Sulzbach-Rosenberg
30.12.2019 - 14:17 Uhr

Landrat Richard Reisinger zieht Jahresbilanz

Über den Brexit könnte sich Landrat Richard Reisinger ohne Ende aufregen. Doch es gibt gleichzeitig vieles, worüber er sich im Rückblick auf 2019 und im Ausblick auf 2020 freut. Und einen Lesetipp hat er im AZ-Interview auch parat.

Das Smartphone immer in Griffweite: Landrat Richard Reisinger bezeichnet sich selbst als sehr online- und digital-affinen Menschen. Aber Bücher liest er gerne auf die klassische Art und Weise. Bild: Wolfgang Steinbacher
Das Smartphone immer in Griffweite: Landrat Richard Reisinger bezeichnet sich selbst als sehr online- und digital-affinen Menschen. Aber Bücher liest er gerne auf die klassische Art und Weise.

Das Gespräch mit Reisinger führten die AZ-Redakteure Heike Unger und Markus Müller.

ONETZ: Herr Reisinger, im Rückblick auf das abgelaufene Jahr: Welches Thema hat die Landkreis-Verwaltung 2019 vom Umfang der Arbeitszeit her am meisten beschäftigt?

Richard Reisinger: Überall läuft die Umstellung auf digitale Verwaltung. Das fordern ja auch viele, die Digitalisierung der Verwaltung. Der Bürger akzeptiert das schon, aber so richtig Freude macht man ihm damit nicht. In Notlagen wollen die Menschen halt doch mit einem menschlichen Gegenüber reden und aufs Amt kommen.

ONETZ: Woran denken Sie gerne zurück, wenn Sie an 2019 denken?

Richard Reisinger: Schön war die Auszeichnung, die wir für unser Landkreis-Leitbild bekommen haben, weil da so viele Gruppen eingebunden waren. Auch dass die Petition für unsere Kliniken so eine positive Resonanz gefunden hat. An die Einweihung des Sonderpädagogischen Förderzentrums mit Ilse Aigner denke ich ebenso gerne zurück. Und auch die Entwicklung unserer Berufsschule fällt mir da ein. Da hatten wir früher ein Raumprogramm für 600 Schüler, jetzt sind es 1300 Schüler mit zukunftsträchtigen Berufen.

ONETZ: Was war denn in negativer Hinsicht Ihr persönliches Aufreger-Thema 2019?

Richard Reisinger: Nach wie vor der Brexit. Das will mir einfach nicht einleuchten. England ist doch das Mutterland der Demokratie, das ist für mich wie eine Shakespeare-Tragödie. Es zeigt halt auch die mangelnde Erotik von Europa. Meine Generation hat die eigentlich ganz anders wahrgenommen. Einfach schade.

ONETZ: Apropos Shakespeare: Haben Sie 2019 ein Buch oder Werk gelesen, aus dem Sie etwas für Ihre Arbeit oder Ihr Leben gelernt haben?

Richard Reisinger: Ich lese ja keine politischen Biographien oder Werke mehr, genauso wie ich zu Hause keine politischen Talkshows mehr anschaue, weil dann bleibe ich in dieser einen Welt gefangen, und das ist auch eine künstliche Welt.

ONETZ: Was lesen Sie denn dann?

Richard Reisinger: Bücher in englischer und französischer Sprache, um auch den Anforderungen meines früheren Berufs als Englisch- und Französisch-Lehrer noch gerecht zu werden, und weil es mir auch Spaß macht. Außerdem habe ich gerne religiös-philosophische Lektüren.

ONETZ: Zum Beispiel?

Richard Reisinger: „Christentum und Gegenwart“ von Hans Maier, das habe ich geschenkt bekommen. Von Douglas Abrams „Das Buch der Freude“ über den Dalai Lama und Desmond Tutu, das gefällt mir. Und dann von Julian Nida-Rümelin „Über Grenzen denken: Eine Ethik der Migration“. Ich schätze auch den Friedrich Brandl, habe zuletzt sein „Abecedarium“ gelesen, das ist wirklich authentisch.

ONETZ: Lesen Sie Bücher auf traditionelle Weise oder sind Sie ein E-Book-Leser?

Richard Reisinger: Bei Büchern bin ich schon ein klassischer Leser, aber Zeitungen schaue ich mir online an. Und ich denke, dass ich mir doch auch bald einen E-Book-Reader anschaffen werde, um die Lesebrille vermeiden zu können.

ONETZ: Haben Sie im vergangenen Jahr auch ein Buch gelesen, das Ihnen großes Vergnügen bereitet hat?

Richard Reisinger: Ja, die Bücher von Gabriele Frydrych. Das ist eine Lehrerin, die an Berliner Brennpunktschulen unterrichtet und Glossen aus dem Lehreralltag schreibt. Ihre Bücher heißen etwa „Die Dümmsten aus meiner Klasse sind Lehrer geworden“ oder „Man soll den Tag nicht vor dem Elternabend loben“. Die sind herrlich. Auch von Gerhard Polt lese ich alles gerne.

ONETZ: In der Vorschau auf 2020: Merken Sie in der Kommunalpolitik schon, dass der Wahlkampf begonnen hat?

Richard Reisinger: Ja, wir sind schon mittendrin. Man merkt es auch daran, dass bei den jährlichen Feiern mehr Gemeinde- und Stadträte auftauchen.

ONETZ: Ist sonst etwas ungewöhnlich?

Richard Reisinger: Anscheinend ist es ein Trend, dass es immer mehr neue Listen gibt, die mit dem klassischen Parteiengefüge nichts mehr zu tun haben.

ONETZ: Befürchten Sie, dass dadurch ein rauerer Ton in die Kommunalpolitik einzieht?

Richard Reisinger: Viele Kandidaten treten jetzt verstärkt als Anwälte der Bürger auf. Ich hoffe und glaube, dass es trotzdem einigermaßen friedlich und ohne persönliche Diffamierungen abläuft. Viele wissen ja, dass man ab 1. Mai in den neuen kommunalen Gremien, das sind Kolleg-Gremien, die Politik wieder gemeinsam gestalten muss.

ONETZ: Welches persönliche Verhältnis haben Sie zu Ihren bisher bekannten Gegenkandidaten?

Richard Reisinger: Mit Michael Rischke von der SPD verbindet mich eine freundschaftliche Zusammenarbeit. Hans Martin Grötsch von den Freien Wählern und Peter Eckert von den Grünen kenne ich nur von ein, zwei persönlichen Begegnungen.

ONETZ: Worauf freuen Sie sich 2020 am meisten?

Richard Reisinger: Auf alle Jubiläen und Feste, für die ich schon als Schirmherr engagiert bin. Natürlich auch auf die Zeit nach der Wahl. Wenn das Waldbad in Sulzbach-Rosenberg wieder aufmacht, am 1. Mai. Die erste E-Bike-Radtour. Und Ende Januar soll ich eine Klasse der Decker-Schule unterrichten, weil da Kommunalpolitiker an die Schulen geholt werden. Darauf freue ich mich auch.

 
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