Der frische Wind ist förmlich spürbar, als die sechs Vertreter der Wählergruppe die SRZ-Redaktion zum Pressegespräch betreten. Und frisch sollte die Unterhaltung auch bleiben, spürte man doch gleich, dass sich die Besucher mit kommunalpolitischen Themen auseinandersetzen und sich auch tiefgründigere Gedanken machen. "An Personal mangelt es bei uns nicht, viele Bürger haben sich spontan bereit erklärt, bei uns mitzumachen. Es war auch nicht schwer, 24 Stadtratskandidaten zu finden, die wir am Samstag offiziell nominieren werden", freute sich Ralf Volkert.
Längerfristiger Ansatz
Als Leitgedanken des politischen Handelns nennt er eine Stadtentwicklung, "die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen" - alles angelehnt an die Agenda 2030 der Uno für nachhaltige Entwicklung. Nach eigenem Bekunden ist die Initiative mit der gegenwärtigen Stadtpolitik nicht zufrieden, sie springe zu kurz. "Deshalb reichen unsere Vorstellungen auch über eine Legislaturperiode hinaus, was auch unser Namenszusatz 2030 ausdrücken soll", sagt Martin Kunert in der Runde.
Grundsätzlich versteht sich die Wählergruppe losgelöst von den traditionellen Parteien, sie will überparteilich agieren. "Sollten wir im neuen Stadtrat vertreten sein, wird sich unser Abstimmungsverhalten nach Wissen und Vernunft richten, nicht nach Koalitionen oder parteipolitischen Erwägungen", erklärt Ralf Volkert eine ihrer wichtigsten Grundhaltungen. Dass sich die Gruppe durchaus Chancen ausrechnet, machen die Vertreter auch damit deutlich, Zulauf aus unterschiedlichen Berufsgruppen und gesellschaftlichen Bereichen zu haben - auch seien die Stadtteile gut repräsentiert.
"Suro2030" geht nach eigenen Angaben keineswegs blauäugig an das Projekt "Stadtratswahl" heran. Das bayerische Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz schreibt nämlich zwingend vor, dass ein neuer Wahlvorschlag in einer Stadt mit bis zu 20 000 Einwohnern von 180 Wahlberechtigten unterstützt werden müsse. Hierzu seien persönliche Einträge im Wahlamt notwendig, ansonsten werde die Zulassung zur Kommunalwahl versagt. Aber auch bei dieser Hürde geben sich die Gesprächspartner zuversichtlich. Wie Doris Schmidt-Hartmann ergänzt, stelle sich für ihre Gruppe bei der künftigen politischen Arbeit immer die Frage, wie die Bürger an den Informationsprozessen und Entscheidungen teilnehmen können. "Wir wollen auch weg von den kurzfristigen Entscheidungen und setzen dagegen auf nachhaltige Prozesse", sagt Schmidt-Hartmann. Als Beispiel wird das inhaltsreiche ISEK-Konzept angeführt, das viel Potenzial berge, aber viel zu wenig dabei heraus komme.
Willkommenskultur
Gerda Krusche stellte eine Abkühlung der Gesprächskultur im Stadtrat fest. "Hier setzen wir auch wieder auf mehr Miteinander, um unsere Kommune gemeinsam weiterzuentwickeln. Die Ablehnung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz gehört nach Aussagen von Paul Wolf genauso zum Programm wie eine echte Willkommens-Kultur in Sulzbach-Rosenberg. "Nachhaltigkeit ist für uns natürlich auch beim Klimaschutz angesagt, der bei den verschiedensten Projekten immer mit berücksichtigt werden soll", nennt Kerstin Paul einen weiteren Eckpunkt der politischen Arbeit.
"Es war für uns schon sehr erfreulich, mit welcher Begeisterung die Leute sich für unsere Überlegungen interessierten und einbrachten. Der Vorschlag für unsere 24-köpfige Liste ist zur Hälfte mit Frauen besetzt, was überhaupt keine Schwierigkeit war. Im Gegenteil, denn aufgrund der großen Bereitschaft, für unsere Ziele einzutreten, hätten wir doppelt so viele Bewerber auf die Liste setzen können", freut sich Ralf Volkert über den gelungenen Start.
Zentrale Anliegen
Bezahlbarer Wohnraum und sozialer Wohnungsbau.
Mehr Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche.
Stadtpass für Bürger mit geringerem Einkommen.
Förderung für verantwortungsvoll agierende Unternehmen.
Förderung von lokalem Einkauf in der Innenstadt.
Verkehrsberuhigung in der City.
Beibehaltung der Kulturarbeit.
Wahl eines Sozial- und Migrationsbeirats.
Im Rathaus wird's bunter
Die Anzahl ihrer Mitstreiter beflügelt die neu formierte Wählergruppe "Suro2030". Sie will nach eigenem Bekunden viel und häufig miteinander reden, eigene Vorstellungen - sollte sie denn mindestens mit einem Sitz im Rathaus vertreten sein - in einer Art Dauer-Reflexion mit den Bürgern in den Stadtrat tragen. Und all ihr Tun soll langfristig angelegt sein. Mindestens bis 2030 eben.
Die politische Szenerie steht in der Herzogstadt zumindest im Ratsgremium vor einer Zäsur. Neben den fünf langjährig im Kommunalparlament vertretenen Parteien und Gruppen, werden am Samstag "Suro2030" und die Junge Union eigene Kandidatenlisten aufstellen. Dazu könnte auch noch die Linkspartei kommen, bei der die Personalsuche angelaufen ist.
Welche Chancen oder Risiken das breitere Farbspektrum für die "Regierung" Sulzbach-Rosenbergs birgt, gilt es objektiv zu bewerten. Das politische Engagement der Bürger auch außerhalb der Parteienlandschaft ist allemal lobenswert.
Andreas Royer