„Des ziagma durch“, war Christoph Weiherer fest entschlossen. Sein letztes Konzert vor dem Lockdown – „i hob scho gmoant, i war schuld“ – gab er letztes Jahr im Seidel-Saal, nun war er es, der die Veranstaltungsreihe der Kulturwerkstatt wieder eröffnen durfte. Die Pandemie wurde dabei nicht völlig ausgeblendet, aber sie wurde mit Humor betrachtet, schon als Weiherer mit seiner „Bio-Brunsbeutel-Maske“ auf die Bühne kam. Dass er die Postleitzahl 25541 von Brunsbüttel laut Gesundheitsamt nicht mehr propagieren dürfe, erzählte er später: „In Brunsbüttel hams desweng a Inzidenz, dass da Sau graust“.
Gitarre und Mundharmonika braucht er für seine Lieder, in denen er ganz nach seinem Vorbild Hans Söllner Missstände in Gesellschaft und Politik besingt und zwar immer in seinem niederbayrischen Dialekt. Mit seinen Protestsongs will er wachrütteln und zum Nachdenken anregen, auch wenn die aus seinem Album „Im Prinzip aus Protest“ stammenden Titel schon ein paar Jahre alt sind. Er mache einfach ein neues Programm daraus, sagt Weiherer, „bin selber gspannt, wos dabei rauskimmt“.
Eine Welt in Bayern
Witzig, manchmal derb, nimmt er kein Blatt vor den Mund. Der langhaarige und salopp gekleidete Niederbayer steht mehr als zwei Stunden auf der Bühne. Er singt Lieder und erzählt Geschichten, in denen sich alles um das Leben dreht, um eine Welt in Bayern, die längst nicht mehr heil, aber dennoch liebenswert ist. „Sog, is des no mei Hoamat?“, fragt er, kann leicht und locker, kritisch und ironisch Missstände aufzeigen, aber auch seine Ideen und Träume. Gaudibursch und Rebell, Zyniker und Poet, er ist alles an diesem Abend.
Vor allem aber kann er plaudern, sich verplaudern, abschweifen, weit ausholen. „Des muass etz alles raus“, erklärt er, weil er monatelang nicht erzählen und singen habe dürfen. Und so kommt die Sprache auch wieder auf seinen Lieblings-Feind Dobrinth. Er provoziere den früheren Verkehrsminister nach wie vor, sagt er, sei aber auf dessen Facebook-Seite mittlerweile gesperrt, nachdem er ihn „Zipflelklatscher“ genannt habe. „Allerdings beim Scheuer geht’s noch“, ergänzt er verschmitzt. Das Publikum im Seidel-Saal feiert diesen „bayerischen Bob Dylan“, der einiges an Preisen und Auszeichnungen aufweisen kann. Es greift auch zu, als Weiherer in der Pause seinen „Bauchladen“ aufmacht. CD, T-Shirts, Einkaufs-Bio-Brunsbeutel („nicht wasserdicht!“), Buttons und „Schafkopf-Brunskarten“ hat er im Angebot, ein kleines Zubrot für viele entgangene Einnahmen während der letzten Monate.
Denn immer lauert trotz all der Fröhlichkeit das Bangen im Hintergrund, dass in zwei, drei Wochen vielleicht alles wieder aus sein könnte. „Desweng machma alles was irgendwie geht“, sagt Weiherer, und das Publikum aus Stadt und Land zollt ihm auch dafür großen Beifall.
„I bin selber g’spannt, wos dabei rauskimmt“.
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