Bühnen- und Bierkultur satt

Tirschenreuth
29.10.2019 - 17:57 Uhr

Hoffnung für das ehemalige Luitpold-Theater. Eine Machbarkeitsstudie zu Sanierung und Betrieb hat der Stadtrat einstimmig abgesegnet. Jetzt geht es darum die Ideen umzusetzen und zu finanzieren.

So könnte die neue Fassade vom Museumsquartier her Richtung Dammstraße aussehen. Im Fenster der Kupferkessel der Schaubrauerei.

Vor neun Jahren musste das Moderne Theater Tirschenreuth (MTT), das 2002 eine eigene Spielstätte im ehemaligen Luitpold-Theater an der Regensburger Straße gefunden hatte, aus feuerschutztechnischen Gründen dort den Betrieb einstellen. Bis 2010 hatte der Theaterverein hier sehr erfolgreich sieben Eigenproduktionen und zwei Wiederaufnahmen gezeigt. Seitdem ist fast ein Jahrzehnt vergangen. Das einstige Kino ist dem Verfall preisgegeben, obwohl seit Jahren nach einer Sanierungs- und Finanzierungslösung gesucht wird. Doch jetzt zeichnet sich eine Lösung ab. Diese berücksichtigt nicht nur den Theaterkomplex, sondern bezieht auch noch das angrenzende Max Gleißner-Haus und die sogenannte Durchwandererstube mit ein.

Keine konkrete Planung

Auf Initiative von Bürgermeister Franz Stahl hat das Büro H2M aus Kulmbach die Machbarkeitsstudie ausgearbeitet und in der Oktober-Stadtratssitzung vorgestellt (wir berichteten). "Das ist jetzt noch keine konkrete Planung, sondern, wie es der Name deutlich sagt, eine Studie darüber, wie man eine Sanierung und anschließende Nutzung angehen könnte", erklärt der Bürgermeister, während er im 70 Seiten starken DIN A3-Querformat-Geheft blättert. "Ein komplexes Werk, das ich in der Form gar nicht erwartet habe." Es enthalte neben den gebäudetechnischen Erhebungen auch viele Beispiele dafür, was nach der Sanierung hier alles gemacht werden könnte. Seit Mitte Februar hätten etwa drei Gespräche mit dem Büro stattgefunden an denen auch Vertreter vom Modernen Theater und den Braujuwaren teilnahmen. Beide Vereine sind ja von der Sanierung betroffen.

Das MTT könne danach wieder in seinem angestammten Haus Theater spielen, die Braujuwaren richteten eine kleine Schaubrauerei ein. Der Historische Arbeitskreis, der bis dato im Max-Gleißner-Haus ein Archiv betreibt und hier manchmal Sitzungen abhält, werde mit Hilfe der Stadt in ein neues Domizil umziehen. Bei den Untersuchungen durch das Büro H2M habe sich herausgestellt, dass sich Durchgangtsstube und Max Gleißner-Haus in einem desolaten Zustand befänden, weshalb hier die Studie Abriss und Neubau empfiehlt. Was Kubatur und Struktur betreffe, würden die Gebäude wieder genauso aufgebaut.

Strukturen erhalten

Die wichtigste Frage dabei: "Wie bringt man die entsprechenden Bedürfnisse der künftigen Protagonisten unter einem Dach unter?" So ginge es bei den Braujuwaren darum, den Menschen Bierkultur näherzubringen und dem MTT Bühnen-Kultur in mannigfacher Weise zu präsentieren. Prämisse für die Planer sei stets gewesen, vorhandene Strukturen zu erhalten und sie an neueste technische Gegebenheiten anzupassen. "Die haben das toll visualisiert", lobt Stahl die Mitarbeiter von H2M. Nach der Studie sieht es so aus, dass das ehemalige Luitpold-Theater nach der Sanierung Raum für Kultur, Tagungen, Empfänge und andere Veranstaltungen bietet. Das verhindere, dass, wie es eigentlich angedacht war, der Boden nach hinten wie in einem Theater ansteige. In der künftigen Lounge träfen sich Moderne und Historie. Insgesamt werde das Foyer um einiges größer als bisher. Der Raumgewinn komme zustande, weil die bisherige Fensterfront abgebaut und der kleine Hinterhof überdacht und mit integriert werde.

