Seit mehr als drei Jahren verbindet die Familie Lotter Tradition und Moderne, Metzgerei und Online-Shop. "Ein Steak kann nur gut sein, wenn es von weit her ist." Mit dieser Grundeinstellung vieler Kunden sah sich Johannes Lotter (32) früher oft konfrontiert. Das argentinische Angus-Rind als das Nonplusultra auf dem Grill daheim? "Das muss doch auch regional gehen", sagte sich Lotter. "Nicht das Rind aus Argentinien, sondern Gutes von zu Hause." Dieser Gedanke stand am Anfang. Heute steht dafür das "Oberpfalz-Beef". Eine eigene Marke, dazu ein Online-Shop für Fleisch. "Wir haben einfach begonnen, das Metzger-Handwerk modern zu gestalten", sagt Lotter.
Das hat auch mit der Grill- und BBQ-Szene zu tun, die in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist und genau weiß, was sie will. Deren Mitglieder bestellen meist nicht nur "drei Steaks, gut durchwachsen", sondern fragen explizit nach "Dry Aged Steaks", Flanksteaks, Skirtsteaks oder Bavette. Das will Lotter seinen Kunden anbieten - allerdings mit einem anderen Ansatz.
Als Lotter damit beginnt, der Metzgerei seiner Eltern eine neue Philosophie zu geben, stößt das auch auf Skepsis. "Wir wurden am Anfang schon belächelt", erinnert sich Johannes Lotter. Statt Argentinien nun Rindfleisch aus Guteneck oder Obersdorf? "Wichtig war aber für uns die regionale Herkunft. Wir wollen damit noch mehr verdeutlichen, dass wir zu unserer Region stehen." Sehr bald zeigte sich: Dieses Konzept kommt bei den Kunden an. Nicht nur in der Region, sondern auch bei vielen anderen, insbesondere Exil-Oberpfälzern, die wieder einmal ein Stück (aus der) Heimat genießen wollen.
Authentisch und ehrlich
Mittlerweile verschicken Lotter und sein Team ihre Oberpfälzer Fleischprodukte von Rind und Schwein in die gesamte Bundesrepublik und in die Nachbarländer. Dabei ist der Fleischversand durchaus "pflege-intensiv", wie Lotter zugibt. Schließlich handelt es sich um Lebensmittel. Und um leichtverderbliche noch dazu. "Du musst das Vertrauen der Online-Kunden gewinnen", sagt Lotter. Deshalb sind Steaks und Würste vakuumverpackt und gut gekühlt, wenn sie auf die Reise gehen. So überstehen sie auch weite Strecken - zum Beispiel zu Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan, die Steaks und Oberpfälzer Bratwürste bestellt haben.
Die Tiere dazu kommen nahezu ausschließlich aus der Region - zumeist von familiär-bodenständigen Landwirten, mit denen schon Vater Hans Lotter zusammengearbeitet hat. "Man kennt sich, authentisch und ehrlich", beschreibt Johannes Lotter die teils fast 30 Jahre währenden Partnerschaften. Lotter sucht sich die Rinder und Schweine persönlich aus, transportiert sie in sein jüngst erweitertes Schlachthaus - und lässt sie dort erst einmal ausruhen. "Die Tiere sollen ankommen können."
Eine Nacht bleiben sie im Stall. Denn die Fleisch-Qualität leide, wenn die Tiere unter Stress stehen. "Das gilt es zu vermeiden." Erst danach machen sich Johannes Lotter und sein Team an die Schlachtung. "Fachlich korrekt" muss diese ablaufen, wie Lotter betont. "Das verlangt der Respekt vor dem Lebewesen."
Respekt vor den Tieren
Respekt vor den Tieren, die den Menschen als Nahrung dienen. Dem will Lotter auch mit der Verwendung möglichst aller Tierbestandteile Rechnung tragen: Nose-to-Tail ("von der Nase bis zum Schwanz") heißt der neue Trend, der so neu gar nicht ist. Bis vor wenigen Jahren war der Verkauf zum Beispiel von Innereien in handwerklichen Metzgereien völlig normal. Deshalb gibt es bei Lotter auch seltene Delikatessen wie Ochsenbäckchen Wet Aged und Kalbsbries.
All diese Ideen haben Johannes Lotter und seine Frau Nadja in den Betrieb gebracht. "Unsere Mitarbeiter stehen dahinter", sagt er und betont: "Wir sind keine One-Man-Show, sondern bringen eine Team-Leistung." Für die rund 20 Mitarbeiter bedeutete die neue Linie eine Umstellung. Steak-Verkauf sei beratungsintensiv, verlange viel Hintergrund-Wissen. "Aber die Mitarbeiter sind da reingewachsen", freut sich Johannes Lotter.
Ebenfalls in die Materie "reingewachsen" ist Lotters Ehefrau Nadja (29). Die gelernte Hotelfachfrau arbeitet seit zwei Jahren in der Metzgerei mit - und hat extra zur Metzgereifachverkäuferin umgeschult. "Das habe ich gerne gemacht", sagt sie - und lächelt dabei ihren Mann an. "Zu zweit ist es leichter." Johannes Lotter hat im mittelfränkischen Hersbruck seine Ausbildung absolviert. "Ich wollte bewusst nicht im elterlichen Betrieb lernen." Danach hat er in fünf weiteren Betrieben gearbeitet. "Da lernst du wahnsinnig viel." Mit viel persönlicher und fachlicher Erfahrung stieg Johannes Lotter dann 2009/2010 langsam in den Betrieb seiner Eltern ein. Acht Jahre später übernahm er komplett das Ruder.
Nachhaltig und regional
Aufgaben gibt es auch in der Zukunft genug: Nachhaltigkeit und Regionalität weiter ausbauen. Nachhaltigkeit, das bedeutet für Johannes Lotter "mit Herz und Leidenschaft im Beruf stehen". Dazu gehört für ihn natürlich, Menschen für Fleisch und Wurst zu begeistern. Vielfach stößt er dabei auf positive Resonanz. "Viele Leute setzten sich nachhaltiger mit Fleisch auseinander." Konkurrenz aus dem Supermarkt sei aber dennoch eine Herausforderung, die es ernst zu nehmen gilt. Lotter zeichnet dazu eine ganz klare Strategie: Gute Qualität und gutes Marketing. Aber: "Wir wollen nicht mit Marketing überzeugen, nicht mit dem Preis, sondern mit Qualität."
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.