Krankenhäuser in Sulzbach und Auerbach fast wieder Covid-frei

Sulzbach-Rosenberg
09.06.2021 - 17:22 Uhr
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Nach drei Wellen und 15 Monaten Pandemie kehrt in die Krankenhäuser in Auerbach und Sulzbach-Rosenberg langsam wieder Normalität ein. Doch das Virus hat tiefe Spuren hinterlassen. Ein Überblick zu Corona-Zahlen und gezogenen Lehren.

Inzwischen ist es ruhiger geworden auf der Intensivstation des St.-Anna-Krankenhauses in Sulzbach-Rosenberg. In der zweiten Welle aber war die Station maximal belegt – und das Personal teilweise sogar überlastet.

15 Monate Pandemie haben das Personal an – und über – seine Belastungsgrenze gebracht. Abläufe wurden radikal verändert und Lehren gezogen. Vorbei ist der Corona-Ausnahmezustand zwar noch nicht ganz, aber im St.-Anna-Klinikum in Sulzbach-Rosenberg und im Auerbacher Krankenhaus St. Johannes kehrt langsam wieder Normalität ein. Im Gespräch mit Oberpfalz-Medien blickt Vorstand Roland Ganzmann auf schwere Zeiten zurück und erklärt, was sich durch das Virus dauerhaft verändert hat.

393 an Corona erkrankte Patienten hat allein die Sulzbach-Rosenberger Klinik bislang versorgt, 34 kämpften auf der Intensivstation um ihr Leben. An den Ärzten und Pflegern ist all das nicht spurlos vorbeigegangen. „111 unserer Mitarbeiter wurden selbst mit Corona infiziert“, gibt Ganzmann nur für St. Anna bekannt. Bei rund 570 Mitarbeitern im Sr.-Anna Krankenhaus (130 in St. Johannes) entspricht das einer Quote von 19,5 Prozent.

Long-Covid-Syndrome

„Aktuell haben wir aber keine Personalausfälle mehr. 450 unserer Mitarbeiter wurden bereits priorisiert geimpft oder haben die Krankheit selbst durchgemacht.“ Nun sei man in den Normalbetrieb zurückgekehrt und versuche, Überstunden abzubauen. Manche Pfleger litten aber an Long-Covid-Syndromen. „Sie können bis heute nur halbe Schichten arbeiten und sind schnell erschöpft“, berichtet Ganzmann.

Die Auerbacher Klinik, die keine eigene Intensivstation hat, ist dem Vorstand zufolge seit drei Wochen Covid-frei. In Sulzbach-Rosenberg gibt es zumindest keine Intensivpatienten mehr. „Nur einer wird noch auf Normalstation behandelt“, sagt der 54-Jährige. Zwischenzeitlich habe dies völlig anders ausgesehen. Gerade die erste und zweite Welle habe die beiden Häuser schwer getroffen, gesteht Ganzmann. „Ja, wir waren zeitweise auch überfordert.“

Intensivplätze aufgestockt

Zunächst habe es massiv an Schutzkitteln, Masken und Desinfektionsmitteln gefehlt. Dann seien die Plätze knapp geworden. „Die Sulzbacher Intensivstation hat regulär zehn Plätze. Wir haben einen OP-Aufwachraum umgewandelt und dadurch vier Intensivplätze gewonnen. In der zweiten Welle waren die alle voll belegt.“ St. Johannes in Auerbach habe als „Überlaufventil“ gedient – dort seien Corona-Patienten auf Normalstation hinverlegt worden, um St. Anna zu entlasten.

Im Krankenhausalltag habe sich viel verändert. „Wir haben eine reguläre Station zu einer Isolierstation umgebaut, haben Schleusen und Einbahnwege eingerichtet und die Reinigungsintervalle massiv erhöht“, skizziert Ganzmann die Anstrengungen während des laufenden Betriebs. „Wir haben viel gelernt, wie wir besser mit viralen Erkrankungen umgehen. Ich habe zudem eine eigene Stabstelle für einen Hygienebeauftragten eingerichtet.“ Ein vom regulären Betrieb freigestellter Arzt wird sich auch nach Corona dauerhaft um die Hygienestandards im Krankenhaus kümmern.

Wie in anderen Einrichtungen auch, habe man einen professionellen Umgang mit Corona erst lernen müssen. Herrschte zuvor Unsicherheit im Umgang mit dem neuartigen Virus, seien die medizinischen und organisatorischen Abläufe schließlich routinierter geworden. „Seit der zweiten Welle haben wir einen Modus gefunden“, sagt Ganzmann. Besonders die neuen Gebläseschutzhelme hätten mehr Sicherheit und Empathie ermöglicht.