Teile der Feldsteinmauern blieben dabei offen und erinnerten an den ehemaligen Zustand. Zur Regensburger Straße hin sollen große Fensterflächen viel Tageslicht ins Innere bringen. Das alte Kassenhäuschen könnte ebenfalls Teil der Neugestaltung sein. Inklusive Galerie, auf der 77 Leute Platz fänden, seien maximal 200 Sitzplätze vorhanden. Stühle und Tische würden im ehemaligen Eiskeller deponiert. Somit könne der Raum je nach Anlass immer passend bestuhlt werden.

Behindertengerecht

Von der Lounge komme man direkt in den Theater- wie auch in den Brauereibereich, der im Parterre der jetzigen beiden Altbauten angesiedelt und durch Türen vom Foyer getrennt sei. Im Obergeschoss des ehemaligen Kinokomplexes fänden sich Räume für Garderoben, Maske und Theaterfundus. Platz entstehe dort auch für ein Behinderten-WC und für den Aufzug. Auch von der Straße her sei dann der neue Kulturkomplex ebenerdig zu erreichen und damit behindertengerecht. Im Braukomplex könnten die Braujuwaren eine Art Mini-Brauhaus einrichten. "Das wird kein Wirtshaus oder eine Zoiglstube", unterstreicht Stahl. Hier gehe es ausschließlich um jahrhundertealte Braukultur. Um Einrichtung und Technik kümmere sich der Verein selbst. Stahl betont im Gespräch mit Oberpfalz-Medien immer wieder, dass es sich lediglich um machbare Ideen handle. Und dass die Studie nichts mit einem Bauplan zu tun habe. "Damit haben wir aber jetzt ein Instrument, mit dem man arbeiten kann", sagt er.

Finanzierung sichern

Zuerst müsse die Finanzierung geklärt werden. Die geschätzten Kosten lägen laut Studie bei 3,7 Millionen Euro - "ebenfalls nur eine grobe Schätzung", wie der Rathauschef betont. Der Theaterverein hat in der Vergangenheit durch Mäzene und Sponsoren etwa 250 000 Euro eingenommen, die mit zur Finanzierung verwendet werden. Zuschüsse erwartet der Bürgermeister durch Städtebaufördermittel aus dem Nordostbayernprogramm. Er geht von mindestens 50 Prozent des Bruttobetrages aus.

Die Einleitung für Vergabeverfahren für die Planungsaufträge soll auf jeden Fall noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. Danach würden etwa drei Bewerber zum Vergabegespräch eingeladen. Der leistungsfähigste erhalte dann den Zuschlag. Mit dem Baubeginn rechnet Stahl im Frühjahr 2021, mit der Fertigstellung etwa Mitte 2022.

Tirschenreuth29.09.2019
Information:

Neuer Kultur-Stadtteil

Bürgermeister Franz Stahl betont, dass man nach der Sanierung nicht nur die Gebäude als Einzelprojekte betrachten dürfe. "Hier entsteht ein eigener Kulturstadtteil in der Stadt, mit Freizeit im Fischhofpark, Sport im Kletterturm, mit Bildung durch OTH und Hochschule Landshut in der ehemaligen Fronfeste, mit den musealen Bereichen Fischereimuseum, Haus am Teich und Museumsquartier", sagt er stolz. "Wir haben keine Projekte in der Schublade, bei uns verstaubt nichts, wir setzen Projekte um und das ist total spannend." Auch straßenbaulich werde der neue Stadtteil leicht zu identifizieren sein. Granitpflaster, wie sie am Platz am See sind, werden alle angesprochenen Areale säumen. Wenn alles verwirklicht sei, werde man in diesen neuen Stadtteil mindestens 25 Millionen Euro, gerechnet ohne Förderungen, investiert haben. (tr)

Das Luitpold-Theater mit Max-Gleißner-Haus und Durchgangsstube (von rechts), so wie sich der Komplex aktuell präsentiert.
Eine mögliche Bestuhlungsvariante für eine Theateraufführung. Die Wände ähneln dem Original fast eins zu eins. Nur die Wandverkleidungen sind nicht aus Stoff, sondern aus feuerfestem Materiel.
Ein Beispiel für ein Workshop-Szenario. Tische und Stühle lagern im ehemaligen Eiskeller.

Wir haben keine Projekte in der Schublade, bei uns verstaubt nichts, wir setzen Projekte um und das ist total spannend.

Bürgermeister Franz Stahl

Bürgermeister Franz Stahl

Bürgermeister Franz Stahl ist fasziniert von der akribischen Ausarbeitung der Machbarkeitsstudie.
 
 

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