Sulzbach-Rosenberg
10.06.2022 - 11:08 Uhr

Sulzbach-Rosenberg: Knorr-von-Rosenroth-Festspiele bringen "Der eingebildete Kranke" auf die Bühne

Zum vierten Mal ehrt die Stadt Sulzbach-Rosenberg den Dichter und Hofkanzler Christian Knorr von Rosenroth mit eigenen Festspielen. Gefeiert wird aber auch der 400. Geburtstag eines Franzosen, verrät der Künstlerische Leiter Michael Ritz.

Lasset die Festspiele beginnen: Sophia und Michael Ritz haben Kostüme und Requisiten für "Der eingebildete Kranke" schon parat. Bild: aks
Lasset die Festspiele beginnen: Sophia und Michael Ritz haben Kostüme und Requisiten für "Der eingebildete Kranke" schon parat.

Als die Wahl auf die Komödie "Der eingebildete Kranke" fiel, war das Zusammentreffen der Festspiele mit dem 400. Geburtstag von Molière allerdings noch nicht abzusehen. Denn eigentlich wäre die vierte Auflage der Knorr-von-Rosenroth-Festspiele jetzt schon wieder zwei Jahre lang Geschichte. Aus allzu bekannten Gründen musste jedoch verschoben werden und so kommt es, dass man sich mit der Premiere am 8. Juli auch gleich noch in den Ehrenreigen zum 400. Geburtstag des Schöpfer des Werkes, Jean Baptiste Poquelin alias Molière, einreiht.

Im Pressegespräch schwärmt Michael Ritz, Regisseur und Künstlerischer Leiter der Festspiele, vom Wort- und Szenenwitz, den menschlichen Irrungen und Verwirrungen und der Üppigkeit dieser Komödie im speziellen, aber auch der Komödien der Epoche generell. Das gelte jedoch nicht für Deutschland, schränkt er gleich darauf ein. Hierzulande war man damals wohl noch zu sehr vom Grauen des 30-jährigen Krieges geprägt: "Da konnte keine Komödiantik zum Blühen kommen." Und Dramatiker habe es eigentlich auch nicht gegeben, nur das sogenannte "Jesuiten-Theater" mit klarem Bekehrungscharakter existierte unter anderem auch in Amberg. An den Höfen des Adels wurde allerdings schon gespielt und aufgeführt, ergänzt Schauspielerin und Kostümbildnerin Sophia Ritz. Aber das war natürlich nicht öffentlich.

Ursprünglich als Ballett konzipiert

Molières letztes und wohl auch berühmtestes Stück bringt Ritz mit neun Schauspielerinnen und Schauspielern auf die Bühne im Schlosshof, die er um einen zehn Meter langen Laufsteg erweitert. Eine lebendige Inszenierung ist ihm wichtig, sich eventuell anbietende, explizite Bezüge zur Gegenwart sind seine Sache nicht: "Das Stück hat alles in sich." Fünf Musiker mit authentischen Barock-Instrumenten und Notenmaterial der Zeit sorgen unter Leitung von Jörg Meder für den stilechten musikalischen Rahmen. Immerhin sei "Der eingebildete Kranke" ja als Ballettkomödie konzipiert gewesen, eine Voraussetzung, um nach den Vorgaben der Zeit überhaupt Musik erklingen lassen zu dürfen.

Den Ballettaspekt verfolgt Ritz aber nicht weiter. Dafür sind die, nicht oft gezeigten, Zwischenspiele zu sehen, berichtet Sophia Ritz, die auch selbst als Dienerin Toinette zu erleben sein wird. Dass der Regisseur ihr Mann ist, empfindet die Schauspielerin als große Freiheit: "Weil ich vertrauen und anbieten kann, was ich möchte". Bei anderen müsse man erst mal abtasten. Und weil alles ein Prozess sei, bleibt die gemeinsame Arbeit auch nicht an der heimischen Türschwelle hängen. Michael Ritz wiederum weiß die Anregungen seiner Frau zu schätzen, so wie er überhaupt immer Austausch mit seinen Schauspielern bevorzugt. Den wird er demnächst wieder ausgiebig haben. Aufgrund der Tatsache, dass alle Mitwirkenden Profis sind und ihr Handwerk verstehen, kommt man mit drei Wochen Probenvorlauf aus. Einige der Schauspielerinnen und Schauspieler sind im Übrigen schon versierte Rosenroth-Hasen, andere hat er über die ZAV-Künstlervermittlung, der Arbeitsagentur u.a. für professionelle darstellende Künste gefunden und gecastet.

