„Auf Anregung eines Sulzbach-Rosenbergers, des Sozialministers Dr. Fritz Pickl, wurde im Mai 1973 die Sozialstation gegründet“, so begann Birgit Singer-Grimm, die Geschäftsführerin der Ökumenischen Sozialstation Sulzbach-Rosenberg, nach der Begrüßung der Gäste zur 50-Jahr-Feier im Großen Rathaussaal ihre Rede und spannte so den Bogen vom Gestern ins Heute. Ihren Worten nach seien aus zwei Diakonissen und zwei katholischen Ordensschwestern vor 50 Jahren heute rund 80 Mitarbeiter geworden, die an 365 Tagen an die 600 Patienten versorgen.
„In all den Jahren hat sich der Auftrag der Pflege nur minimal geändert. Verändert hat sich aber die Art und Weise, wie Gesellschaft und Politik auf die Forderungen der Zeit antworten.“ Die Geschäftsführerin warnte davor, die kranken oder alten Menschen zum Defizit- oder Mangelwesen umzufunktionieren. Dort wo sich die Pflege der Quantifizierung und dem ökonomischen Zugriff entziehe, dort beginne die menschliche Dimension der Pflege.
Dienst "Essen auf Räder"
Singer-Grimm bezog Stellung, kritisierte die zunehmende Bürokratisierung und Akademisierung des Pflegealltags: „Pflege darf nicht ein Anhängsel der Medizin oder gar der Administration werden.“ Klare Worte, die mit viel Applaus gewürdigt wurden, bevor Pflegedienstleiterin Brigitte Riederer mit einem Rückblick die Entwicklung der Ökumenischen Sozialstation aufzeigte. Sechs Jahre nach der Gründung im Jahr 1973 wurde der Mahlzeitendienst Essen auf Rädern eingerichtet. 1999 wurde die Arbeitsgemeinschaft der Ökumenischen Sozialstation in eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Bereits ein Jahr danach wurde das eigene Gebäude in der Hofgartenstraße gebaut, das Angebot um die häusliche Pflege erweitert und eine Fachstelle für pflegende Angehörige eingerichtet. Mit der digitalen Leistungserfassung und Tourenplanung im Jahr 2008 wurde die bürokratische Arbeit erleichtert und Papier eingespart. Alfons Kurz übergab 2010 die Geschäftsführung an Günther Koller. 2020 wurde der Bereich Tagespflege mit 24 Plätzen in Betrieb genommen. 2023 übernahm dann Birgit Singer-Grimm die Geschäftsführung. Landrat Richard Reisinger würzte seine Grußworte mit persönlichen Erfahrungen in den 80er-Jahren, vor allem mit den Parkgewohnheiten der Mitarbeiter von Essen auf Rädern. Seine Anekdoten brachten die Gäste zum Schmunzeln. Sulzbach-Rosenbergs Bürgermeister Michael Göth würdigte die Arbeit der Pflege mit einfühlsamen Worten des Dankes, musste er doch persönlich erfahren, wie wichtig es sei, dass alte Angehörige oder Mitbürger einen Platz finden, wenn sie auf fremde Hilfe angewiesen sind. Landtagsabgeordneter Harald Schwartz machte deutlich, dass jetzt die Boomer-Jahre in Rente gehen und damit die Pflege im Allgemeinen eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung sei. Dann übergab er das Wort an den Festredner Staatsminister Klaus Holetschek.
"Hervorragende Arbeit geleistet"
Minister Holetschek nahm die von Singer-Grimm angemahnten Probleme auf und sagte: „Die Pflegekräfte sind von einem hohen Ethos geprägt. Sie sagen nicht ,nein’, wenn das Telefon klingelt. Ich setzte mich dafür ein, Zuschläge steuerfrei zu stellen.“ Nicht nur in der finanziellen Situation der Pflegekräfte sah der Minister ein Manko, er thematisierte auch die Bürokratie und ein Übermaß an Regulierungswut: „Solange wir zuerst die Frage stellen, wer ist schuld und wer haftet, wird sich nichts ändern. Wir müssen Probleme in Lösungen darstellen und Bürokratie abbauen.“ Mit einem einfachen Satz nahm der Bayerische Gesundheitsminister alle Anwesenden in die Pflicht: „Jeder von uns kann in die Situation kommen, in der er dankbar ist, wenn eine Pflegekraft zur Verfügung steht.“ Damit forderte er mehr Miteinander in der Gesellschaft sowie Akzeptanz und Würdigung des Pflegeberufs. In Richtung der Vertreter der Sozialstation sagte er: „Sie haben in den vergangenen 50 Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet. Ihnen gilt mein persönlicher Dank und meine Anerkennung.“
Pfarrer Herbert Mader hatte die Ehre des Schlusswortes. „Wir dürfen zurückschauen auf eine fruchtbare ökumenische Zusammenarbeit. Sie haben einen Mehrwert für die Gesellschaft geschaffen. Sie haben einen diakonalen und christlichen Auftrag erfüllt. Dafür danke ich ihnen.“ Zum Schluss des Festakts trug sich Klaus Holetschek in das Goldene Buch der Stadt ein.
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