Die ganze Geschichte ist relativ verzwickt und der Ausgangspunkt liegt schon fast zweieinhalb Jahre zurück. Damals, am 21. Juli 2017, war der Wirt aus dem Landkreis Tirschenreuth mit seinem Auto innerorts unterwegs, als er die Vorfahrt von zwei Radfahrern missachtete. Allerdings fühlte er sich im Recht. Der mittlerweile 51-Jährige folgte dem Ehepaar mit seinem Wagen, fuhr an diesem vorbei und zog nach rechts. Dabei streifte der Seitenspiegel den Radler. Das Ehepaar stürzte. Beide verletzten sich unter anderem an den Handgelenken. Nach dem Unfall stieg der Wirt aus seinem Auto aus und ging wutentbrannt auf die Eheleute los. Danach fuhr er einfach weiter.
Freiheitsstrafe auf Bewährung
Diesen Ablauf sah das Schöffengericht Tirschenreuth unter Vorsitz von Richter Thomas Weiß nach sechs Verhandlungstagen im Jahr 2018 als bewiesen an. Es verurteilte den Gastwirt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Zudem musste der Angeklagte insgesamt 18 Monate den Führerschein abgeben. Das Urteil wurde nach einer Berufungsverhandlung am Landgericht Weiden im Januar 2019 rechtskräftig.
Vor dem Schöffengericht hatte der Wirt das Geschehen anders dargestellt: Die Radfahrer seien in der Nähe seiner Gaststätte "herunter gepfiffen". Der männliche Radfahrer habe geschimpft und "wie eine Sau" getan. Der Wirt sagte, er sei erst in die Gaststube zurückgegangen, dann aber den Radlern doch mit dem Auto hinterher gefahren. Er habe die beiden überholt. Dabei sei ihm ein Fahrzeug entgegengekommen, so dass er nach rechts ausweichen habe müssen. Der Radfahrer habe es nicht geschafft, rechtzeitig zu bremsen. Einen Sturz habe er aber nicht gesehen, so der Wirt.
Diesen Ablauf bestätigte einige Monate später ein Kfz-Mechaniker (32): Er habe das entgegenkommende Auto damals bei einer Probefahrt gelenkt.
Anstiftung zur Falschaussage
Der 32-Jährige hatte auch den Namen des Kunden (63) genannt, dem das Auto gehört habe. Dieser musste daraufhin als Zeuge aussagen. Dabei stellte sich heraus, dass sein Fahrzeug an besagtem Datum - dem 21. Juli 2017 - gar nicht zur Reparatur in der Kfz-Werkstatt war.
Und dies war nun der Ausgangspunkt für die aktuelle Verhandlung vor dem Amtsgericht vor Richterin Veronika Stark. Denn rund zwei Stunden vor der zweiten Vernehmung des 63-Jährigen vor dem Schwurgericht, am 8. Oktober 2018, statteten der Gastwirt und der Kfz-Mechaniker ihm einen Besuch ab. Dabei hätten die beiden versucht, den Autobesitzer zu überreden, falsche Angaben zu machen. Er sollte aussagen, dass sein Fahrzeug an dem besagten Tag im Juli 2017 in der Werkstatt war.
Staatsanwältin Franziska Hofmann beschuldigte daher den 51- und 32-Jährigen der versuchten Anstiftung zur Falschaussage, zudem den Jüngeren der falschen uneidlichen Aussage. In der Anklageschrift war auch die Rede von einer gefälschten Rechnung.
"Man sieht, was das für eine Blase wurde", sagte der Anwalt des Wirts, Marc Steinsdörfer, mit Blick auf die dicken Aktenordner. Sein Mandant gehe bis heute davon aus, dass das besagte Fahrzeug an dem 21. Juli 2017 in der Kfz-Werkstatt war. Den Besuch bei dem 63-Jährigen habe es aber gegeben. Während der vergangenen Jahre sei dem Wirt viel Unbill widerfahren. Den Führerschein habe er bis heute nicht wieder und der 51-Jährige habe auch 2500 Euro an den Radfahrer gezahlt.
"Auf Mandanten eingeschossen"
"Es ist alles erheblich im Prozess aufgebauscht worden", erklärte Thomas Porubka, Rechtsanwalt des Kfz-Mechanikers. Es sei ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet worden. Sein Mandant habe bei einem Gespräch mit dem Wirt festgestellt, dass er an dem Tattag viele Probefahrten gemacht habe. Der 32-Jährige habe aber nie genau gewusst, mit welchen Auto er unterwegs war. "Ich vermute, der Richter hat sich auf meinen Mandanten und das Fahrzeug eingeschossen."
Der Autobesitzer trat noch einmal als Zeuge auf. Seinen Wagen habe er öfters in der Kfz-Werkstatt zur Reparatur gehabt. Er bekräftigte aber, dass sein Fahrzeug am 21. Juli 2017 nicht dort war. "Ich weiß nicht, warum ich in die Sache mit reingezogen wurde." Beim Gespräch mit dem Wirt und dem Kfz-Mechaniker am 8. Oktober 2018 vor seiner Haustür hätten die beiden ihn überreden wollen, auszusagen, dass sein Auto doch an dem Tag in der Werkstatt war. Denn ihm könne doch nichts passieren. Die zwei hätten aber keinen Druck auf ihn ausgeübt. "Es war ein sachliches, höfliches Gespräch." Es soll zwischen 15 und 20 Minuten gedauert haben.
Anwalt Marc Steinsdörfer kritisierte, dass der 63-Jährige dieses Gespräch erst Monate später bei der Berufungsverhandlung öffentlicht gemacht hatte. Das erschließe sich ihm mindestens genau so wenig, wie die Tatsache, dass die beiden Angeklagten zu dem Autobesitzer "hin spaziert sind". Auch sah er kritisch, dass es bei dem Kfz-Mechaniker eine Durchsuchung der Geschäftsräume wegen der Rechnungen gab und bei dem 63-jährigen Zeugen nicht einmal die Angaben zum 21. Juli 2017 überprüft worden seien. Allerdings betonte Marc Steinsdörfer, dass dieses Verfahren schon rechtskräftig abgeschlossen ist.
Weiterer Verhandlungstermin
Um dieses Datum drehte sich auch die Stellungnahme der Staatsanwältin. Sie meinte, nachdem die Richterin die protokollierten Aussagen des 32-Jährigen bei der "Radfahrer"-Verhandlung vorgelesen hatte, dass sich der Angeklagte nie explizit mit der Probefahrt auf den 21. Juli 2017 bezogen habe. Bei dem "Besuch" bei dem 63-Jährigen sei allerdings eine Grenze überschritten worden. Sie könne sich eine Einstellung des Strafverfahrens gegen eine Geldauflage vorstellen. "Mit 500 Euro wäre es aber nicht getan. Eine komische Geschichte ist es schon", erklärte Hofmann.
Für Richterin Stark war "es wahrscheinlich schon klar, dass es um den 21. Juli ging, auch für einen Zeugen". Nachdem sie sich über 20 Minuten zurückgezogen hatte, verkündete sie einen Fortsetzungstermin für 24. Januar. Dann wird Richter Thomas Weiß als Zeuge aussagen.













Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.