Koronarsport-Gruppe für körperliche und seelische Gesundheit unterwegs

Sulzbach-Rosenberg
07.11.2022 - 16:26 Uhr
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Am Wanderparkplatz in der Wagensaß bewegen sich Gestalten im Nebel, haben Lampen an der Stirn oder in den Händen. Sind das etwa Halloween-Geister? „Aber nein, wir sind die Koronar-Walking-Gruppe!“

Donnerstag, 18.30 Uhr, ist ein fester Termin für Elli Schwemmer und ihre Gruppe. Mehr als zehn Personen sind das meist, Jüngere und Ältere, und alle haben Herz- und Kreislaufprobleme. Ihnen wurde vom Arzt diese sportliche Betätigung verordnet, als ein „Medikament ohne Nebenwirkungen“. Das ganze Jahr über, bei jedem Wetter, sind sie am Donnerstagabend in der Natur unterwegs, haben Spaß an ihrem gemeinschaftlichen Training, fühlen sich wohl dabei. Seit 2010 geht das so. Da hat Elli Schwemmer an der Höhenklinik in Bischofsgrün einen Übungsleiterschein erworben, hat zusätzlich Kurse für Rücken-, Osteoporose- und Koronar-Probleme absolviert. Die Volkshochschule Amberg-Sulzbach engagierte sie daraufhin als Trainerin, bezuschusst seitdem ihre Koronar-Walking-Gruppe, die wiederum auch die gesetzlichen Krankenkassen finanziell akzeptieren.

Was macht den Erfolg dieses Laufens in der Natur aus? „Kein Mensch läuft allein durch den Wald in dieser Jahreszeit“, weiß Elli. In der Gruppe aber werden Regen, Kälte und Schnee ignoriert. „Sie sind alle da, tun was für ihr Herz und stellen fest, dass es ihnen besser geht“. Peter, mit 77 momentan ein Senior in der Gruppe, bestätigt das und freut sich, „dass ich so gut beim Walken mithalten kann“. Für ihn wie auch die anderen Koronar-Sportler ist eines ganz wichtig: Es ist immer ein Arzt dabei. Elli Schwemmer weiß um die Ängste ihrer Schützlinge, es könne „was passieren unterwegs“. Ein Defibrillator in ihrem Rucksack ist selbstverständlich, ebenso die Notfalltasche auf dem Rücken des jeweiligen Arztes. Ein Team von vier jungen Ärzten aus dem Amberger Klinikum teilt sich die Termine, greift selber zu den Walking-Stöcken und genießt die entspannten abendlichen Touren auf den Waldwegen der Wagensaß.

Arzt immer dabei

An diesem Abend ist es Dr. med. Silke Schinhammer, die mitmarschiert. Sie preist den Nutzen dieser Sportart als „bestes Medikament, das es gibt, ohne jegliche Nebenwirkung“ und hofft, dass viel mehr Herzpatienten dieses gesunde Training für sich entdecken. Die ärztliche Betreuung ist auch Iris (54) wichtig, „ebenso aber auch die wohltuende Gemeinschaft in der freien Natur“.

Elli Schwemmer testet ihre Gruppe. Je nach Wetter wählt sie Waldpfade oder Schotterwege, nimmt Rücksicht auf Anfänger oder baut eine etwas anspruchsvollere Route mit leichten Steigungen ein. „Wir fangen an mit zehn Minuten“, schildert sie die Möglichkeiten der Gruppe, „am Ende sind wir oft bei einer Stunde und haben sechs Kilometer zurückgelegt“. Aber es sind auf keinen Fall sportliche Höchstleistungen, die sie ihren Frauen und Männern abverlangt. Das bestätigt auch Achim (44). Er ist glücklich, „dass sich meine Herzleistung spürbar verbessert hat“.

Freude an der Bewegung

Elli Schwemmer brennt für ihre Arbeit. Im Sport tätig als Kursleiterin und Trainerin war sie ein Leben lang. Jetzt liegt ihr Schwergewicht auf der Freude an der Bewegung in der Natur. Ihr Credo: “Sport in der Gruppe macht nicht nur Spaß. Lachen und gemeinsames Erleben setzen Glückshormone frei – und Lebensfreude ist noch immer die beste Medizin“. Unterstützt wird sie in ihren Bemühungen von Ärztinnen und Ärzten, denen im stressigen Klinikalltag oft die Zeit fehlt, Herzpatienten alternative Heilverfahren aufzuzeigen.

Eine Stunde sind die Koronar-Walker - meist sind es mehr Männer als Frauen - nun an diesem November-Abend unterwegs. Mittlerweile ist es Nacht geworden und auch kalt. Elli hat vorgesorgt: Sie hat Thermoskannen mit Ingwer-Tee im Kofferraum, Tassen und auch ein paar Kerzen: „Der Tag soll in Wohlfühl-Atmosphäre ausklingen“. Die abendlichen Wanderer genießen es, noch ein wenig zu plaudern, den Geruch des Herbstes zu atmen und sich geborgen zu fühlen in einer Gemeinschaft, deren Probleme oder Ängste an einem Abend wie diesem wieder einmal viel kleiner geworden sind.

 
 

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