Sulzbach-Rosenberg
27.11.2024 - 14:01 Uhr

Geschichten vom Advent, alten Bräuchen und der Winterarbeit in Stall und Wald

Ein kalter Winterabend mit Schneegestöber und die offene Tür einer hell erleuchteten Kirche in Sulzbach-Rosenberg – beste Rahmenbedingungen für Adventsgeschichten und Oberpfälzer Musik. Eine Nachricht löst dabei Bedauern aus.

Oberpfälzer Leben in der Vergangenheit, die heimische Mundart und altes Brauchtum: Das sind Themen, die die Organisation Kultur AS aufgreift. Ihre Veranstaltungen sind gut besucht, auch die jüngste in der Klosterkirche St. Hedwig in Sulzbach-Rosenberg. Adventsgeschichten, erzählt, gespielt und gesungen, führten im vollbesetzten Gotteshaus die Gäste zurück in eine Zeit, von der Josef Schmaußer sagt: "Es war nicht alles gut, aber der Zusammenhalt unter den Menschen war größer, der Neid weniger."

Josef Schmaußer, ehemaliger Lehrer und Heimatpfleger in Ursensollen, ist ebenso ein Zugpferd wie die Birgländer Stubenmusik und die Birgländer Sängerinnen, die unter der Leitung von Herbert Brzoza Schmaußers Texte und Gedichte mit Musik und Liedern umrahmten. Dass dieser Abend einer der letzten Auftritte der Birgländer Stubenmusik sein sollte, löste großes Bedauern aus. 2025 wird die Gruppe nach 25 Jahren mangels musikalischen Nachwuchses aufgelöst werden müssen.

Den Schlüssel für die Klosterkirche St. Hedwig hatte dankenswerter Weise Stadtpfarrer Herbert Mader dem Organisator des Abends, Walter Heldrich, übergeben. Die prächtige Barockkirche, die nur zu besonderen Anlässen geöffnet wird, war mit brennenden Kerzen geschmückt, als vor dem Altargitter die Instrumente der Birgländer Musik erklangen: Gitarren, Hackbrett, Flöte, Zither und Akkordeon. Die dreistimmig vorgetragenen Lieder der Sängerinnen erzählten von Adventabenden und Kerzenlicht, von altem Brauchtum und der Winterarbeit im Stall und im Wald. Auch Josef Schmaußer berichtete aus seinem Leben als letzter Hütbub seines Dorfes. "Zehn Jahre war ich, hatte zwanzig Stück Vieh zu betreuen, musste bei den Bauern mitarbeiten in Hof und Stall." Er habe dabei seine Liebe zur Natur gefunden, war arm, aber frei und auch glücklich. Aus der Fülle seiner Erinnerungen lässt er Sitzweil-Abende wieder aufleben, wo Besen gebunden wurden oder Holzschuhe geschnitzt. Er beschreibt das Hausschlachten, das nach der Arbeit zum geselligen Fest wurde, das Dreschen, das Schlittenfahren der Jugend, „alles Dinge, die das Dorf und seine Menschen verbunden haben“.

Dass Schulkinder im Winter mit gekochten heißen Kartoffeln als Pausenbrot auf den Fußweg zur Schule geschickt und diese Kartoffeln dann im Handschuh auch zum Handwärmen verwendet wurden, löste Staunen und Heiterkeit aus. Nachdenken und Stille dagegen bei der Erzählung des Großvaters, der sich als Soldat im Krieg in Russland eine Nacht lang des Überlebens wegen mit einem russischen Soldaten zusammengetan und verstanden hatte. Aber auch der Humor kam nicht zu kurz, als der Josef in echter Oberpfalz-Mundart von der "alten Bawett" erzählte, die ihr Winterfenster schon anbrachte, "wenn de anern ihra Raana no grom hom aufm Acka, weils halt an altn Menschn fräist".

Applaus für einen wunderschönen Abend gab es erst, nachdem Helmut Heinl im Namen von Kultur AS Mitwirkenden und Gästen gedankt hatte und sich die Birgländer mit einem Adventsjodler verabschiedeten. „Kalt war's, aber schön “, war der treffende Kommentar einer Zuhörerin, als die Kirchentür von St. Hedwig nach einem besonderen Abend wieder geschlossen wurde.

 
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