Sulzbach-Rosenberg
08.10.2023 - 17:16 Uhr

"Der Erdspiegel": Andrea Maria Schenkel kitzelt mit historischer Oberpfälzer Mord-Serie die Nerven

Die klassische Frage nach dem Täter ist schnell beantwortet. Aber wird der perfide, historisch verbürgte Serienmörder Andreas Bichel auch entlarvt und bestraft werden können? Bestseller-Autorin Andrea Maria Schenkel macht es spannend.

Eigentlich sei sie einer ganz anderen Geschichte auf der Spur gewesen, berichtet Schriftstellerin Andrea Maria Schenkel im Nachwort zum neuen Roman "Der Erdspiegel". Entdeckt hat sie dann aber im Archiv der US-amerikanischen Tageszeitung "New York Times" einen echten Oberpfälzer Krimi. So weit entfernt einen heimatlichen und noch dazu wahrlich grausigen Stoff aufzustöbern, ist das nur Zufall oder schon Bestimmung? Da sie an Letzteres nicht glaube, so die Schriftstellerin gegenüber Oberpfalz-Medien, müsse es wohl Zufall gewesen sein, "auf jeden Fall ein interessanter Zufall".

Schauplatz des daraus gewachsenen Romans ist Regendorf in der Nähe von Regensburg, der Täter ein Viehhändler, der seinen potenziellen Opfern nicht weniger verspricht als einen magischen Blick in die eigene Zukunft. Eine große Verlockung für junge Frauen, denen damals wenig geboten war außer harter Arbeit, der Hoffnung auf eine bessere Zukunft und natürlich einen guten Ehemann. Für die Bauerntochter Katharina und die Wirtshaus-Bedienung Barbara hält das Schicksal in Gestalt des Andreas Bichel aber Schrecklicheres bereit.

Idee aus einem Zeitungsartikel

In dem Zeitungsartikel, durch den sie auf die Geschichte aufmerksam wurde, war der Fall nur in einem Nebensatz erwähnt, erzählt Schenkel. Aber der entscheidende Funke sei sofort übergesprungen: "Wenn das Feuer, sprich das Interesse für eine Geschichte nicht sofort da ist, kann ich das Ganze vergessen."

Warum sie immer wieder an regionale Stoffe gerät, fragt sich die mit "Tannöd" schlagartig berühmt gewordene Schriftstellerin nie: "Im Vordergrund steht immer die Geschichte, spielt sie in der Oberpfalz oder in Bayern, ist es gut. Hier kenne ich mich am besten aus, hier bin ich zu Hause. Die Menschen, die Natur, all das ist mir vertraut." Die Oberpfalz sei jedoch mit Sicherheit nicht gefährlicher sei als irgendein anderer Ort der Welt.

Beziehung zu den Figuren

Wenn man beim Schreiben so tief eintaucht in menschliche Abgründe, könnte die Rückkehr in den ganz normalen Alltag schwerfallen. Bei ihr sei das sehr unterschiedlich, sagt die Schriftstellerin: "Es gibt Figuren, die bleiben sehr lange, da ich mich auch über Monate hinweg mit ihnen beschäftigt habe, denke ich das ist normal. Einige liegen einem mehr am Herzen als die anderen. Die Barbara in ,Tannöd' war so eine Figur, die nicht gehen wollte. Die Kathi in ,Kalteis' ebenso. Eine Figur, die nicht sympathisch oder nett ist, ist Tante Marga in ,Als die Liebe endlich war', aber trotzdem ist sie eine meiner Lieblingsfiguren." "Der Erdspiegel" habe mit Theres eine Figur, die sie sehr gerne mochte und an die sie oft zurückdenke.

Auf die Frage, wie es sich denn eigentlich angefühlt habe, seinerzeit mit dem Debütroman "Tannöd" direkt an die Spitze der Bestsellerlisten katapultiert zu werden, folgt das Bekenntnis: "Unwirklich. Es hat sich unwirklich angefühlt. Vieles aus dieser Zeit ist für mich verschwommen, ich habe Jahre gebraucht, um mich daran zu gewöhnen und ich arbeite immer noch daran. Nicht alles an dieser Veränderung war schön und positiv."

Die Oberpfalz bleibt ihre Heimat

Und auch wenn Schenkel zwischenzeitlich weniger als Schriftstellerin, sondern als Studentin und mittlerweile Doktorandin im Fach vergleichender Literaturwissenschaft in die USA gegangen ist, findet sie es schön, in einer Buchhandlung in Nashville (Tennessee), das eigene Buch in einem Regal stehen zu sehen. "Es ist auch sehr schön als Gastsprecher an ein College eingeladen zu werden, an dem das eigene Buch im Unterricht behandelt wird." Wie bekannt sie, deren Erstling millionenfach verkauft, in zwanzig Sprachen übersetzt und obendrein verfilmt wurde, in der amerikanischen Literaturszene sei, könne sie nicht beurteilen: "Das Land ist groß, ich denke ein kleiner, an europäischer Literatur interessierter Kreis kennt mich vielleicht."

Die Oberpfalz dagegen ist und bleibt Heimat: "Wie unendlich viel das für mich bedeutet, habe ich erst in der Ferne gelernt. Die Landschaft, die Menschen, die Sprache, all das ist in mir, gehört zu mir und es begleitet mich, wo immer ich auch bin".

Bei der anstehenden Lesung in Sulzbach-Rosenberg wird es im Übrigen - wie bei jeder Lesung - sein als würde sie den Text zum ersten Mal vor einem Publikum lesen: "Die Gefühle und Gedanken, die ich beim Schreiben hatte, sind wieder lebendig. Ich tauche tatsächlich wieder in den Text ein." Darüber hinaus sei es jedes Mal anders, mit der Zeit lerne man, den Raum zu lesen: "Dabei spielt es keine Rolle, ob die Lesung in der Oberpfalz, in Norddeutschland, in Lyon, Paris, oder New York stattfindet."

Info:

Zu Person und Veranstaltung

  • Andrea Maria Schenkel, Schriftstellerin, geboren 1962 in Regensburg, landete 2006 mit ihrem Debüt "Tannöd" einen Sensationserfolg, in den USA hat sie ihren Bachelor und Master gemacht und promoviert derzeit in vergleichender Literaturwissenschaft, sie lehrt am Bronx Community College/New York und an der OTH Regensburg und schreibt regelmäßig für "ZEIT Verbrechen". Andrea Maria Schenkel lebt in Regensburg und Larchmont, einem Vorort von New York.
  • Der Erdspiegel, Roman, 192 Seiten, gebunden, Kampa Verlag, 22 Euro
  • Lesung am Freitag, 13. Oktober um 19.30 Uhr im Capitol Bild & Bühne Sulzbach-Rosenberg, Veranstalter: Buchhandlung Volkert, Tickets unter www.nt-ticket.de
 
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