Bis zu 800 Geflüchtete sollen in den nächsten Wochen und Monaten im Landkreis Amberg-Sulzbach einen sicheren Platz finden. Sie alle werden Unterstützung brauchen, sich zurechtzufinden, sich zu registrieren und Alltagsdinge zu erledigen. Bei einem Patenschaftsinfoabend im Capitol, zu dem die Organisation "Sulzbach-Rosenberg hilft" eingeladen hatte, warben Hans Lauterbach und Paul Wolf vom Orga-Team für die Übernahme einer solchen Patenschaft.
"Jeder einzelne ist ein Teil davon"
"Spenden wuppen ist das eine, sich um Menschen kümmern das andere", sagte Lauterbach zu den rund 80 Interessierten. In Sulzbach-Rosenberg sei diese Woche bereits der zweite Bus mit geflüchteten Ukrainern angekommen. "Wir hatten gedacht, sie kommen mit mehr persönlichen Sachen. Sie hatten oft nicht mehr als das, was sie am Leib hatten." 80 Menschen, hauptsächlich Mütter mit Kindern und Senioren, sind dort untergebracht, auch Hunde, Katzen und ein Chinchilla. Lauterbach beschönigte nichts: "Von der Badewanne und der eigenen Dusche träumst du da nur. Wir brauchen jetzt viele Hände und kluge Köpfe, um sie in der Gesellschaft zu integrieren." Paul Wolf beschrieb, dass die gesammelten Güter bereits in die Ukraine unterwegs oder dort angekommen seien. "Doch die eigentliche Arbeit geht jetzt los: Die Integration in die Gesellschaft." Die öffentliche Hand könne zwar die Rahmenbedingungen bilden, doch "jeder einzelne von uns ist ein Teil davon, dass es funktioniert".
Als Anlaufstelle für die künftigen Paten und deren Schützlinge sowie als Koordinatorin stellte sich Katja Deyerl von der Diakonie Sulzbach-Rosenberg den Interessenten vor. "Wir bringen Geld- und Ideengeber zusammen", beschrieb die Diakonin das Spendenmanagement und die Vermittlerrolle. Auch Ehrenamtliche müssten gut auf sich aufpassen, auch für diese sei die Diakonie da.
Flucht vor Bomben
Am Podium saß auch Ukrainerin Ola Velykykh. Sie erzählte zunächst ihre eigene Geschichte, die 2015 begann, als sie "wegen einer langen traurigen politischen Geschichte" als Flüchtling nach Deutschland kam. Sie und ihr Sohn erreichten mit dem Bus Sulzbach-Rosenberg und konnte zwei Monate in der Turnhalle unterkommen. "Ich habe wahnsinnige Hilfe bekommen, zehn Stunden am Tag Deutsch gelernt. Doch bei mir war es nicht so schlimm, weil meine Verwandten und Freunde in Sicherheit waren." Jetzt hat sich die Situation komplett geändert: Ihre Eltern in der Ukraine hätten gerne ausharren wollen. Sie lebten zuletzt zwei Tage im Keller ihres Hauses ohne Strom und Heizung. Erst als eine Bombe ihr Haus getroffen habe, seien ihre Eltern ins Auto gestiegen und vier Tage und Nächte durchgefahren. "Meine zwei Freundinnen mit ihren Kindern, 5 und 12 Jahre alt, sind mit dem Zug gekommen, das war ein Horror. Sie mussten 24 Stunden neben dem Hauptbahnhof an der Straße sitzen, die Züge sind während der Fahrt bombardiert worden." Die Kinder seien schwer traumatisiert. Ola Velykykh arbeitet als Ärztin in Vollzeit, "aber ich helfe mit allem, was ich kann".
Verzweifelt meldete sich eine Frau zu Wort. Sie habe aktuell 18 Menschen bei sich zu Hause untergebracht. Sie wisse nicht mehr, wie sie diese versorgen könne. Ihr wurde schnelle Hilfe über die Diakonie versprochen. Auch wenn es die Beispiele mehr als deutlich machten, Paul Wolf appellierte trotzdem eindringlich an alle Anwesenden: "Wir brauchen Hilfe. Wir hoffen, wir haben es geschafft, einige zu motivieren." Motivation versuchte auch Hermann Kasper zu übermitteln. Er berichtete von seinen Erfahrungen und Herausforderungen als Pate zweier syrischer Männer, die er 2015 kennengelernt hatte.
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