Zahlreiche Besucher, darunter viele Kinder und Jugendliche, bevölkern bei warmem Sommerwetter den Hof des Sulzbacher Herzogschlosses. Mit Aperol oder Mineralwasser lassen sie den Tag entspannt ausklingen in freudiger Erwartung eines großen Kunstgenusses. Eltern begrüßen ihre aufwendig frisierten und in schickem Schwarz gekleideten musizierenden Kinder. Dann schlägt es vom Kirchturm sieben Mal, und es wird ruhig im Schlosshof. Jetzt geht's los.
Katja Rödiger, President des Lions-Clubs Sulzbach-Rosenberg, begrüßt die 78 jungen Musikerinnen und Musiker sowie die Zuhörer und Gäste. "Wir freuen uns auf Musik, die lange im Herzen bleiben soll", sagt sie. Jürgen Schleicher, der für den Lions-Club seit Jahren die Auftritte des Bayerischen Landesjugendorchesters (BLJO) organisiert, bedankt sich beim Staatlichen Bauamt für die Überlassung der Spielstätte, bei der Kulturwerkstatt Sulzbach-Rosenberg als Mitveranstalter und bei den vielen Helfern vom Lions-Club, die den ganzen Tag gearbeitet haben, um alles für das Konzert herzurichten.
Publikum zum Mitsingen animiert
Das Konzert beginnt mit einer kleinen Musikstunde. Dirigent Nicolas Rauss aus Genf lässt das Thema des ersten Satzes von Franz Liszts symphonischer Dichtung "Von der Wiege bis zum Grabe" spielen und animiert das Publikum erfolgreich zum Mitsingen. Als der 70-jährige Liszt dieses Werk schrieb, hatte er sich von einem Leben im Rampenlicht als Klaviervirtuose und gefragter Komponist in ein römisches Kloster zurückgezogen. Es ist ein sehr zartes, empfindsames Werk, und das Orchester präsentiert es mit großer Konzentration. Rauss dirigiert die leisen Passagen mit sparsamen Bewegungen; die Musiker sind stets auf den Dirigenten fokussiert. Am Ende "zum Grabe" scheint das Thema der "Wiege" noch einmal auf und vergeht in einem leisen Cello-Solo. Man könnte eine Stecknadel fallen hören im ausverkauften Schlosshof, bis sich die Ergriffenheit löst und begeisterter Applaus einsetzt.
Anton Bruckners Symphonie Nr. 6 in A-Dur wurde erst über 50 Jahre nach ihrer Entstehung erstmals in vollständiger Originalform aufgeführt, obwohl sie musikalisch zugänglicher ist als die viel berühmtere "Siebte". Aber auch die Sechste wurde zu Bruckners Lebzeiten als nicht vermittelbar angesehen - aus heutiger Sicht völlig unverständlich. Rauss und das BLJO interpretieren das Werk mit großer Dynamik - auch im "Maestoso" entdecken sie Zartheit und Heiterkeit. Aber dann setzen mit voller Wucht die dreifach besetzten Blechbläser ein und füllen den Schlosshof mit gewaltigem Klang.
Als wäre es ein einziges Instrument
Der Dirigent spielt das Orchester, als wäre es ein einziges Instrument mit einer ungeheuren Vielfalt von Klangfarben. An leisen Stellen treten Klarinetten, Flöten, Oboen, Fagotte, aber auch die Solotrompete (mit leichten Ansatzschwierigkeiten) und die Hörner wunderbar aus dem Streicherklang hervor. Im Forte gehen die lediglich doppelt besetzten Holzbläser jedoch leider ziemlich unter - man sieht, dass sie spielen, aber man hört sie nicht mehr. Und obwohl das Blech sich erwartbar besser durchsetzt, hätte man sich manchmal auch vom Gebläse mehr Druck gewünscht. Das bleibt aber auch der einzige offene Wunsch an diesem großen musikalischen Abend.
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