Auch wenn die Planungen für das „Haus der Biodiversität“ schon länger andauern, hat Bürgermeister Ludwig Gürtler in der Sitzung am Montag eine ganze Expertengruppe aufgeboten, um den neuen Gemeinderat über den Sachstand zu informieren. Baurätin Teresa Meyer, Architekt Christian Schönberger, der Geschäftsführer der Agentur für Öffentlichkeitsarbeit und Mediengestaltung (IMAGO 87) Alexander Herzog und Anne Wendl vom Büro „landimpuls“ standen Rede und Antwort.
Auf dem ehemaligen denkmalgeschützten „Heldweinanwesen“ am Marktplatz soll als Maßnahme der Förderinitiative „Innen statt Außen“ ein Schmuckstück am Ortseingang von Tännesberg entstehen. Dass dort etwas geschehen muss, hat der vorhergehende Gemeinderat schon erkannt. Wer sich nicht näher mit dem Projekt befasst, kann die hohen Kosten von rund 2,8 Millionen Euro nicht nachvollziehen, so Bürgermeister Gürtler. Er selbst habe auch seine Bedenken gehabt. Nachdem er sich näher mit dem Vorhaben befasst hat, könne er die Maßnahme aber nur befürworten. Es werde eine hervorragende Sache. Auf die Maßnahme zu verzichten, um Steuergelder zu sparen, ginge ins Leere. Mit den so frei werdenden Mitteln würde sofort ein Projekt in einer anderen Gemeinde finanziert.
Erlösende Worte kamen von Baurätin Teresa Meyer vom Amt für ländliche Entwicklung. Die bereits im letzten Jahr beantragten Zuwendungen in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro aus dem Sonderprogramm „Innen statt Aussen“ stehen bereit und könnten abgerufen werden. Dem Markt Tännesberg bleibt lediglich ein Eigenanteil von etwa 300.000 Euro. Als nächster Schritt müsse die Baugenehmigung in die Wege geleitet werden. Außerdem stellte Meyer klar, dass diese Mittel andere Dorferneuerungsmaßnahmen (Oberviechtacher Straße) nicht belasten. Die mit der Förderung einhergehende Nutzungsbindung betrage 12 Jahre ab Fertigstellung.
Ausführlich erklärt wurde das Vorhaben, das in drei Abschnitte eingeteilt werden kann, von Architekt Christian Schönberger. Der in allen Belangen durchdachte Vorschlag bestehe aus der Renovierung des bestehenden Hauptgebäudes einem Zwischenbau und dem Neubau des Stadels. Im Hauptgebäude seien im Dachgeschoss drei Arbeitsplätze und ein Besprechungsraum vorgesehen. Im Erdgeschoss befinden sich der Empfang und die Hauptausstellungsräume. Das Kellergeschoss sei für die zwar aufwendige aber notwendige Technik vorgesehen.
Die Kosten sind mit rund einer Million Euro veranschlagt. Es sei zu bedenken, dass es sich um ein Baudenkmal handelt, dass nicht beliebig verändert werden kann. Ein Abriss und Neubau würden ohnehin nicht in Frage kommen. Der denkmaltechnische Aufwand erfordere zunächst einmal die Beseitigung der Schäden der sehr in Mitleidenschaft gezogenen Bausubstanz. Ein neuer Bodenaufbau sei komplett erforderlich. Funktionsgerecht werde das Gebäude durch eine Wandheizung temperiert.
Im Zwischengebäude, das neu errichten wird, seien im wesentlichen der ursprüngliche Backofen, die Toiletten sowohl für die Beschäftigten als auch die für die Öffentlichkeit untergebracht. Natürlich alles barrierefrei. Eine kleine Teeküche, für die schnelle Bewirtung und der dazu gehörenden Arbeiten werde ebenfalls eingerichtet. Der örtlichen Gastronomie solle und könne aber dadurch keinesfalls Konkurrenz gemacht werden.
Der neue Stadel werde wieder am Ende der ehemaligen Stadtmauer, die teilweise wieder „angedeutet“ werden müsse, errichtet. Im Obergeschoss findet ein großer Ausstellungsraum Platz. Im Untergeschoss befinden sich die Lagerräume und ein Multifunktionsraum.Die Kosten für beide Abschnitte seien laut Planer mit etwa 1,54 Millionen Euro veranschlagt. Für Ausstattung und Ausstellungsgestaltung seien 230.000 Euro und für die Außenanlagen 135.000 Euro angesetzt. Die Nebenkosten seien überall bereits enthalten. Einen besonderen Hinweis verdiene auch die extreme ökologische nachhaltige Bauweise mit den entsprechend hochwertigen Materialien.
Für die Trockenlegung und zum Schutz der Gebäude vor Nässe und Feuchtigkeit werden Entfeuchtungsgräben angelegt. Sowohl aus dem Gemeinderat als auch von den Mitgliedern des Vorstands der Dorferneuerung wurden Fragen zur Planung gestellt. Neben den Kosten ging es hauptsächlich um Dachformen, Heizung und den Außenbereich. Eine zufrieden stellende Auskunft und Erklärung blieb Architekt Christian Schönberger nicht schuldig. Auch die vorgebrachten Anregungen nahm er gerne mit.
