Speichersdorf
24.06.2019 - 16:57 Uhr

Gewinne nicht um jeden Preis

Die Raiffeisenbank am Kulm hat die Schwelle von 100 Millionen Euro Bilanzsumme so gut wie geknackt. Sie schüttet ein Prozent Grunddividende aus, zahlt Mitgliedern einen Renditebonus von bis zu 5,76 Prozent und steigert deren Zahl um 34.

Aufsichtsratsvorsitzender Konrad Wolf (links) und Bankenvorstand Peter Porsch verabschieden Simone Walter aus dem Gremium. Bild: hai
Aufsichtsratsvorsitzender Konrad Wolf (links) und Bankenvorstand Peter Porsch verabschieden Simone Walter aus dem Gremium.

Vorstand Peter Porsch präsentierte in der Generalversammlung den 84 Genossenschaftsmitgliedern und Ehrengästen die Jahresabschlusszahlen der Raiffeisenbank am Kulm. So konnte die Bilanzsumme erneut um 2,4 Prozent auf 98,7 Millionen Euro und die Zahl der Mitglieder von 1958 auf 1992 gesteigert werden. Das betreute Kundenvolumen lag bei 198,9 Millionen Euro. Die Forderungen an Kunden stiegen um 4,3 Prozent auf 66,6 Millionen Euro. Zum Vergleich lag das Wachstum bei allen oberfränkischen Instituten bei 2,7 Prozent.

Der Anteil des bilanziellen Kundenkreditgeschäfts lag bei 67,7 Prozent (61,9 Prozent als bayerischer Durchschnitt). Die Gesamteinlagen erhöhten sich 2018 um 4,2 Prozent auf 77,9 Millionen. Euro. Der Zuwachs fiel laut Porsch trotz der marktbedingt niedrigen Sparzinsen höher aus als im Vorjahr, auch weil die Privathaushalte deutschlandweit ihre Sparquote deutlich auf 10,3 Prozent erhöht haben. Die Rücklagen betrugen zum Jahresende 6,25 Millionen Euro (plus 265 000 Euro).

Der wichtigste Ertragsfaktor stand auch im Vorjahr unter Druck. Das Zinsergebnis nahm um 163 000 Euro auf 1,83 Millionen Euro ab, dafür das Provisionsergebnis um 147 000 Euro zu. Die Verwaltungsaufwendungen betrugen zum Jahresende 1,94 Millionen Euro. Allein rund 350 000 Euro Kosten entfallen dabei auf Prüfungskosten, Rechenzentrale und Beiträge zu Sicherungseinrichtungen. „Das ist mehr als die Hälfte der gesamten Sachkosten“, merkte das Vorstandsmitglied kritisch an.

Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit lag damit bei 482 000 Euro. Für dieses Ergebnis dankte Porsch vor allem den Mitgliedern und Kunden, dem Aufsichtsratsgremium und den Mitarbeitern.

Im Blick auf die Zukunftsfähigkeit kleiner Genossenschaftsbanken nutzte Porsch die Gelegenheit, kritisch Stellung zu europäischen Aussagen über das deutsche 3-SäulenModell bestehend aus Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu nehmen. Die offizielle politische Vorgabe „Harmonisierung der Bankenstruktur“ bedeute nicht, dass es nur noch Großbanken geben dürfe. Unverständlicher Weise würde den Genossenschaftsbanken mangelnde Effizienz und Überlebensfähigkeit unterstellt. Gerade die Politik der EU und des Internationalen Währungsfonds vertrete die Meinung, dass ohnehin nur ein von privaten Großbanken dominiertes Bankensystem gesamtwirtschaftlich besser sei als ein 3-Säulen-System. Porsch hielt dem die 200-jährige, erfolgreiche Entwicklung kleiner lokaler Banken als Teil des funktionierenden Verbundsystems entgegen.

Die deutschen Genossenschaftsbanken seien auf mittlere Sicht finanziell vermutlich sogar erfolgreicher als die Großbanken. Volkswirtschaftlich hätten Länder mit nur noch rein gewinnorientierte Großbanken große Probleme, die Versorgung der Bevölkerung mit Bankleistungen in ländlichen Regionen und die Kreditversorgung kleiner und mittelgroßer Unternehmen sicherzustellen. Das zeige das Beispiel Großbritannien. Sparkassen und Genossenschaftsbanken seien nach wie vor in den Regionen mit Filialen vertreten. Sie hätten in der Krise ihre Kreditvergabe nicht eingeschränkt, sondern sie sogar ausgebaut und so dazu beigetragen, dass sich die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise in Grenzen gehalten haben. „Wir erfüllen damit eine regionalpolitische Ausgleichsfunktion und wirken gesamtwirtschaftlich stabilisierend.“

