die desolate humanitäre Situation in Syrien im Tatzeitraum und den Umstand, dass die Tat, für die er nun verurteilt wurde, bereits einige Jahre zurückliegt. Auch eine schwerere Verletzung, die Zoher J. im Bürgerkrieg erlitten hat, berücksichtigte der Strafsenat strafmildernd. Eine Bombe soll ihm einen Teil der Wade weggerissen haben.
Zulasten des Angeklagten wertete der Strafsenat, dass der Syrer die Kampfeinheit über mehrere Monate hinweg geführt hatte. Es war ein sehr aufwendiger Prozess, da jedes Wort für den Angeklagten in die arabische Sprache übersetzt werden musste. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Revision zum Bundesgerichtshof ist zugelassen.
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