Sulzbach-Rosenberg
03.10.2022 - 13:49 Uhr

Großer Schlackenmarsch: Nach 100 Kilometern im Regen gibt's den Fahrtenschwimmer dazu

Wanderer in der Wüste freuen sich über jede Oase und einen Schluck Wasser. Beim Großen Schlackenmarsch ist es genau anders herum: Gerne suchen seine Teilnehmer unter den Zelten der Verpflegungsstationen Unterschlupf vor dem Regen.

von mfh

Die Wetterportale im Internet waren sich am Wochenende einig: Keine Aussichten auf Sonne und angenehmere Temperaturen bis einschließlich Sonntag. Kein Spaziergang für die 52 Starter des Großen Schlackenmarsches. Auf der Goldenen Straße führte er dieses Jahr von Tachov in Tschechien über 100 Kilometer bis zum Ziel in Sulzbach-Rosenberg.

Noch ein warmes Essen im Hof des Schlosses in Tachov. Pavillons ließen die Nudeln nicht zu schnell verwässern. Der heimische Pfarrer erteilte den Teilnehmern einen Reisesegen. Der Vorsitzende des Schlackenvereins, Stefan Thar, schwor sie auf das Kommende ein und nahm ihnen das Schlackengelübde ab, das sie zur Gemeinschaft verpflichtet.

Christian Trösch hat's eilig

Es regnete, als sich die Gruppe auf den Weg machte. Schnell setzt sich Christian Trösch ab. Er wird die Strecke fast durchgehend joggen und irgendwann in der Nacht Sulzbach-Rosenberg erreichen. Die erste Verpflegungsstation in Bärnau ist für Ilona Hunsperger heimisches Gelände. Die Mitarbeiterin des Geschichtsparks war begeistert, als der erste Große Schlackenmarsch 2020 Bärnau passierte. Dieses Mal ist sie selbst dabei.

Schon zwei Kilometer nach dem Start hat Matthias Klapper die Hälfte einer Schuhsohle verloren. Ob er unter diesen Umständen überhaupt Chancen hat, das Ziel zu erreichen? Manche Zweifler werden sich noch wundern.

Der Teilnehmer mit der weitesten Anreise hatte die Verpflegungsstation in Bärnau schlicht übersehen und war daran vorbeigelaufen. Umso mehr freut er sich am Rand eines Waldstücks bei Wildenau über seine zweite Chance zum ersten Rast. Feuerschale, Getränke und Verpflegung aller Art hat Alexandra mit ihrem Mann und Freunden vorbereitet. Weitaus mehr, als der Verpflegungsplan vorsieht. Nur ungern machen sich die zum Teil schon völlig durchnässten Teilnehmer von diesem windgeschützten Ort der Erholung wieder auf den Weg.

Oasen in der Wasserwüste

Gulaschsuppe in Weiden, ein warmes Zelt in Haberstumpfmühle, Licht im alten Schulhaus in Kohlberg, aufmunternde Worte in Hirschau: Die Verpflegungsstationen sind wie Oasen in der Wasserwüste. Der Regen lässt ab Mitternacht etwas nach, aber die Wald- und Feldwege sind aufgeweicht, rutschig und mit Pfützen übersät. Eine Teilnehmerin stolpert über eine Wurzel, fällt hin. Dieser Große Schlackenmarsch ist kein Zuckerschlecken. Manche müssen aufgeben. Der Notfallfahrer bringt sie nach Sulzbach-Rosenberg, wo die meisten entweder eine Unterkunft gebucht oder ihr Auto geparkt haben.

Am Waldrand von Schalkenthan, bei Kilometer 91, steht die letzte Station: Ein Supermarkt der Durchhalteargumente von der selbstgebackenen Nussecke bis zum dunklen Radler, von der Nussmischung bis zum heißen Kaffee. Die einzige Option für die Teilnehmer heißt jetzt "Ankommen".

Schon seit dem frühen Morgen rauscht der Luftkompressor für den Zielbogen auf der Schanze. Als erster Marschierer steht nach 17 Stunden und 49 Minuten der Hamburger Andreas Sietz im Ziel. Begrüßt werden die Finisher mit Applaus, Respektsbekundungen und dem scherzhaften Hinweis, dass es das Fahrtenschwimmerabzeichen obendrauf gibt.

Ehemänner als Empfangskomitee

Rund eineinhalb Stunden später erreicht ein Viererteam das Ziel: Lena Guttenberger, Wolfgang Schneider, Georg Fröhler und der älteste Teilnehmer, der 66-jährige Georg Frier. Immer mehr Besucher versammeln sich jetzt auch am Ziel. Die Ehemänner vom Sulzbacher Lauftreff begrüßen ihre Frauen mit einem selbst gemalten Bettlaken-Banner. Nach knapp 23 Stunden legen sie die letzten 30 Meter im Laufschritt zurück. Die letzte Gruppe hätte sich ruhig noch eine halbe Stunde Zeit lassen können, ohne aus der Wertung zu fallen. Und auch Matthias Klapper beendet den Großen Schlackenmarsch mit einem kaputten, aber bandagierten Schuh.

Hintergrund:

Zahlen und Fakten zum Großen Schlackenmarsch

  • Strecke: 100 Kilometer von Tachov (Tschechien) nach Sulzbach-Rosenberg
  • Zeitfenster: 24 Stunden
  • Verpflegungsstationen: Mit Start und Ziel insgesamt neun Stück
  • Gemeldete Starter: 56, davon vier nicht angetreten
  • Finisher: 30 mit Christian Trösch (ohne Zeitwertung)
  • Schnellster Mann: Andreas Sietz, 17 Stunden und 49 Minuten
  • Schnellste Frau: Lena Guttenberger, 19 Stunden und 20 Minuten
 
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