Das böse Erwachen kam für Siegmund Weber erst zwei Wochen später. Dann nämlich teilte ihm die Firma „Park & Control“ per Brief mit, dass er 30 Euro Vertragsstrafe zu zahlen habe, weil er die "maximal zulässige Höchstparkdauer" von zwei Stunden in den Oberpfalz-Arkaden überschritten habe. Bei dem 74-Jährigen aus Etsdorf (Freudenberg) löste das ungläubiges Staunen aus. Zum einen, weil er den Betrag von 30 Euro für übertrieben hält. „Das sind Großstadtpreise.“ Zum anderen, weil er davon überzeugt ist, dass seine Parkzeit falsch gemessen wurde. Als er bei "Park & Control" anrief, um auf den vermuteten Irrtum hinzuweisen, "wurde ich so unfreundlich behandelt, das gibt’s gar nicht".
Der Vorfall trug sich bereits am 18. April zu. Oberpfalz-Medien liegt ein Schreiben von "Park & Control" vor – die in Stuttgart ansässige Firma erfasst per Kamera die Kennzeichen der Autos – wonach Weber um 8.07 Uhr in die Arkaden eingefahren sei und diese um 11.45 Uhr wieder verlassen habe. Damit parkte er eineinhalb Stunden länger als erlaubt, bereits um 10.07 Uhr hätte der Senior, der an diesem Tag mit seiner Frau in Sulzbach-Rosenberg war, wieder rausfahren müssen.
Kamerasystem defekt?
Der Etsdorfer bestreitet nicht, an dem Tag in den Arkaden geparkt zu haben, jedoch die gemeldeten Zeiten: "Ich war an dem Tag um 7.45 Uhr beim Arzt in Amberg. Der kann das bezeugen. Um kurz nach 8 Uhr sind meine Frau und ich aus der Praxis raus und per Auto nach Sulzbach gefahren. Selbst wenn ich Punkt 8 Uhr in Amberg losgefahren bin, schafft man es nicht bis 8.07 Uhr nach Sulzbach. Selbst nicht, wenn ich 200 fahre."
Ohne von dem strengen Park-Reglement zu wissen, lässt sich das Ehepaar an diesem Vormittag Zeit. „Wir waren zuerst beim Brunner-Bäcker gemütlich frühstücken und einen Kaffee trinken. Um 10.45 Uhr hatten wir dann einen Termin beim Urologen.“ Da gehen die beiden zu Fuß hin und lassen das Auto in den Arkaden stehen. Kurz vor Mittag seien beide wieder heim nach Etsdorf gefahren. Weber sagt, die Schilder, die an der Einfahrt und am Parkdeck auf die Kamera-Überwachung und das Zeitlimit hinweisen, habe er nicht wahrgenommen. „Ich gebe zu, dass ich das nicht gesehen habe. Ich war zum ersten Mal da und kannte mich nicht aus, es geht eng zu, und die Arkaden sind sehr unübersichtlich. Ich habe auf die Schnelle überhaupt nicht umrissen, dass man gefilmt wird und es ein Limit gibt.“
Als der Brief von "Park & Control" Anfang Mai ankommt, ruft Weber bei der Firma für Parkraumbewirtschaftung an. "Ich war selbst nicht unhöflich, sondern habe erst einmal gefragt, ob es denn sein könne, dass an der Zeiterfassung was nicht stimmt."
Sprachlos: Einfach aufgelegt
Dann sei er von einer Mitarbeiterin schroff abgekanzelt worden. „Die sagte zu mir, wenn ich nicht sofort zahle, bekäme ich eine Anzeige und Mahngebühren. Und das werde per Rechtsanwalt eingetrieben. Und dann hat sie aufgelegt. Ich konnte nichts mehr sagen.“ Auch im übertragenen Sinne war Weber sprachlos. "Die 30 Euro sind zwar übertrieben, um die geht es mir letztlich gar nicht. Ich habe gezahlt, damit Ruhe ist. Aber so unfreundlich behandelt zu werden, das ist schon der Hammer." Hinzu komme, dass er ja auch zahlender Kunde gewesen sei und nicht einfach nur geparkt habe, ohne dort etwas zu kaufen.
Weber ruft deshalb bei der Sulzbach-Rosenberger Stadtverwaltung an, um sich zu beschweren. "Im Gegensatz zu ‚Park & Control‘ war die Mitarbeiterin sehr freundlich. 30 Euro sind wirklich happig, hat sie gesagt." Mitfühlen ja, helfen jedoch konnte man ihm hier auch nicht, da das Einkaufszentrum nicht der Stadt gehört, sondern der Hamburger Investment-Firma Captiva, in deren Auftrag wiederum "Park & Control" tätig wird.
Oberpfalz-Medien wollte von "Park & Control" wissen, ob die Zeiterfassung nicht tatsächlich fehlerhaft sein könnte und ob es üblich sei, dass Bürger am Telefon mit Drohungen abgekanzelt würden. Auf eine entsprechende Presseanfrage hat das Unternehmen nicht reagiert.
Neu ist der Ärger über das strenge Park-Reglement nicht. Schon im Februar befragte Oberpfalz-Medien Arkaden-Kunden nach ihrer Meinung zu der Zwei-Stunden-Regel und den 30-Euro-Knöllchen. Nicht alle, aber viele zeigten sich verstimmt. "Ich finde es schrecklich, weil man lässt ja auch Geld da", sagte beispielsweise Johanna Prüll.
Stadt will Lösung finden
Mittlerweile ist das Bewusstsein für das Problem auch in der Stadtverwaltung gewachsen. So sagt Ordnungsamt-Chefin Rosalia Wendl auf Nachfrage, dass es deshalb schon mehrere Beschwerden gegeben habe. Man arbeite daran, die Situation zu entschärfen: "Die Stadt steht seit geraumer Zeit in intensivem Kontakt mit den Verantwortlichen der Oberpfalz-Arkaden mit dem Ziel, eine für alle Beteiligten verträgliche Lösung zu finden."
Siegmund Weber aus Etsdorf begrüßt das. Er habe sich an Oberpfalz-Medien gewendet, um andere Arkaden-Kunden öffentlich "zu warnen". Für sich selbst hat er bereits Konsequenzen gezogen: "Künftig parke ich wieder am Großparkplatz in der Bayreuther Straße. Das in den Arkaden tue ich mir nie wieder an."
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