Mit zwölf Jahren beginnt Timo Pickelmann aus Lockenricht (Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg), sich selbst das Programmieren beizubringen. Er sieht sich Videos im Internet an und lernt, wie man einen Computer so anweist, dass er bestimmte Aufgaben ausführt. Mit dem Wissen baut er fünf Jahre später ein Kinderauto so um, dass es selbstständig fahren kann. Mittlerweile hat er das Projekt beim Regionalwettbewerb Nördliche Oberpfalz von „Jugend forscht“ vorgestellt. Im Fachgebiet Technik kam er auf den zweiten Platz.
Pickelmann besucht die 11. Klasse des Herzog-Christian-August-Gymnasiums in Sulzbach-Rosenberg. Jeden zweiten Freitagnachmittag sitzt der 17-Jährige aus Lockenricht im Landkreis Amberg-Sulzbach im Wahlunterricht von Jochen Schienle. Dort können sich Schüler im Programmieren ausprobieren. Wenn Pickelmann seinem Lehrer zeigt, woran er gerade bastelt, ist Schienle meistens sprachlos. Im positiven Sinn: „Es geht oft weit über das hinaus, was ich kann und verstehe.“
Ein erster Versuch
In seiner Freizeit eignet sich der 17-Jährige Wissen an, das über den Unterricht hinausgeht. Vor einigen Jahren lernte er beispielsweise in einem sechsstündigen Video, eine künstliche Intelligenz (KI) zu programmieren. Er probierte sich aus und startete mehrere kleine Projekte. Pickelmann ist jedoch nicht nur an der Theorie interessiert – er möchte sein Wissen auch praktisch anwenden. Da kommt ihm die Idee von einem selbstfahrenden Auto.
Alles begann mit einem alten Kettcar, das ihm ein Nachbar geschenkt hatte. Er baute das Fahrzeug so um, dass es später keinen Fahrer mehr benötigte, um selbstständig lenken zu können. Danach kümmerte sich der Schüler um den Feinschliff: Er trainierte eine KI, damit das Kettcar von alleine die Straße entlangfahren konnte. „Dann habe ich selbst auch die Daten für die KI gesammelt, über mehrere Stunden hinweg und diese dann aufbereitet“, sagt der 17-Jährige. Er machte hunderte Fotos aus der Sicht des Kettcars. Zu jedem Bild gab es einen bestimmten Winkel. In diese Richtung müsste das Fahrzeug lenken, um auf der Straße zu bleiben. Damit sollte die KI lernen, das Kettcar richtig zu steuern.
Neues Auto, neuer Versuch
Der Ansatz scheitert. Der Grund: Sind zum Beispiel Bäume im Hintergrund zu sehen, kann die KI sie nicht einordnen. Pickelmann müsste die künstliche Intelligenz vorher trainieren. Dafür bräuchte sie eine sehr große Datenmenge, die der 17-Jährige nicht alleine sammeln könnte: „Zum einen, weil es extrem viel Aufwand ist, das alleine zu machen und zum anderen, weil meine Hardware zu schlecht ist.“ Pickelmann gibt aber nicht auf, entscheidet sich für einen neuen Ansatz und scheitert erneut. Hinzu kommt, dass das Kettcar jedes Mal händisch angeschoben werden muss. Auch davon lässt sich der 17-Jährige nicht aufhalten: Im Internet entdeckt er ein gebrauchtes Spielzeugauto mit eingebautem Motor. Er kauft das Fahrzeug, in dem auch ein kleines Kind Platz hätte.
Letztendlich findet Pickelmann auch die Lösung, wie das Fahrzeug selbstständig fahren kann: Eine Kamera filmt während der Fahrt aus dem Kinderfahrzeug heraus. Gleichzeitig bearbeitet eine KI die Bilder so, dass sie erkennt, wo der Straßenrand liegt. Danach berechnet sie, wie das Fahrzeug lenken muss und schickt die Befehle an das Kinder-Auto.
Fünf Stunden programmieren
Über ein Jahr arbeitet der Schüler an dem Projekt. Teilweise verbringt er in seiner Freizeit bis zu fünf Stunden täglich mit dem Programmieren. „Dann schaut man: Wo liegt der Fehler, warum funktioniert es nicht? Wenn man aber einmal drinnen ist, vergisst man auch die Zeit“, erinnert sich Schienle. Der 17-Jährige habe aber immer eine Lösung gefunden. Der Lehrer habe Pickelmann zwar ab und zu Denkanstöße gegeben, danach tüftelte der Schüler aber wieder alleine weiter: „Ich finde die Tatsache so beeindruckend, wie selbstständig er in diesen Dingen ist.“ Der 17-Jährige arbeitete schon einige Zeit an dem Auto, als Schienle auf ihn zukam: Ob er nicht bei dem Wettbewerb „Jugend forscht“ teilnehmen wolle, fragte der Pädagoge. Pickelmann musste dafür allerdings noch eine 15-seitige Arbeit über sein Projekt abgeben. Schienle: „Das war schon stark.“ Er ist beeindruckt, wie der Schüler das alles neben dem Schulalltag hinbekommt.
Der 17-Jährige sei ein bisschen enttäuscht, nicht den ersten Platz bei „Jugend forscht“ erreicht zu haben, sondern nur den zweiten Rang: „Aber es hat insgesamt Spaß gemacht, das Projekt zu entwickeln und man hat auch viel gelernt dabei, das ist ja das Wichtigste.“ Wie geht es jetzt weiter? Nach der Schule will der junge Mann Luft- und Raumfahrttechnik studieren. Oder Mathematik. Bis es soweit ist, tüftelt der 17-Jährige an seinem nächsten Projekt: Eine Rakete aus dem 3D-Drucker.
Jugend forscht
- Was: Deutschlands bekanntester Nachwuchswettbewerb für Naturwissenschaften, Mathematik und Technik
- Wer: Jugendliche ab der 4. Klasse bis zum Alter von 21 Jahren.
- Wo: Der Wettbewerb gliedert sich in Regional-, Landes- und Bundesebene.
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