Spezialhelme für 1000 Euro

„Ein Helm kostet 1000 Euro. Dank Spenden haben wir zehn Stück neu anschaffen können.“ Die neuen Helme umschließen den Kopf vollständig und haben eine autarke Luftversorgung. Wie bei einem Astronautenhelm gibt es im Gesichtsbereich eine Scheibe. „Unsere Mitarbeiter konnten damit frei atmen, weil sie nicht acht Stunden lang Maske tragen müssen. Und auch für den Patienten hat es Vorteile, weil er die Gesichtsmimik des Pflegers unbedeckt erkennen kann.“

Zu Pandemie-Hochzeiten hat sich Ganzmann zufolge ein eigens zusammengestelltes Ärzte-Team nur um Corona-Patienten gekümmert. Elektive Behandlungen, sprich aufschiebbare Operationen für den Hüft- oder Knieersatz, seien ausgesetzt worden. „Dadurch haben wir in der Chirurgie Platz und Mitarbeiter frei bekommen, die für Corona-Patienten gebraucht wurden“, berichtet der Vorstand.

Es habe durchaus Patienten gegeben, die sich aus Angst vor einer Ansteckung nicht ins Krankenhaus getraut hätten, obwohl das sinnvoll gewesen wäre – gerade bei wichtigen Vorsorgeuntersuchungen. „In der Gastroenterologie, wo es um Magen-Darmspiegelungen geht, haben wir schon eine Zurückhaltung bei vielen gespürt“, sagt Ganzmann. Inzwischen liege die Auslastung zumindest in der Endoprothetik-Abteilung (Gelenkersatz) immerhin wieder bei 80 Prozent. „Aber es ist nicht so, dass wir momentan einen großen Schwung hätten, um alles nachzuholen.“

Kleine Häuser systemrelevant

Drei Corona-Wellen und über ein Jahr Dauerbelastung hätten Ganzmann zufolge gezeigt, dass kleine und regionale Krankenhäuser für die medizinische Versorgung in der Fläche unverzichtbar seien. „In der Pandemie haben die Häuser in der Stadt und im Landkreis gut zusammengearbeitet – das war auch nötig.“ Neben den Kliniken in Amberg, Schwandorf und Burglengenfeld habe St.-Anna in Sulzbach-Rosenberg zudem als eine von vier Corona-Schwerpunkt-Kliniken die Leistungsfähigkeit bewiesen. Ganzmann hofft, dass dies von der Politik auch nach der Bundestagswahl nicht vergessen wird – wenn womöglich erneut die Debatte aufflammen könnte, ob kleine Häuser zur Disposition gestellt werden sollten.

Sulzbach-Rosenberg22.02.2021
Sulzbach-Rosenberg10.02.2021
Info:

Aktuelle Besuchsregelungen

Um regional einheitliche Vorgaben zu schaffen, sind die Regelungen mit den Kliniken in Amberg und Weiden identisch. Patienten im Sulzbacher St.-Anna-Krankenhaus und im Auerbacher St.-Johannes-Klinikum dürfen Gäste unter folgenden Bedingungen empfangen:

  • Nur ein Gast pro Tag für höchstens eine Stunde. Die Besuchsperson darf varieren, sollte aber aus dem engeren Familienkreis kommen
  • Negativer Corona-Test (PCR- oder Schnelltest, durchgeführt von Hausarzt, Apotheke oder Testzentrum), nicht älter als ein Tag
  • Voll- oder Teilgeimpfte und Genesene werden eingelassen
  • Beim Besuch strikte FFP2-Maskenpflicht für Gast und Patient
  • Keine Besuche für Patienten auf der Isolierstation
  • Besuche nur ohne Symptome und möglichst außerhalb des Zimmers
  • Besuchszeiten St. Anna: Täglich von 14 bis 19 Uhr
  • Besuchszeiten St. Johannes: Montag bis Freitag von 15 bis 17 Uhr; samstags, sonntags und feiertags von 13 bis 17 Uhr
Info:

Zahlen rund um Corona zu den Krankenhäusern St. Anna (Sulzbach) und St. Johannes (Auerbach)

  • Mitarbeiter: 570 (St. Anna), 130 (St. Johannes), zusammen 700
  • Erkrankte: 111 mit Corona infizierte Mitarbeiter (19,5 Prozent) nur in St. Anna
  • Geimpfte: 450 in St. Anna und St. Johannes
  • Patienten: Bislang 393 Covid-19-Patienten in St. Anna, darunter 34 auf Intensivstation
  • Aktuell: Seit drei Wochen keine Corona-Patienten mehr in St. Johannes und noch einer in St. Anna, jedoch keine Intensivpatienten mehr
  • Intensivstation: 10 Betten regulär in St. Anna (Aufwuchs auf 14 Betten während der zweiten Welle), keine Intensivstation in St. Johannes

„Wir haben viel gelernt, wie wir besser mit viralen Erkrankungen umgehen.“

Roland Ganzmann, Kliniken-Vorstand

Roland Ganzmann, Kliniken-Vorstand

 
 

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