Wie man in den Himmel kommt, das ist am Sonntag bei der Eröffnung der gleichnamigen Kunstausstellung im Kloster Speinshart schnell erklärt: Auffahren, aufgenommen werden, die Schwere verlieren, ein neues Gravitationszentrum finden, sich fallen lassen, aber nach oben. Die Künstlerin Rosa Pfluger aus Ebersberg bearbeitet dieses Feld. Ist es auch ein Stück einer schillernden Raumfahrtgeschichte? Ganz bestimmt. Mit intellektueller Schärfe ordnet sie in der klösterlichen Stille avantgardistische Positionen und historisch Gewachsenes treffend ein.
Rosa Pfluger bearbeitet das Feld der Raumfahrt, indem sie gefundene Materialien, Bilder, Zeiträume und Geschichten verknüpft und ihr die Himmelfahrt als eine Alternative gegenüberstellt. Ein transzendenter Vorstellungsraum. Im oberen Konventgang des Klosters baut sie einen ausgedienten Mähdrescher zum Space Shuttle um und landet mit ihm auf einem fernen Planeten. Oder nimmt die Himmelfahrt wortwörtlich, um sie auf ihre designerischen Qualitäten zu untersuchen. Choreografien aus Pappe – aus alten Zeitschriftenfotos, Dämmstoffen, Stroh, Kleister und Alltagsgegenständen bastelt sie eine Kulisse, in der die Erzählungen rund um das Abheben ihre Zweideutigkeiten offenlegen.
Erinnerung an Lois Weinberger
Erweitert werden die Objekte mit Textpassagen, Installationen und Fotografien durch den 2020 verstorbenen Lois Weinberger, der sich selbst als „Feldarbeiter“ bezeichnete. Werke, entstanden durch banale, aber aufmerksame Beobachtungen der Natur. Im Kontext des Irdischen erstaunt eine Bricolage. Gleich zu Beginn ist die Arbeit des Künstlers als „portabler Garden“ mit Kunststofftaschen, Ackererde und Spontan-Vegetationen im Innenhof des Klosters zu entdecken. Im scheinbar unscheinbaren liegt oft das Wesentliche, so der Gedankengang des Werks. Pflanzen, deren Samen zufällig eingetragen wurde oder sich selbst ihren Weg suchten. Der „mobile Mini-Garten“ gibt Raum für das Wilde, das Unkontrollierte und Unbeachtete.
Wo Hightech und Machtfantasien von Milliardären aufhören, fangen Lowtech und der schiere Glaube erst an. Gerade in Bayern, einem Flecken Erde, das seinem Selbstverständnis nach wie kein zweites von Landwirtschaft, Volksfrömmigkeit und mittlerweile durch die Hightech-Initiative "Bavaria One" nun auch von der Eroberung des Alls geprägt ist und das sich die Farben des Himmels Weiß und Blau auf die Fahne schreibt, lohnt es sich, diesen Drang nach oben zu betrachten: So beschreibt Kuratorin Professorin Notburga Karl von der Akademie der Bildenden Künste in München die Werke der Ebersbergerin.
Gescheiterte Höhenflüge
Der Ausstellungskorridor spielt mit dem Begreifen-Wollen des Fremden, der Parallelwelt der Schwerelosigkeit, von gescheiterten Höhenflügen, Raumkapseln und Untersuchungsstationen und mündet in der endlosen Raumflucht des Sternenhimmels. Die vielfältige Materialcollage beeindruckt mit spiritueller Leichtigkeit. Unverkennbar sind die Arbeiten der Ebersberger Künstlerin mit Bezug auf den elterlichen Bauernhof und damit verbunden zu einer gewachsenen Kultur.
Geöffnet ist die Ausstellung im Kloster Speinshart noch bis 22. Juni. Öffnungszeiten mittwochs von 9 bis 15 Uhr und sonntags von 13.30 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung (09645/60193801).
Die beiden Künstler
- Rosa Pfluger, geboren 1997 in Ebersberg
- Sie arbeitet mit Beobachtungen und Materialien aus ihrem direkten Umfeld, dem Bauernhof der Familie und verknüpft diese mit Narrativen aus Wissenschaft und Religion.
- Es entstehen kulissenartige Installationen und Requisiten, Hörspiele und Videos.
- Sie schloss 2024 ihr Studium der Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste in München ab.
- Lois Weinberger, 1947 in Stams in Tirol geboren und 2020 verstorben.
- Er arbeitete an einem poetisch-politischen Netzwerk.
- Die Basis für seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Natur- und Zivilisationsraum bildeten ethno-poetische Arbeiten, die das Alltagsleben tangieren.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.