Tirschenreuth
19.06.2023 - 11:49 Uhr

"Festtag für die Dorferneuerung": Amt für Ländliche Entwicklung seit zehn Jahren in Tirschenreuth

Der Tag der offenen Tür am Amt für Ländliche Entwicklung in Tirschenreuth ist ein Großereignis: Tausende Besucher schauen sich vor Ort um. Und auch viele Mitarbeiter stehen Rede und Antwort.

Damit hatten wohl die Vertreter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) in Tirschenreuth und der benachbarten Polizeiinspektion nicht gerechnet: Sie wurden am Sonntag beim Tag der offenen Tür förmlich überrannt. Tausende wollten einen Blick hinter die Kulissen beider Häuser werfen, allen voran natürlich in das ALE, das seit zehn Jahren in Tirschenreuth beheimatet ist. Hervorragend angenommen wurden auch die verschiedenen Infostände, aber auch die praktischen Vorführungen, wie das Vermessen.

Behördenleiter Kurt Hillinger freute sich in seiner Rede, dass diese Behördenverlagerung aus Regensburg und das Zurechtfinden in Tirschenreuth schneller geklappt habe, als ursprünglich geplant. Das ALE sei der Dienstleister für den ländlichen Raum. „Die Verlegung des Amtes aus der Stadt in den ländlichen Raum war ein absoluter Erfolg", betonte Hillinger.

Landkreis als Vorreiter

Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) sprach von einem "Festtag für die Dorferneuerung in ganz Bayern“. Er verhehlte aber nicht, dass damals auch Fehler gemacht worden seien, die heute wohl nicht mehr passieren würden: „Man hätte von Anfang an anders kommunizieren und mehr auf Freiwilligkeit setzen müssen.“ Denn bei den Behörden gehe es auch um Menschen und um Familien. Nach zehn Jahren sei der Umzug aber ein "Erfolgsprojekt bayerischer Behördenverlagerung". Mit einem Altersschnitt von unter 42 Jahren sei das ALE eine ganz junge Behörde mit hochqualifizierten Fachleuten. Über 70 Prozent der rund 150 Beschäftigten kommen aus der unmittelbaren Region.

Der Landkreis Tirschenreuth sei bei der Verlagerung eine Art Vorreiter gewesen. Das Selbstbewusstsein sei seitdem enorm angestiegen. Der Heimatminister hob auch die Bedeutung der Dorferneuerung heraus. Sie organisiere Menschen, die sich für die eigene Heimat begeisterten. Wichtig sei deshalb, die interkommunale Zusammenarbeit noch weiter auszubauen, anstatt sich gegenseitig zu belauern.

Verlagerung als "Glücksfall"

Bürgermeister Franz Stahl (CSU) ging auf die Geschichte zur Verlagerung nach Tirschenreuth ein, die 2004 mit einem Anruf des ehemaligen Landtagsabgeordneten Herbert Rubenbauer (CSU) begonnen habe. Dieser habe mitgeteilt, dass eine Behördenverlagerung nach Tirschenreuth geplant sei. Es folgten viele Verhandlungen und Nachtgespräche. „Wenn es in München Gespräche gab, waren die meistens nachts“, so der Bürgermeister. Die Verlagerung des ALE sei ein großartiges Ereignis gewesen. Stahl ging sogar noch weiter: „Wenn die Verlagerung nach Tirschenreuth nicht geklappt hätte, hätte es wohl keine weitere Behördenverlagerung mehr gegeben. Wir waren die Brecher.“

Roland Spiller vom Landwirtschaftsministerium stellte fest, dass das ALE "jünger, weiblicher, innovativer und pfiffiger geworden ist". Die Verlagerung sei "ein Glücksfall“. Für die Polizeidirektion Oberpfalz überbrachte Leitender Polizeidirektor Klaus Müller die Glückwünsche. Er betonte die gute Nachbarschaft zwischen dem ALE und der Polizei.

Der Tag stand unter dem Motto „Gemeinsam gestalten“: Anhand vieler Beispiele wurde die gesamte Bandbreite der Ländlichen Entwicklung vorgestellt. Viele Mitarbeiter standen Rede und Antwort. Beispielsweise die 38-jährige Personalratsvorsitzende Stefanie Bernau aus Konnersreuth. Sie ist seit November 2018 beim ALE, früher war sie beim Staatlichen Bauamt in Bayreuth. Sie ist im Bereich Finanzierung und Förderung tätig. "Bei uns herrscht eine tolle und lockere Stimmung. Die Arbeit hier macht mir einfach Spaß“, sagte Bernau auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien. Auch der 26-jährige Felix Griesbach aus Waldthurn, der seit 2012 beim ALE ist, sprach von einer sehr abwechslungsreichen Arbeit. "Man hat sehr viel mit Leuten zu tun.“

"Heimisch geworden"

Der 52-jährige Alois Eisvogel aus Matting bei Regensburg, seit 1989 beim ALE, kann die Verlagerung immer noch nicht ganz nachvollziehen, „aber ich habe mich mittlerweile arrangiert". Dennoch: Es bleibe viel Zeit auf der Strecke, so der Pendler. Frank Langguth, er kam 2011 mit seiner Frau Kirsten aus Coburg nach Tirschenreuth, hat den umgekehrten Weg bestritten. Er ist ein Jahr lang nach Regensburg gependelt. Mittlerweile haben sich beide in Marchaney ein Haus gekauft und wollen aus der Region gar nicht mehr weg: „Hier wird so vieles geboten, auch im kulturellen Bereich. Zudem gibt es ein überragendes Vereinsangebot. Die Menschen sind einfach so herzlich. Wir sind heimisch geworden“, sagte Kirsten Langguth, sie ist die stellvertretende Leiterin des Katholischen Kindergartens in Tirschenreuth.

Auf dem „Marktplatz am Parkplatz“ präsentierten sich die Heimatunternehmer und Kleinstunternehmer, allesamt Kooperations- und Projektpartner des ALE. Ob Walerhof, Stiftlandgriller, die mobile Stiftland-Käserei oder auch Zauberer Marco Knott, der Vielfalt waren keine Grenzen gesetzt. Die "Hulzstoussboum“ aus Waldthurn sorgten für die musikalische Stimmung nicht nur im Zelt, sondern auch auf dem Freigelände. Magische Momente bereitete Zauberer Marco Knott und auch die Hüpfburg sowie das Kinderschminken kamen sehr gut an.

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Tirschenreuth06.06.2023
Hintergrund:

Geschichte der Ämterverlagerung

  • 2004: Ministerrat beschließt, wichtige Behörde in den Norden der Oberpfalz zu verlagern.
  • 2005: Mitarbeiter der Direktion für Ländliche Entwicklung in Regensburg erfahren von Umzugsplänen nach Tirschenreuth.
  • 2008: Bayerischer Oberster Rechnungshof legt Abrücken von Verlagerung wegen hoher Kosten, Belastungen für Pendler und Umwelt nahe; Kreistag Tirschenreuth reagiert mit empörter Resolution.
  • 2009: Proteste der Mitarbeiter halten an; Ministerpräsident Horst Seehofer bekräftigt Umzugsbeschluss.
  • 2011: symbolischer Spatenstich auf dem Bahnhofsareal am 4. Oktober
  • 2013: erster Arbeitstag in Tirschenreuth am 3. Juni, Einweihung am 11. Juli
 
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