Wer kennt sie nicht, Erich Kästners heitere Bücher „Das doppelte Lottchen“, Emil und die Detektive“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“? Der bekannte deutsche Dichter hatte aber auch eine andere, düstere Seite, so dass sich die Frage stellt: Und wo bleibt das Positive, Herr Kästner? Die Frage beantwortete Buchhändler Ralf Volkert am Ende des musikalisch-literarischen Abends im Capitol: „Heute Abend, das war positiv“, stellte er fest, und erhielt den zustimmenden Beifall des Publikums. Vorausgegangen war der Applaus für die Künstler des Ensembles Musenwunder, das sich Erich Kästner für sein abendfüllendes literarisch-musikalisches Programm ausgesucht hatte.
Zweimal war die Veranstaltung pandemiebedingt schon verschoben worden. Jetzt, „kurz vor knapp“, so Volkert, und wahrscheinlich für längere Zeit zum letzten Mal erzählten die Bamberger Künstler einer beachtlichen Besucherschar vom Leben und Wirken Erich Kästners. Dabei ging es um Kästners Romane, die teilweise verfilmt wurden und seine Gedichte, die heute noch immer zu Chansons vertont werden. Musenwunder ließen auch Kritiker und Zeitgenossen des Dichters zu Wort kommen und trugen die besten Texte aus seiner Feder als Lieder vor.
Wer sind diese drei vom Ensemble Musenwunder? Es sind einmal die Schauspieler Aline Joers und Patrick Schmitz. Franz Tröger, Musiker und Historiker, agiert als Literaturbegleiter. Er ist Erzähler und kann mit dem Piano die Texte einfühlsam untermalen. Seit Jahren sind sie mit ihren speziellen Programmen unterwegs in Museen und Buchhandlungen, stehen auf Theaterbühnen und waren auch schon im Kulturstadel der Buchhandlung Volkert zu Gast. Ihre Themen sind weitgespannt, reichen von „Kunst und Schokolade“ über die „Erfindung der Radierkunst“ bis hin zu Shakespeare und August Macke. Über das Leben und Wirken Erich Kästners von 1899 bis 1974 haben sie Texte, Lieder und Informationen zusammengetragen, die den Dichter auch in einem neuen Licht erscheinen lassen.
Musenwunder erzählte im Capitol von der Kindheit und Jugend Kästners, seinen ersten literarischen Arbeiten, seinen Kritikern und Konkurrenten. „Es war seine Spezialität, eher die Komplikationen aus dem Leben zu fischen“, beschreiben sie Kästners Arbeiten, sei es die problematische Beethoven-Parodie aus dem Jahr 1927 oder ein Gedichtband mit „politisch starkem Tobak“. Die enge Bindung zu seiner Mutter, wechselnde Beziehungen zu Frauen, sein „heiter verpackter Pessimismus“ all das kam zur Sprache, wurde gelesen, gespielt und gesungen. Es ging um seine bekannten Bücher wie Emil und die Detektive, Das doppelte Lottchen, Pünktchen und Anton, ebenso aber auch um düstere, kritische, böse Texte. Mit derart gesellschaftskritischen und antimilitaristischen Veröffentlichungen rief Kästner auch die Nazis auf den Plan. Seine Bücher wurden verbrannt, neuere Literatur konnte er nur unter Pseudonymen veröffentlichen. Nach dem Krieg waren es seine Kriegstagebücher und Bürokratie-Anekdoten, später mehr private Texte, die verlegt wurden. Nach einem „literarischen Ruhestand“ ist Erich Kästner 1974 verstorben.
Dem Künstler-Trio gelang es, den teilweise etwas düsteren Abend heiter enden zu lassen. „Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, der ist ein Mensch“ – dieser Ausspruch Erich Kästners, von Musenwunder und seinen Gästen als Kanon gesungen, trug ebenso dazu bei, wie des Dichters Schilderung eines reizenden Abends in Gesellschaft einer Dänischen Dogge.
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