Süß bei Hahnbach
06.02.2023 - 13:02 Uhr

Eine Mama mit viel Willen und Mut

Aurelia malt ein Sandmännchen, ein Geschenk für ihre Mama. Beide sehen glücklich aus. Das war nicht immer so. Christina Wolf erzählt Oberpfalz-Medien, wie sie als Alleinerziehende eine zweite Ausbildung meisterte.

Gemütlich eingerichtet ist die Drei-Zimmer-Wohnung in Süß, in der Aurelia, knapp vier Jahre alt, rotblond und sehr aufgeweckt, mit ihrer Mutter Christina lebt. Umgeben von Stofftieren, Buntstiften und Malbüchern und mit vielen Fragen an die Mama, die diese bereitwillig beantwortet. Noch vor ein paar Wochen sah das ganz anders aus. Christina, alleinerziehend, hatte Arbeit, Kind und bevorstehende Prüfung unter einen Hut zu bringen, war psychisch und physisch am Limit. „Ich wollte hinschmeißen“, gesteht sie, „war überarbeitet, konnte nicht mehr“. Doch es gab helfende Hände, die sie aus ihrem Tief gezogen haben, nicht das letzte Mal in ihrem Leben.

Christina Wolf (35) ist zusammen mit einem Bruder aufgewachsen in Vilseck. „Sie waren und sind meine größte Stütze“, beschreibt sie das Verhältnis zu ihren Eltern Sigrid und Stefan, nennt sie die erste helfende Hand von dreien in den vergangenen schwierigen Jahren. Nach der Schulzeit wurde Christina zur Konditorin ausgebildet in einem Betrieb in Großschönbrunn. Sie hatte Freude an der Herstellung von kunstvollen Hochzeitstorten und feinem Weihnachtsgebäck, musste allerdings auch viel stehen, schwer heben und tragen. Die Folge war 2015 ein Bandscheibenvorfall mit anschließender Operation in München und Reha am Chiemsee. „Jetzt war ich zwar eine Gesellin und mochte meinen Beruf, aber man hat mir nahe gelegt, ihn nicht mehr auszuüben“ beschreibt Christina ihre damalige Situation.

Trennung vom Vater

Guter Rat kam von der Agentur für Arbeit, sie riet der jungen Frau zu einer Umschulung. Tests – „ob ich gescheit genug bin“ – bestätigten ihren neuen Berufswunsch: sie wollte Medizinische Fachangestellte (MFA) werden. 2016 begann ihre Ausbildung an den Kliniken Nordoberpfalz, jedoch bald darauf gab es wiederum einen Bruch.

„Im März 2019 kam Aurelia zur Welt“, beschreibt Christina das für sie gleichzeitig glückliche und problematische Ereignis. Mit dem Vater des Kindes kam es zur Trennung, Christina ging zu ihren Eltern zurück. Nach Mutterschutz und Elternzeit aber wollte sie 2021 wieder durchstarten, die Umschulung fortsetzen. Ihr vorheriger Ausbildungsplatz in der Orthopädischen Rehaklinik in Waldsassen aber war in der Zwischenzeit geschlossen worden. Die junge Mutter hatte mittlerweile eine Wohnung in der Dorfstraße in Süß gefunden, auch einen Platz für Aurelia in der dortigen Kita „Zum guten Hirten“.

Was fehlte, war eine Praxis, in der sie ihre Ausbildung weiterführen konnte. Da kam die zweite helfende Hand ins Spiel: Tanja Haberl, eine Fachkraft des Integrationsdienstes. „Sie hat mir geholfen bei Bewerbungen, hat in Praxen angerufen, meine Situation erklärt, für mich gesprochen“, sagt Christina und ist dieser Frau heute noch überaus dankbar für ihre Hilfe. Deren Engagement hatte Erfolg und führte dazu, dass Christina Wolf heute sagt: „ Es hätte nicht besser kommen können für mich.“

Es war die Praxis von Dr. Armin Rüger und Dr. Agneta Gunesch in Sulzbach-Rosenberg, die Christina ab dem Herbst 2021 ihre weitere Ausbildung ermöglichte. Die verständnisvollen Ärzte, die hilfreichen Kolleginnen, es lief bestens für die Umschülerin, aber über all dem schwebte das Damoklesschwert der Abschlussprüfung. 30 Stunden Arbeit, Berufsschulunterricht, Haushalt, das Kind, büffeln für die Prüfung, Angst vor dem Versagen – all das führte dazu, dass sie kurz vor der Prüfung aufgeben wollte, „weil der Druck zu groß geworden ist“.

"Nicht aufgeben"

Und wieder war es eine helfende Hand, diesmal die von Dr. Armin Rüger, die Christina Wolf half, ihr Tief zu überwinden. „Er hat mir klar gemacht, dass man eine Prüfung wiederholen kann, wenn es schief geht“, erzählt sie, „dass man nicht aufgeben muss, sondern weitermachen kann“. Das gesamte Praxis-Team habe sie unterstützt, habe mit ihr gelernt, mit dem Erfolg, “dass ich am 14. Januar 2023 ein Zeugnis in den Händen hielt: ich hatte die Prüfung bestanden und ich wurde übernommen“.

Seitdem arbeitet die junge Frau mit den zwei abgeschlossenen Berufen 30 Stunden in der Woche als MFA in der Sulzbach-Rosenberger Hausarztpraxis, liebt ihren Job, hat Zeit für Aurelia, ist glücklich. Ihren „helfenden Händen“, die sie durch eine schwierige Zeit gebracht haben, ist Christina sehr dankbar. Sie blickt zurück auf Jahre, „in denen ich keine großen Sprünge machen konnte, aber auch nichts vermisst habe“. Finanzielle Unterstützung durch das Arbeitsamt, Kindergeld und Alimente von Aurelias Vater hätten zu einem Leben beigetragen, „in dem uns nie etwas gefehlt hat“. Christina sagt von sich, sie sei kein anspruchsvoller Mensch, sei so erzogen worden. Was ihr dagegen aber enorm wichtig ist: Der Appell an andere, insbesondere Frauen, die ähnliche Lebenslinien aufweisen „Man darf nicht aufgeben. Es gibt mehrere Chancen im Leben. Es finden sich Wege und es gibt Menschen, die weiterhelfen“.

 
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