Opfer mit Schlagstock verprügelt: Wer war der Clown?

Tirschenreuth
15.02.2023 - 15:03 Uhr
OnetzPlus

Der Angeklagte ist nicht der Täter, aber er weiß, wer als Clown maskiert auf den Geschädigten eingeschlagen hatte. Vor dem Schöffengericht Tirschenreuth warten mehrere Jahre Gefängnis auf den 40-Jährigen, bis er sich entscheidet zu reden.

Ein Mann ist mit einem Schlagstock attackiert worden. Sein Gesicht hatte der Angreifer hinter einer Clownsmaske verborgen. Der Angeklagte vor dem Schöffengericht war nicht der Täter. Er wusste aber, wer es war.

Es ist ein skurriler Fall, der vor dem Schöffengericht in Tirschenreuth verhandelt wurde. Es ging um Körperverletzung. Der 40-Jährige auf der Anklagebank wollte im September 2021 das Opfer mit zwei weiteren Männern in einer Stadt im Landkreis Tirschenreuth zur Rede stellen, unter dem Vorwand, mit ihm eine Party zu feiern. Vor der Wohnung der Ex-Freundin des Geschädigten kam es laut Anklageschrift von Staatsanwalt Andreas Falk zunächst zu einem Gerangel. Einer der Begleiter des Angeklagten trug eine Clownsmaske und schlug mit einer Stange auf den Schädel des Opfers ein.

Der verletzte Mann floh in die Küche seiner damaligen Lebensgefährtin und versperrte die Tür. Von außen wurde gegen das Glas der Küchentür geschlagen, bis dieses zerbrach. Das Opfer, ein 39-jähriger Iraner, musste mit einer mittelschweren Verletzung ins Krankenhaus. „Die ganze Bude war voll Blut“, sagte der Geschädigte als Zeuge aus. Richter Markus Fillinger wollte von ihm wissen, wie sich der Abend zugetragen hat.

Beteiligte kennen sich

Dabei kam heraus, dass sich Angeklagter und Opfer kannten, da dessen Ex-Freundin die Nachbarin des Angeklagten und dessen Lebensgefährtin war und im gleichen Haus wohnte. „Seine Frau war die Freundin von meiner Ex. Davor waren wir ganz normale Leute. Ich weiß nicht, warum das passiert ist“, so der Geschädigte. Der Angeklagte soll zunächst bei ihm angerufen und gefragt haben, ob er zu einem Drogeriemarkt komme. „Er wollte was trinken. Ich sagte, ich will nicht.“

Wenige Minuten später soll es an der Wohnungstür der Ex-Freundin des Opfers geklopft haben. Als er die Tür öffnete, habe zunächst nur der Angeklagte davorgestanden. „Er wollte, dass ich nach unten in seine Wohnung komme. Wieder habe ich ,Nein‘ gesagt.“ Er habe die Tür wieder schließen wollen, als zwei weitere Männer auftauchten. „Eine Person mit Maske. Das war ein Schock. Und dann, ohne ,Hallo‘, hat er mich einfach geschlagen mit einem Schlagstock.“

Der Richter fragte: „Wo hat er hingeschlagen?“ Der Zeuge zeigt auf eine Narbe auf seinem glattrasierten Kopf. Der Richter verlas aus dem Whatsapp-Verlauf des Angeklagten an seine Freundin zum Tatzeitpunkt. In den Nachrichten wird darauf angespielt, dass der Geschädigte angeblich seine Ex-Freundin vergewaltigt habe. „Können Sie damit was anfangen?“, fragte Fillinger den Zeugen. „Nein. Meine Freundin hat geweint. Er hat gesagt, er macht Gulasch aus meiner Ex-Freundin.“

Drei Tage im Krankenhaus

Drei Tage sei er nach dem Vorfall im Krankenhaus gewesen, die Wunde wurde genäht. Er habe viel Blut verloren, unter Kopfschmerzen und Stress gelitten. Nachdem das Opfer aus dem Zeugenstand trat, sprach der Richter zum Angeklagten ernste Worte: „Es gibt ärztliche Atteste, Aussagen der Ex-Freundin, dass Sie in der Dreiergruppe dabei waren.“ Für den Angeklagten könne das mehrere Jahre Haft bedeuten. „Es ist Ihre Entscheidung, Licht ins Dunkel zu bringen“, so Fillinger.

