Tirschenreuth
19.11.2021 - 13:08 Uhr

Heimatminister Füracker hat ein Faible für alte Handwerkskunst

Seit über 20 Jahren engagiert sich der Arbeitskreis Historisches Handwerk für die Wiederbelebung alter Arbeitstechniken. Dafür erklärte Heimatminister Albert Füracker die Handwerkerscheune zum immateriellen Kulturerbe Bayerns.

Die Bewahrung des traditionelles Fassbinderhandwerks, wie es der Arbeitskreis Historisches Handwerk in Tirschenreuth betreibt, erklärte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker Anfang März diesen Jahres zum immateriellen Kulturerbe. Bei einem Besuch am Donnerstagabend in Tirschenreuth war es ihm ein Anliegen, die Plakette persönlich zu überreichen und nachträglich zur Auszeichnung zu gratulieren. Ein Festakt in der Residenz in München musste wegen Corona immer wieder verschoben, dann gecancelt werden, bedauerte Füracker.

Vor Verschrottung gerettet

Der bevorstehende Abriss der Fassbinderwerkstatt Mickisch im Jahr 1997 war die Geburtsstunde des Arbeitskreises Historisches Handwerk, rekapitulierte Bürgermeister Franz Stahl in seiner Begrüßung. Die Mitglieder bewahrten Einrichtung und Maschinen vor der Verschrottung. Der Arbeitskreis Historisches Handwerk im Oberpfalzverein hat sich die Bewahrung und Vermittlung des Fassbinderhandwerks sowie den Erhalt anderer traditioneller Handwerkstechniken zum Ziel gesetzt. Denn die Tradition soll nicht in Vergessenheit geraten.

2017 zog der Arbeitskreis in die Handwerkerscheune nach Matzersreuth. Mittlerweile ist jeder Zentimeter der 180 Quadratmeter großen Scheune voll mit alten Werkzeugen – vom Wagnereihandwerk, von der Sattlerei, Schusterei, Zimmererhandwerk, Schreinerei bis hin zur Drechslerei. Die Fassbinderei bildet das Herzstück des Schaudepots. Dass diese in das Bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturgutes aufgenommen wurde, hätte noch vor über 20 Jahren, als sich der Arbeitskreis gegründet hat, niemand zu träumen gewagt. „Wir waren alle ganz aus dem Häuschen. Für uns ist das eine große Ehre“, freut sich „Vereinsmotor“ Herbert Konrad. Auch Alexander Zintl, Vorsitzender des Oberpfalzvereins, bedankte sich für die hohe Auszeichnung und Anerkennung für den Arbeitskreis.

Hohes Maß an Initiative

Füracker habe sich die Handwerkerscheune ganz anders vorgestellt, sagt er. „Ein echtes Schmuckstück. Fantastisch, was es alles gibt.“ Der Heimatminister zeigte sich begeistert, dass das Schaudepot nicht nur ein Museum ist, sondern hier vor allem ausprobiert und mitgemacht werden kann. Der Arbeitskreis trage vorbildlich und mit einem hohen Maß an Initiative zur Erhaltung traditioneller Handwerkstechniken bei. Dabei werde Geschichte in einem regionalen Rahmen erfahrbar. Es sei bemerkenswert, mit welcher Freude der Arbeitskreis das Schaudepot betreibe und sowohl Besuchern und auch Schülern dieses Wissen weitergebe. Seit 2003 werde das Immaterielle Kulturerbe vergeben. „Wir wollen der Öffentlichkeit zeigen, was es Tolles zu sehen und zu erleben gibt.“

Er selbst sei ja ein „Landei“ und könne sich sehr für alte Handwerkstechnik begeistern, sagte Füracker. Von Herbert Konrad ließ er sich durch das Schaudepot führen und die Werkzeuge und Maschinen genau erklären. „Das wäre alles verschrottet worden?“ „Ja der Schrotthändler war schon beauftragt“, erzählt Konrad von der Rettung der Mickisch-Einrichtung.

„Ihr habt’s bald keinen Platz mehr“, sagte der Heimatminister erstaunt, als er um die nächste Ecke abbog. „Etz reicht’s bald“, antwortete Konrad. Alle Gerätschaften seien gespendet, nichts zugekauft. Mittlerweile könne man keine Werkzeuge mehr annehmen. „Wir brauchen ja nicht alles doppelt und dreifach.“ Als nächstes Ziel gibt Konrad an, die alte Fassbindertradition zu reaktivieren und im Arbeitskreis eigene Fässer herzustellen. „Viel besser als eine Feier in der Residenz!“, bilanzierte Füracker den Besuch in der Handwerkerscheune. Als Geschenk überreichte Konrad dem Minister ein kleines, in Tirschenreuth hergestelltes Fass.

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Matzersreuth bei Tirschenreuth05.03.2021
Hintergrund:

Immaterielles Kulturerbe

  • Seit 2003 stellt die Unesco kulturelle Ausdrucksformen in den Fokus der Öffentlichkeit.
  • Die Bundesrepublik Deutschland trat dem Unesco-Übereinkommen 2013 bei.
  • Neben dem bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gibt es ein eigenes Bayerisches Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes.
  • Aktuell 56 gelistete Eintragungen im Bayerischen Landesverzeichnis verdeutlichen, wie viele Menschen Traditionen leben.
 
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