Charleston, Foxtrott, Tango – eigentlich hätte das Konzert von Peter Wittmann und seinem Ballhausorchester im Capitol eine Tanzfläche gebraucht, keine Stühle. Die schwungvollen, teils auch leidenschaftlichen Rhythmen gingen sofort in die Füße. Neun hochkarätige Instrumentalisten und der charismatische Sänger Peter Wittmann erweckten die Schlager aus dem ersten Drittel des vorigen Jahrhunderts zum Leben.
Sie pusteten kräftig den Staub weg, und heraus kam eine musikalische Reise in eine stürmische Zeit, als Frauen anfingen, Rechte einzufordern und das Alphabet der Liebe und Beziehungen plötzlich ganz anders buchstabiert wurde. „Frauen sind keine Engel“ und „Heut’ war ich bei der Frieda“ spielen mit kaum verhüllter Erotik und sexuellen Anzüglichkeiten. Aber das Ballhausorchester und Peter Wittmann teilten mit den Zuhörern auch ihren Spaß am Absurden. „Was macht der Maier auf dem Himalaya“ oder „Mein Gorilla“ sind ansteckend fröhlicher Blödsinn.
Neun Vollblutmusiker
Zu einem Vergnügen wurde das Konzert vor allem auch deshalb, weil das Ballhausorchester mit neun Vollblutmusikern hervorragend besetzt ist. Ihre Interpretation der Lieder war immer treffend und mitreißend. Wittmann krönte das Ganze mit seiner warmen, dunkel getönten Stimme, die bei Bedarf auch kiekste, flüsterte oder dröhnte. Immer waren dabei die Liedertexte Wort für Wort zu verstehen, so dass die meist sehr komischen und ironischen Texte bestens zur Geltung kamen. Ergänzt wurde der musikalische Genuss durch Wittmanns Zwischentexte, die Sulzbach und Rosenberg gekonnt auf die Schippe nahmen.
Irgendwann setzte Wittmann sich gemütlich auf seinen Stuhl, und provozierende Bläser stimmten „You can leave your hat on“ an. Der Saxophonist Georg Obermaier erhob sich. Genussvoll zog er seine Smokingjacke aus und warf sie den atemlos zuschauenden Frauen zu. Nach einigen lasziven Hüftschwüngen zur aufreizenden Musik ging er noch weiter. Betont langsam öffnete er seinen Gürtel (leises Seufzen im Publikum), zog ihn in eindeutig-zweideutiger Weise zwischen seinen Beinen hindurch (lauteres Seufzen), knöpfte seine Hose auf (wildes Stöhnen) und ließ sie sinken (hemmungsloses Kreischen). Wittmann mahnte: „Contenance, meine Damen!“. Nach tobendem Applaus kam das passende Lied: „Die Männer sind schon die Liebe wert“. Welche Frau könnte da nach diesem Erlebnis widersprechen!
Augenzwinkern und Ironie
Dann folgte wieder ein Gassenhauer auf den nächsten, immer mit Charme und Witz vorgetragen. Die Schlager aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren leben davon, dass sie mit Augenzwinkern und Ironie vorgetragen werden. Das Ballhausorchester spielte mit dieser nonchalanten Leichtigkeit, die so schwer zu erreichen ist. Da saß jede Nuance, so dass der Humor in den Liedern funkelte.
Der nie verwelkende „Kleine grüne Kaktus“ kam als Zugabe. Mit „Schlafen geht das kleine Saxophon“, als Rausschmeißer endete ein wunderschöner Abend. „Junge, komm bald wieder!“, möchte man Peter Wittmann zurufen, obwohl dieser Schlager aus einer anderen Epoche stammt.
















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