"Ihr Kinderlein kommet..." und "Stille Nacht, heilige Nacht..." durfte diesmal nur als Sologesang in der Kirche gehört werden. Mitsingen war niemandem gestattet. Deshalb liefen aber die Messen nicht weniger besinnlich und emotional ab, als zahlreiche Katholiken an diesem etwas anderen Weihnachten zu den Christmetten kamen. Beinahe wollte man meinen, dass die Glocken im Kirchturm zu Tirschenreuth heuer wesentlich lauter gelockt haben zu einer Stunde mit dem lieben Gott während der Christmetten. Denn auch die Daheimgebliebenen sollten Anteil daran nehmen können. Nüchtern gesehen lag das nach außen tragen der Weihnachtsbotschaft an den Lautsprechern, die draußen vor der Pfarrkirche standen und die Messen in der Kreisstadt weit bis in die Stuben der Kreisstadtbewohner bringen sollten.
Denn auch in Tirschenreuth haben sich die Verantwortlichen jede Menge Gedanken im Vorfeld gemacht, wie sie die strengen Coronaregeln einhalten können und die gläubigen Christen dennoch nicht auf die traditionelle Christmette in der Pfarrkirche verzichten müssen. Möglich wurde der gewohnte Kirchgang am Heiligen Abend mit eingeschränkter Sitzplatzzahl, dafür mehr Christmetten von früh bis spät, Voranmeldungen und Lautsprechern, die alle Messen nach Außen transportierten. Kaplan Daniel Lenk hatte die schöne Aufgabe, am Nachmittag zwei Kinderchristmetten zu zelebrieren. Damit die Ankunft des Heilands für die Buben und Mädchen, die mit ihren Eltern um 14 und um 16 Uhr zahlreich in die Christmette kamen, wieder zu einem schönen Erlebnis wurde, hatte sich Corinna Rosnitschek eine schöne Idee einfallen lassen. In der Kreisstadt-Pfarrkirche erlebten die Kinder diesmal nicht die Geburt Jesu als Krippenspiel von Kindern für Kinder. Rosnitschek hatte aber als vollwertigen Ersatz liebevoll ein Schattenspiel erarbeitet, das auf einer großflächigen Leinwand wie ein Theater vorgeführt wurde.
Mit großen Augen bestaunten die Kinder die Geschichte, in der Josef und Maria auf einem Esel nach Bethlehem ritten, aber in der großen Stadt keine Herberge mehr fanden, weil wegen einer Volkszählung jede Unterkunft belegt war. Nicht fehlen durfte der Stern, der wenig später einer Schar von Hirten den Weg zum Stall zeigte. Sie fanden das Christkind wenig später auf Heu und Stroh geboren. Emotionen wurden wach und die Weihnachtsstimmung rührte zu Tränen, als mit romantischer Musik hinterlegt und mit stimmungsvollem Solo-Livegesang dieses Schattenspiel den Kindern auch unter strikter Einhaltung der Coronaregeln die Weihnachtsgeschichte ganz nahe brachte.
Wie gewohnt, nur eben diesmal auf Abstand und mit Mundschutz, bat Kaplan Lenk einige Kinder zu sich vor an den Altar, damit sie die Fürbitten sprechen. Lenk verzichtete wegen der Einschränkungen auf eine lange Predigt. Zum Ausspruch des Engels "Fürchtet euch nicht, denn der Retter ist nahe" meinte Lenk an die Gläubigen gerichtet, dieser Zuspruch tue in der momentanen Situation gut und gebe Hoffnung. Noch einmal konnte das wirklich liebevoll erarbeitete und aufgeführte Schattenspiel in der nächsten Kinderchristmette um 16 Uhr mitverfolgt werden.
Die Abendmette selbst hat Pfarrer Georg Flierl wegen der Ausgangsbeschränkungen ab 21 Uhr auf die frühen Abendstunden um 18 Uhr vorverlegt. In seiner Predigt blieben die Schwierigkeiten und Schrecken der Pandemie, ausgelöst durch das Virus, nicht unbenannt. Flierl bedauerte es sehr, diesmal nicht gemeinsam mit den Gläubigen in der Kirche "Stille Nacht, Heilige Nacht" singen zu dürfen. "Ich habe mir das nicht gewünscht, keiner von uns hat sich das gewünscht", meinte er weiter und nannte dies einen schmerzlichen Verzicht. Aber alles habe immer zwei Seiten. Vielleicht helfe es, dass die Botschaft, die Gott uns im Kind von Bethlehem schickt, deutlicher werden, "dass wir besser hören und klarer sehen in dieser Nacht". Unglaublich viele Dinge seien um das Weihnachtsereignis „herumgebaut“ worden. Für vieles habe er Verständnis, die Rührseligkeit entspringe dem Wunsch, das verlorene Paradies zurückzuholen. Aber könne gesteigerter Konsum wirklich die Weihnachtsfreude bringen? Der Weg zu Weihnachten müsse anders gesucht werden. "Im Kind von Betlehem hat sich der Himmel geöffnet und seinen Fußabdruck in unserer Welt hinterlassen. In diese Spuren gilt es einzutreten." Dass Jesus ausgesperrt worden sei auf der Herbergssuche sei auch eine Art Lockdown oder Shutdown. Er habe die Türen wieder geöffnet zum Paradies. Von Bethlehem gehe ein Licht aus, das viele nicht mehr sehen. Konsum und Kommerz werde aber das Dunkel nicht erhellen, die Herzen seien blind geworden für dieses Licht. Da und dort habe es seinen Preis, die Hand Gottes loszulassen. An jeden einzelnen liege es, die Botschaft an den Retter zu glauben, sie ins eigene Herz einzulassen und so seinem Leben die entsprechende Richtung zu geben, sagte Pfarrer Flierl abschließend.
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