Der alte Brauch, dessen Wurzeln Jahrhunderte zurückreichen, ist in der Oberpfalz nahezu ausgestorben. Umso mehr ist es den "Birgländern" zu danken, dass sie dieses Relikt eines einst reichen bäuerliche Kulturlebens über die Zeit gerettet haben und in Ehren halten. "Su vüll Leit' hom mir bein Winteraasttreibn nu nie g'hat", urteilte der Sprecher des Spiels, Hans Pirner aus Bernricht, anerkennend über den großen Zuschauerkreis, der den Dorfplatz säumte und auch mit Applaus nicht geizte.
Ein schneidiges Stückl der Birgländer Musikanten unter Leitung von Franz Weiß läutete das Spektakel ein, Hans Pirner machte gleich mit den ersten Versen klar, um was es da gehen sollte: "In Winta wöll ma heint astreibm, dass nimma länga er ka' bleibm. Denn wöi's der triebm hout in letzta Zeit, des woa doch wirkle nimma g'scheit. Hom ma g'moint, as wird schou Summa mit Vuglsang und schöine Bluma, dou kummt der alte Winta her, bringt numal Frost und Schnöi daher . . ." Damit waren die Fronten abgesteckt und das Feindbild fixiert: Der Winter, der "alte Grantlma" und "grobe G'sell", sollte nach allen Regeln der Kunst samt allen "Hexen, Drudn und den ganzn G'schmoiß" aus dem Dorf getrieben werden.
Die Goißlschnalzer der Birgländer entfesselten daher mit ihren Fuhrmannspeitschen ein schier höllisches Patschen und Knallen, um dem Winter und den bösen Mächten auch gehörig Angst einzujagen. Ihr schneidiger Auftritt wurde mit spontanem Beifall belohnt.
Aber mit Angstmachen alleine ist so einem frostigen Unhold nicht beizukommen, da musste schon der junge Sommer (dargestellt von Antonie Müller) antreten, um den in Pelz gehüllten Winter (Vera Rösel) nach kurzem Ringkampf endgültig aufs Kreuz zu legen. Da kommt Freude auf, und die manifestierte sich in fröhlichen altbairischen Frühlingsliedern der "Birgländer Sängerinnen", im klingenden Musikantenspiel.
Als dann die Flammen und Funken aus der Strohpuppe (dem Symbol für den Winter) wirbelten, war es Zeit, den mit bunten Bändern geschmückten "Maien" aufzurichten. Um diese grünende Birke herum drehten dann die Volkstanzpaare der "Birgländer" mit traditionellen Figurentänzen ihre Runden. Spätestens jetzt musste es auch dem Letzten dämmern: Der Winter hat verspielt! Das musste gefeiert werden, also marschierten Akteure und Zuschauer samt Musi zum Fischer-Biergarten, um den Sommer mit einer frischen Maß und einer Brotzeit willkommen zu heißen.
Hintergrund
Die „Birgländer“ halten das Spiel um das Ringen der Naturgewalten seit 1958 mit jährlichen Aufführungen am Leben. Die aktuelle Fassung der Texte und Mundartreime und die Choreographie fußen auf Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert.
Genau gesagt auf dem, was der damalige bayerische Brauchtumsforscher Eduard Fentsch in seinem zweibändigen Werk „Bavaria – Landes- und Volkskunde des Königreiches Baiern“ über die zu dieser Zeit noch lebendigen und weit verbreiteten Formen des Winteraustreibens notiert hatte. Auf dieser Grundlage, so Franz Niebler, der Vorsitzende der „Birgländer“, in seinen einleitenden Worten, schrieb in den 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts der Binder Hannsl, seines Zeichens damals Volkstumswart der „Birgländer“, seine Neufassung des Spiels um das Kräftemessen zwischen Winter und Sommer. Ab 1958 führte der Heimatverein dann das Winteraustreiben regelmäßig Jahr für Jahr durch, zunächst etliche Jahre in Sulzbach und Bernricht, danach bis heute jährlich wechselnd in verschiedenen Orten des Sulzbach-Rosenberger Landes.
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