Sulzbach-Rosenberg
26.09.2023 - 12:00 Uhr

Vor 100 Jahren: Brüder aus Sulzbach-Rosenberg finanzieren Aquarium in San Francisco

Das Steinhart-Aquarium in San Francisco ist eine weltberühmte Einrichtung. Nun wird die Besucherattraktion und Forschungsstätte hundert Jahre alt. Das ist dem Ehrgeiz und dem Geld von zwei Brüdern aus Sulzbach-Rosenberg zu verdanken.

Plakette (links im Bild) im Steinhart Aquarium in Erinnerung an Ignatz Steinhart (1841 - 1917). Das Steinhart Aquarium in San Francisco in dem Naturkundemuseum "California Academy of Sciences" ist eine weltberühmte Einrichtung. Nun wird die Besucherattraktion und Forschungsstätte 100 Jahre alt. Das ist dem Ehrgeiz und dem Geld von zwei Brüdern aus der Oberpfalz zu verdanken. Bild: Barbara Munker/dpa
Plakette (links im Bild) im Steinhart Aquarium in Erinnerung an Ignatz Steinhart (1841 - 1917). Das Steinhart Aquarium in San Francisco in dem Naturkundemuseum "California Academy of Sciences" ist eine weltberühmte Einrichtung. Nun wird die Besucherattraktion und Forschungsstätte 100 Jahre alt. Das ist dem Ehrgeiz und dem Geld von zwei Brüdern aus der Oberpfalz zu verdanken.

Claude ist nur eine der vielen Attraktionen des Steinhart-Aquariums in San Francisco in dem Naturkundemuseum California Academy of Sciences. Meist liegt das schneeweiße Albino-Krokodil regungslos auf einem beheizten Felsen oder tummelt sich mit Schildkröten im Wasserbecken der Sumpf-Anlage. Besucher aus aller Welt schauen dem Treiben des 28 Jahre alten Reptils begeistert zu. Ein schmiedeeisernes Seepferdchen-Geländer trennt sie dabei von Claude und seinen Mitbewohnern.

Die verschnörkelte Brüstung ist eines der Originalstücke des Aquariums, das am Freitag, 29. September, vor hundert Jahren in der Westküstenmetropole eröffnet wurde. Ohne den beharrlichen Eifer zweier Brüder aus Sulzbach, heute Sulzbach-Rosenberg, würde es das Aquarium nicht geben. Mit fast 60 000 Vertretern von Flora und Fauna, dem größten Innenraum-Korallenriff der Welt, einem tropischen Regenwald, Sumpflandschaften und einem ringförmigen Tunnelaquarium zählt es heute zu den wissenschaftlichen Vorzeigeeinrichtungen. Ein Herzensprojekt der Brüder

"Sie wollten für San Francisco ein Weltklasse-Aquarium im europäischen Stil schaffen", sagt Bart Shepherd, Leiter des Steinhart Aquariums, über die Brüder Sigmund (1833-1910) und Ignatz (1841-1917) Steinhart. Die waren im Zuge des Goldrausches in den 1850er Jahren aus ihrer Oberpfälzer Heimat nach Kalifornien ausgewandert, um dort ihr Glück zu versuchen. Als Geschäftsleute, Börsenmakler und Banker wurden die kinderlosen Brüder reich.

Den Spatenstich erlebten beide nicht mehr mit. Doch in seinem Testament verfügte der am 15. Mai 1917 verstorbene Ignatz eine Summe von 250 000 Dollar - heute über fünf Millionen Dollar wert - für den Bau des Aquariums. Im Testament vermerkt sind auch weitere 150 000 Dollar zur Vergrößerung und Ausstattung jenes Aquariums. Dazu eine Handvoll Auflagen - darunter die Verpflichtung, eine Bronzebüste des damals bereits verstorbenen Bruders Sigmund aufzustellen und "Steinhart" als Namensgeber für das Aquarium.

Dokumenten aus dem Stadtarchiv Sulzbach-Rosenberg - in denen die Steinharts, anders als in den amerikanischen Dokumenten noch als "Steinhardts" geführt sind - ist weiter zu entnehmen, dass Ignaz auch 20 000 Dollar an Wohltätigkeitsvereine in San Francisco vermachte. Ebenso viel Geld ging an seine "Vaterstadt Sulzbach", genauer gesagt an die "Steinhardt-Stiftung", deren Zinsen jährlich am 21. August, dem Hochzeitstag der Eltern Jakob und Fanny Steinhardt an arme, "gut beleumundetete hiesige" Sulzbacher Familien verteilt werden sollten.