Wo das Schreiten geübt wird

Mit den Kostümen geht es naturgemäß nicht ganz so schnell. Ungefähr 35 Stunden sitzt Sophia Ritz an einem Stück, ihre Anregungen findet sie unter anderem in den Figurinenbüchern Augusts des Starken oder Ludwigs XIV. Besonderes Augenmerk legt sie darauf, die Figuren durch Farben zu charakterisieren: Für den Geliebten Cléante ein zartes Flieder, für Toinette ein lebensfrohes Butterblumengelb: "Ich versuche den Schauspielern Spielangebote über die Kostüme zu machen." Und Argan, dem eingebildeten Kranken, verpasst sie ein im unteren Rückenbereich bräunlich - mit Tee, wohlgemerkt - eingefärbtes Nachthemd: Spaß darf sein bei der Komödie.

Dass sie darüber hinaus dramaturgisch mitdenkt bei der Kostümschneiderei, freut nicht nur den Regisseur. Das umfasst Vorkehrungen fürs schnelle Umziehen ebenso wie im Bedarfsfall mit den Darstellerinnen das Schreiten im langen Rock mit Schleppe zu üben- rückwärts laufen ist da nämlich nicht, weiß Sophia Ritz. Immer schön vorwärts im Bogen, heißt stattdessen die Devise. Und so zeigt sich zum Abschluss des Gesprächs, dass nicht nur "Herr Ritz ein Macher ist", wie seine Frau es auf den Punkt bringt. Auch sie selbst ist ohne Zweifel eine vielseitige Frau der Tat.

Hintergrund:

Zu Personen und Festspiel

  • Michael Ritz, geboren in Amberg, aufgewachsen in Sulzbach-Rosenberg, studierte Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie in Erlangen, Regieassistent am Stadttheater Ingolstadt, Assistent beim Musical "Cats" in Hamburg, am Schiller Theater Berlin und bei Hansgünther Heyme in Essen, zwölf Jahre Leiter des Bergbau- und Industriemuseums Theuern
  • Sophia Ritz, gebürtige Dresdnerin, gelernte Dekorateurin, Schauspiel-Studium an der Theaterhochschule "Hans Otto" Leipzig mit Kommilitonen wie Ulrich Mühe und Jörg Schüttauf, u.a. Rolle in der ZDF-Serie "Derrick", Kostümbildnerei autodidaktisch angeeignet
  • Knorr-von-Rosenroth-Festspiele: Premiere "Der eingebildete Kranke" Freitag, 8. Juli (20 Uhr), weitere Aufführungen Samstag, 9. Juli (20 Uhr), Sonntag, 10. Juli (20 Uhr), Samstag, 16. Juli (20 Uhr), Sonntag, 17. Juli (17 Uhr)
    dazu 10. Juli (20 Uhr) Tyrol Music Project, 12. Juli (20 Uhr) Monika Dasch Trio, 13. Juli (20 Uhr) Leonhardsberger & Schmid, 15. Juli (20 Uhr) Gismo Graf Trio
  • Ort: alle Veranstaltungen finden Open-Air im Schlosshof Sulzbach-Rosenberg statt, bei schlechtem Wetter in der Sporthalle der Krötensee-Mittelschule, Dieselstraße 29

Karten gibt es im Vorverkauf auf www.nt-ticket.de, unter der Tickethotline 0961/85-550 oder 09621/306-230 sowie in allen Geschäftsstellen von Oberpfalz-Medien und den NT-Ticket-Vorverkaufsstellen.

 
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