Die enorme psychische Belastung der Geschädigten aus dem westlichen Landkreis Tirschenreuth war im Gerichtssaal nicht zu übersehen. Die Haare waren zerzaust, die Augen geschwollen, Tränen liefen der 29-Jährigen über die Wange. Aus der Partnerschaft mit dem Angeklagten habe sie vieles verdrängt, sagte sie. Ihre Aussage vor Richter Thomas Weiß machte die 29-Jährige erst, nachdem der Angeklagte den Saal verlassen hatte. Früher sei sie viel ausgegangen, heute lebe sie zurückgezogen, erzählte sie. Anderen zu vertrauen, falle ihr schwer. Sie habe nach der Trennung von ihrem Exfreund Angst gehabt, alleine in ihrer Wohnung zu bleiben oder sie zu verlassen. Der Grund: Der Angeklagte aus dem Landkreis Amberg-Sulzbach habe sie mit zahlreichen Nachrichten über Whatsapp oder Facebook und SMS bombardiert, sie immer wieder angerufen, ihr vor der Arbeitsstätte aufgelauert oder sie gar auf der Straße mit dem Auto verfolgt - er habe ihr nachgestellt und sie genötigt.
Wegen Betrugs angezeigt
Die Versuche mit der Geschädigten weiterhin Kontakt aufzunehmen, hätten erst geendet, als durch das Amtsgericht Tirschenreuth im Dezember 2018 ein Kontaktverbot erwirkt wurde. Die Beziehung selbst sei von einem ständigen Auf und Ab und Streit geprägt gewesen. "Er war ein sehr dominanter Mann", sagte sie. Im Sommer 2017 sei sie mit ihm zusammengekommen. "Anfangs war alles toll. Doch mit der Zeit wurde es schlimmer." Während ihrer Beziehung sei öfter der Gerichtsvollzieher zum Angeklagten gekommen. Der Vermieter habe sie angesprochen, warum die Miete nicht bezahlt worden sei.
Einmal zeigte sie den Angeklagten sogar wegen Betrugs an. "Die Klage wurde aber wieder fallen gelassen", erklärte sie. Mehrere Male versuchte sie, sich von ihm zu trennen. "Er hat mich von meiner Familie und Freunden komplett isoliert." Ende November folgte das Endgültige Aus. Per Whatsapp schrieb sie ihm, dass er sie in Ruhe lassen solle.
"Wie hat er darauf reagiert?", wollte Richter Weiß wissen. "Er hat mir immer wieder Nachrichten geschrieben. Ich habe versucht, das zu ignorieren", antworte die Geschädigte. Der Angeklagte habe Geld gefordert, schickte sogar einen Mahnbescheid über 8000 bis 9000 Euro. "Alles was ich mir von ihm geliehen habe, habe ich zurückbezahlt", so die 29-Jährige.
Der Richter verlas mehrere Whats-app-Nachrichten, die der Angeklagte nach der Trennung geschickt haben soll. Allein an einem Tag waren dies 39 Stück. Der Angeklagte wies jede Schuld von sich, die Nachrichten seien manipuliert.
Die Situation habe sich dann am 1. Dezember 2018 zugespitzt, als die 29-Jährige nach ihrer Nachtschicht nach Hause fuhr. In Kemnath soll der Angeklagte sie um 3 Uhr nachts mit dem Auto überholt haben. In einer Kurve habe er dann vor der Geschädigten gebremst, so dass diese ebenfalls anhalten musste, um einen Unfall zu verhindern. Der Angeklagte sei aus dem Auto gestiegen, um mit ihr zu sprechen. "Ich ließ mein Fenster nur einen Spalt auf. Er schrie: 'Wir haben was zu klären?'"
Der Angeklagte wiederum will an diesem Tag nicht einmal vor Ort gewesen sein. Zeugen könnten das beweisen. Doch nur wenige Tage später kam es zu einem weiteren Vorfall. Die Geschädigte brachte nur schwer die Ereignisse über die Lippen. "Was ist am 7. Dezember passiert?", fragte Richter Weiß. "Ich war den ganzen Tag schon nervös", so die Geschädigte. Ständig habe der Angeklagte wieder Nachrichten geschickt.
Auf die Motorhaube geklopft
Die Servicekraft wollte nicht alleine in ihrer Arbeitsstelle sein, habe sich einen Bekannten zur Verstärkung geholt. Dieser habe sie auch nach draußen auf den Parkplatz begleitet. "Als ich in mein Auto eingestiegen war, kam plötzlich der Angeklagte aus einer Ecke und klopfte mir auf die Motorhaube." Die Geschädigte sei weggefahren. Aus Angst, der Angeklagte könne sie verfolgen, nahm sie zunächst nicht den Weg nach Hause. "Aber, wo sollte ich denn um die Zeit noch hin? Also bin ich doch zu mir gefahren." Auf der Strecke sei ihr der Angeklagte entgegenkommen. "Ich habe noch nie gesehen, wie jemand mit einem Kombi auf einer Bundesstraße in einem Zug gewendet hat." Der 46-Jährige sei ihr nachgefahren, habe hinter ihr aufgeblendet und gehupt. Über 500 Meter sei er neben ihr hergefahren, bis er sie überholte und vor ihr auf der Straße stark abbremste. "Ich hatte Panik. Ich machte fast eine Vollbremsung."
16 Mal vorbestraft
Schließlich sei sie an ihm vorbeigefahren, wählte den Notruf der Polizei und sei dann direkt zur Inspektion gefahren. "Ich wartete im Auto, bis mich die beiden Polizisten holten." Der Angeklagte zeigte sich wenig einsichtig. Zwar gab er zu, der Geschädigten nachgefahren zu sein. Jedoch habe er sie nicht bedrängt.
In einer vorläufigen Bewertung des Falles hatte der Richter kaum Zweifel, dass der Kern der Geschichte stimmt. Da der Angeklagte 16 Mal vorbestraft sei und die Vorfälle in seine Bewährungszeit fielen, riet ihm Weiß, seine Schuld einzugestehen. Da der Angeklagte dies anders sah, und noch weitere Fragen offen blieben, wird die Verhandlung am Montag 11. November fortgesetzt.













Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.