Wohltätig waren sie also, die beiden Brüder - sowohl in ihrer alten, als auch in ihrer neuen Heimat. Die Begeisterung der beiden für die Wasserwelt aber gibt Rätsel auf. "Warum wählten sie ein Aquarium und nicht etwa ein Kunstmuseum", meint Shepherd. Doch bekannt waren die Brüder für ihr zähes Ringen und ihre Beharrlichkeit, ihr Herzensprojekt im Golden Gate Park über politische und bürokratische Hürden hinweg durchzuboxen.

Neubau nach Erdbeben von 1989

Der Nachname der deutschen Stifter stand in großen Buchstaben auf der Fassade, als der klassizistische Prachtbau auf dem Gelände der California Academy of Sciences am 29. September 1923 mit 5000 Besuchern eröffnet wurde. Dieses Gebäude gibt es heute jedoch nicht mehr. Das schwere Erdbeben von 1989 in San Francisco brachte eine Wende. Statt Reparatur und Sanierung der alten Hallen wurde Star-Architekt Renzo Piano mit dem Neubau beauftragt.

Am selben Ort errichtete der Italiener einen lichtdurchfluteten Glaspalast. 2008 wurde das Naturkundemuseum mit Aquarium, Planetarium und Forschungsstätten unter einem begrünten "lebendigen Dach" eingeweiht. Der Bau erhielt Zertifikate für die umweltfreundliche Bauweise und für den ökologischen Betrieb, gemessen an Kriterien wie Energieverbrauch und Wassereffizienz.

Zwei große Kuppeln beherbergen das Planetarium und den tropischen Regenwald. Über eine riesige Wendeltreppe klettert man in feucht-tropischer Hitze von sumpfigen Wurzeln in die Baumkronen vor, umgeben von Vögeln und Schmetterlingen. Mit einem gläsernen Aufzug taucht man ab in die Meereswelt des Untergeschosses, ins philippinische Korallenriff mit tausenden bunten Fischen und Korallen. Über den Köpfen der Besucher im Tunnelaquarium schwimmen Rochen und kleine Haie.

Zwei runde Bronzeplaketten mit Büstenporträts und den Namen der Steinhart-Brüder, einst an der alten Fassade angebracht, schmücken nun die Halle gleich um die Ecke von Krokodil Claude.

Ältester Aquarienfisch der Welt

Fast so alt wie das Aquarium ist sein Bewohner Methusela, nach Angaben des Museums der älteste lebende Aquarienfisch der Welt. Nur wenige Wochen vor dem historischen Jubiläum bestimmten Forscher mit Hilfe einer winzigen DNA-Probe von der Flosse des Australischen Lungenfisches sein Alter - um die 92 Jahre. 1938 war Methusela per Dampfschiff von Australien nach San Francisco gekommen. Diese Fische können sowohl über ihre Kiemen als auch über ihre Lungen atmen

Heute setzt das Naturkundemuseum mit über 600 Mitarbeitern den Schwerpunkt auf den Schutz von Ökosystemen und Artenvielfalt. So wird daran geforscht, wie man durch Klimawandel bedrohte Riffe retten kann. Das Aquarium arbeitet an der künstlichen Nachzucht von Korallen, die dann im Meer ausgesetzt werden. Ein Projekt in Panama dreht sich um bedrohte Frösche, in Afrika geht es um Brillenpinguine, die als gefährdet gelten. In diesem Jahr seien im Steinhart-Aquarium fünf Pinguin-Küken geschlüpft, die nun zum Erhalt der genetischen Vielfalt auch Zuchtprogrammen in anderen Einrichtungen zukommen, erzählt Shepherd.

Er selbst habe den Steinhart-Brüdern viel zu verdanken, sagt der Wissenschaftler, der 1996 als Biologie-Student in dem Aquarium seine Laufbahn startete. Seit 2011 ist die Leitung der Einrichtung sein Herzensprojekt.

(mit Material der dpa)

 
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