Unglaubwürdige Aussagen

Nach einer Unterbrechung und Rücksprache mit Verteidiger Rouven Colbatz entschloss sich der Angeklagte, das zu tun, will jedoch die Namen seiner Begleiter aus Angst nicht nennen. „Wenn ich das mache, brauche ich einen neuen Wohnort“, sagte er. Der Angeklagte berichtete vom Vorabend. Er habe mit seiner Lebensgefährtin, dem Geschädigten und seiner Ex-Freundin gefeiert. Der Geschädigte habe nach Crystal gefragt, das ihm der Angeklagte nicht geben wollte. „Dann hat er mich angegriffen.“

Am nächsten Tag habe der Angeklagte das mit dem Geschädigten bereinigen wollen, was dieser aber nicht wollte. Er habe am Tattag einen Kumpel besucht, dort habe er die beiden Männer kennengelernt. Einer von ihnen habe erzählt, dass der Geschädigte seine Ex-Freundin vergewaltigt habe. „Alles andere war ich nicht. Ich habe nichts gemacht“, behauptete der 40-Jährige.

Der Richter erhob seine Stimme: „Verarschen Sie uns nicht!“ Fillinger verlas weitere Whatsapp-Nachrichten, darin bezeichnete der Angeklagte die beiden unbekannten Begleiter als seinen „Rücken“ oder „Schatten“. Er erklärte ihm, dass seine Angaben unglaubwürdig sind. „Wenn ich die Namen nenne, garantieren Sie mir ein ruhiges Leben?“, fragte der Angeklagte den Richter. „Das ist nicht meine Aufgabe“, sagte Fillinger.

Der Verteidiger machte dem 40-Jährigen klar: „Es geht hier um ihre Rolle in der Geschichte. Das soll nachvollziehbar erläutert werden.“

Handys werden beschlagnahmt

Nach einer erneuten Unterbrechung versucht der Verteidiger, die Geschichte des Angeklagten erneut zu erzählen. Angeblich will der 40-Jährige die beiden unbekannten Personen erst bei dem Treffen bei seinem Kumpel am Tattag kennengelernt haben. „Man hat dort etwas konsumiert. Dann kam man auf die glorreiche Idee, dass man das Opfer besuchen könnte, um ihn den Arsch zu blasen“, so der Verteidiger. Nachdem der Versuch misslang, das Opfer zu einem Drogeriemarkt zu locken, sei der Angeklagte voraus zu der Wohnung der Ex-Freundin gegangen, die zwei unbekannten Begleiter in etwas Abstand hinterher.

Der Angeklagte habe von dem Schlagstock nichts gewusst und ihm sei es „um eine Abrechnung im kleineren Maße“ gegangen. „Alles was Sie sagen, ist Bullshit“, konterte der Richter. „So was macht man nicht aus Jux und Tollerei.“ Er bestand darauf, dass der Angeklagte Namen nennt und machte klar: „Sie sind noch nicht länger gesessen, das kann jetzt passieren.“ Der Angeklagte entschied sich dafür, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und nannte die Namen der beiden Begleiter und des Kumpels, bei dem er sie getroffen hatte.

Der Richter setzte daraufhin die Verhandlung aus, Staatsanwalt Andreas Falk beauftragte die Polizei mit der Konfiszierung der Mobiltelefone der besagten Personen. Nach Auswertung der Daten soll die Verhandlung fortgesetzt werden.

 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.