Bürgermeister Gürtler stellte nochmals die Wertschöpfung und Aufwertung für Tännesberg heraus. Altbürgermeister Werner Braun mahnt, die Kostenentwicklung immer im Blick zu haben. Als Beispiel erinnerte er an die explodierenden Baupreise nach der Grenzöffnung in den 90er Jahren. Damals erfolgte der Bau der Entwässerungsanlage, als Vorbedingung für die Dorferneuerung in Kleinschwand. Als Folge der Coronakrise könnten die von staatlicher Seite eingesetzten immensen Fördermittel ähnliches bewirken.
Die Akzeptanz in der Bevölkerung könne nur erreicht werden, wenn Ökologie und Denkmalschutz dienende Instrumente sind. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass dadurch schulmeisterlich etwas aufgedrängt werde. Eine überzogene Umsetzung von Beschlüssen sei hier nicht angebracht.
Zentrale Anlaufstelle
Für die künftigen Nutzungsmöglichkeiten wurde vom Geschäftsführer der IMAGO 87, Alexander Herzog, das erarbeitete Ausstellungskonzept, dass die unterschiedlichen Ansprüche an das Haus berücksichtigt, vorgestellt. Ziele sind eine Begegnungssätte als zentrale Anlaufstelle der Modellgemeinde, Verständnis für die Biodiversität zu wecken, der Bevölkerung einen nachhaltigen Umgang mit der Natur zu geben und die Wertschätzung der Kulturlandschaft zu fördern.
Die Förderung der Direktvermarktung und touristische Attraktionen gehören ebenfalls dazu.
Weitere Themen sind die Vorstellung der Aktivitäten der Modellgemeinde Tännesberg und die Bedeutung von Biodiversität. Was der einzelne tun kann soll vermittelt werden. Denn Verhaltensänderung und Vielfalt schaffen auch mehr Lebensqualität.
Zielgruppen sind die Bewohner der Region, Tagesausflügler und Urlauber, Besuchergruppen und Kinder und Jugendliche (Schulklassen, Kitas, Jugendgruppen etc.). Ein jährlicher „Durchsatz“ von Personen, der natürlich von mehreren Faktoren abhängig ist, wird im sechsstelligem Bereich erhofft.
Umweltbildung muß Spaß machen, emotional ansprechen, unterhaltsam informieren und die Neugier für das Erlebnis draußen wecken, so Herzog.
Für Altbürgermeister Werner Braun ist das Konzept völlig in Ordnung, erinnert aber daran, dass auch bereits in den letzten Jahrzehnten ökologische Maßnahmen durchgeführt wurden. Als krönendes Beispiel nannte er das weitaus bekannte „Kainzbachtal“, das im Zuge der Sanierung der Wasserversorgungsanlage Tännesberg entstanden ist. Ebenso wurden Grünbereiche im Baugebiet „Auf der Trath“ in Eigenregie nach dem Grünordnungsplan angelegt. Möglich war es allerdings nur, weil die Mehrheit unerschütterlich hinter den Maßnahmen stand.
Zweiter Bürgermeister Schärtl unterstützt ebenfalls das vorgestellte Nutzungsprogramm, vermisst aber die Darstellung alteingesessener Tierrassen. Auch gewöhnliche Haustiere wie zum Beispiel Ziegenrassen sollten erwähnt werden. Ob eine sprachlich geläufigere Bezeichnung gewählt werden könnte als „Haus der Biodiversität“ , kam aus den Reihen der Zuhörer. Ein Wettbewerb zur Namensgebung würde mit Sicherheit das Interesse für das Projekt in der Bevölkerung anregen. In nächster Zeit soll ein Flyer über die Maßnahme gestaltet und an die Haushaltungen verteilt werden.
Scheune eingestürzt
Die Aufnahme der Stadt Vohenstrauß als Gesellschafter in die ZENO GmbH stand ebenfalls noch auf der Tagesordnung und wurde einstimmig genehmigt. Bürgermeister Gürtler informierte über den Einsturz der Scheune beim „Haberlpaule-Anwesen“ in der Hafnergasse. Glücklicherweise kam niemand zu Schaden. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht werden durch den Markt Tännesberg die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet.
Auf Anfrage informiert Gürtler über den Stand der Kindergartenerweiterung. Die Unterlagen zur vertraglichen Gestaltung und Baufreigabe befinden sich bei der Diözese in Regensburg. Deren Entscheidung muß jetzt abgewartet werden. Bereits jetzt aber muss eine Zufahrt für „schweres Gerät“ vorbereitet werden. Gespräche mit dem Grundstücksnachbarn bezeichnete er als positiv.
Der zur Trennung der Straßen angelegte Grünbereich zwischen „Bürgermeister-Wittmann-“ und „Bürgermeister Robl-Straße“ wird immer mehr zum Ärgernis. Die Fläche, wo Markträtin Heuberger, wird mittlerweile als Durchfahrt genutzt und sollte wieder der ursprünglichen Funktion zugeführt werden.
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