Den Genossenschaften gehe es auch nicht um Gewinne um jeden Preis. „Das 3-Säulen-System ist weniger krisenanfällig als ein Bankensystem mit weitgehend nur privaten, strikt gewinnorientierten Banken“, resümierte Porsch. Vielmehr sei die Genossenschaftsbank ein Zukunftsmodell. Umfragen zeigten, dass vor allem junge Leuten persönliche Beratung für zentrale Themen wie Baufinanzierung oder eigene Altersvorsorge suchten. Deshalb würden Online-Banken immer mehr Filialen errichten. „Den Banken, die den Spagat zwischen Heimat und Hightech schaffen, gehört die Zukunft“, prognostizierte Porsch. Die Raiffeisenbank am Kulm gehe diesen Weg mit.

Matthias Busch. Bild: hai
Matthias Busch.
Busch für Walter:

Erste Frau im Aufsichtsrat der Raiffeisenbank scheidet aus

Nach fünf Jahren im Aufsichtsrat scheidet Simone Walter aus Plössen aus persönlichen Gründen aus dem Aufsichtsgremium der Raiffeisenbank am Kulm aus. Als Nachfolger wählten die Genossen einstimmig Matthias Busch aus Zeulenreuth. Turnusmäßig wählten sie auch Aufsichtsratsvorsitzenden Konrad Wolf geschlossen wieder.

Simone Walter verlegt ihren Lebensmittelpunkt nach Neustadt an der Weinstraße. Mit ihrem Ausscheiden geht die Ära der „Ersten Frau im Aufsichtsrat“ in der Geschichte der Raiffeisenbank am Kulm zu Ende. Die Generalversammlung hatte die damals 35-jährige Architektin als Nachfolgerin von Alfons Biersack berufen. Nach dem Ausscheiden von Rudi Lang war sie 2018 auch zur stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt worden.

Wolf würdigte das Engagement Walters. Sie habe die Bank mit Fachkompetenz vor allem in schwierigen Situationen und bei schwierigen Ereignissen auf Erfolgskurs gehalten. Dies belege allein die Bilanzsumme, die von 63 Millionen im Jahr 2003 auf aktuell 100 Millionen gewachsen sei.Wolf dankte für viele konstruktive Beiträge, mitgetragenen Entscheidungen und die harmonische Zusammenarbeit. Als Zeichen der Anerkennung überreichten Wolf und Vorstand Peter Porsch eine Ehrenurkunde und einen Blumenstrauß.

Walters Nachfolger Matthias Busch (43) ist Bauingenieur der Bahn AG und stammt aus Zeulenreuth. Der Vater zweier Kinder sitzt seit 2014 sitzt er für die CSU im Gemeinderat der Gemeinde Speichersdorf.

Zuvor hatte Wolf die ungebrochene Aktualität und Akzeptanz der genossenschaftlichen Selbsthilfe, -verwaltung und -verantwortung betont. Auch die Politik habe verstanden, welchen Beitrag Genossenschaften für den Freistaat leisten. Die Volks- und Raiffeisenbanken seien „die einzige Bankengruppe in Deutschland, die das Rating AA- als Gütesiegel für Stabilität und Robustheit tragen“ dürften. Wolf untermauerte dies auch mit Zahlen. So seien die Mitgliederzahlen in Bayern schon bereits seit zehn Jahren in Folge im Steigen begriffen. 2,7 Millionen Menschen in Bayern seien Mitglieder einer Genossenschaftsbank. Stetig wachsend sei zudem der Zuspruch der Privat- und Firmenkunden.

Wolf verwies auch darauf, dass die Gemeinden und der Freistaat vom wirtschaftlichen Erfolg der Genossenschaften profitieren: Jährlich führten sie rund 400 Millionen Euro an Betriebs- und Ertragsteuern an den Fiskus ab. Sein Dank galt den Kunden, dem Vorstand und Aufsichtsrat sowie allen Mitarbeitern für ihre Leistungsbereitschaft, fachliche Kompetenz, Beratung sowie einen ausgeprägten Teamgeist. Für die Gewerbesteuerzahlung an die Kommunen, die gewinnbringend investiert würden, und für das „Herz für Vereine und öffentlichen Einrichtungen“ vor allem bei den Ausschüttungen zu Weihnachten dankte Neustadts Bürgermeister Wolfgang Haberberger. Als erfolgreicher Fiananzdienstleister für Bürger und Kommunen sei die Raiffeisenbank ein Garant für nachhaltiges Wirtschaften in der Region und trage zur gesellschaftlichen Stabilität und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei.

 
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