Tirschenreuth
07.01.2020 - 15:13 Uhr

Auf schwimmende Windräder setzen

Seit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 beschäftigt sich Konrad Schedl intensiv mit der Energiewende. Für den Tirschenreuther besitzen vor allem schwimmende Windräder ein sehr großes Potenzial.

Konrad Schedl plädiert dafür, bei der erneuerbaren Energie auch vermehrt auf schwimmende Windräder zu setzen. Vor ihm liegt das Gebrauchsmuster für „Auftriebskörper für schwimmende und halbschwimmende Windparks“, das er 2001 eingereicht hat. Bild: rti
Konrad Schedl plädiert dafür, bei der erneuerbaren Energie auch vermehrt auf schwimmende Windräder zu setzen. Vor ihm liegt das Gebrauchsmuster für „Auftriebskörper für schwimmende und halbschwimmende Windparks“, das er 2001 eingereicht hat.

"Für mich geht es darum, wie Europa die Energiewende erreichen kann", sagt der ehemalige Kreisvorsitzende der Grünen im Gespräch mit dem "Neuen Tag". Die Idee von schwimmenden Windparks könnte dabei helfen. Aber selbst in den Fachmedien sei dieses spezielle Thema lange Zeit unterbelichtet gewesen.

Offshore-Windparks seien vor den Küsten Nordeuropas natürlich längst keine Seltenheit mehr und würden von der Bevölkerung eher akzeptiert. Doch diese Windräder sind mit massiven Fundamenten am Meeresboden verankert. Laut Schedl würde diese Technik, auch wegen Kostengründen, bei einer Wassertiefe von rund 50 Metern an ihre Grenzen stoßen.

Schwimmende Windräder hingegen würden viel größere Möglichkeiten eröffnen, da es keine Tiefenbeschränkung gebe. Die Anlagen seien nur mit Anker am Boden fixiert, blieben aber flexibel und würden sich mit der Windrichtung drehen. Für sie sei eine Wassertiefe von mindestens 30 bis 40 Metern nötig. "Damit man eine gewisse Balance hat und sich die Kräfte austarieren können." Damit gebe es einen großen Vorteil dieser Technik: Während die Nordsee und auch die Ostsee große Flächen mit Flachwasserzonen haben, haben andere Meere in Europa steil abfallende Küsten, wo nur schwimmende Windparks realisierbar sind.

Windpark-Farm vor Schottland

In den vergangenen Jahren wurden weltweit einige Prototypen realisiert. Zudem gibt es vor Schottland und Portugal zwei schwimmende Windparks. Schedl selber hatte schon 2001 für diese spezielle Technik ein Gebrauchsmuster, eine Art kleines Patent, unter dem Titel "Auftriebskörper für schwimmende und halbschwimmende Windparks" angemeldet. Ein Gebrauchsmuster wird ungeprüft eingetragen und ist rein auf den Geltungsbereich Deutschland begrenzt. Gebrauchsmusterschutz gibt es zunächst für drei Jahre. Er kann auf höchstens zehn Jahre verlängert werden.

"Dieses 1:6-Modell hätten wir schon viele Jahre haben können", ist sich der 58-Jährige, der für die Grünen auch im Stadtrat Tirschenreuth sitzt, sicher. Seine Variante sei im Gegensatz zu den bisherigen nicht starr, sondern dynamisch. Ein Vorteil: Zur Generalüberholung könnten die Anlagen zurück zum Hafen gebracht werden. "Das ist aber natürlich alles eine Kostenfrage." Wobei er betont, dass es auch für schwimmende Windräder eine wirtschaftliche Lösung geben könne. Diese ist seiner Meinung ab einer Zehn-Megawatt-Anlage gegeben. "Mein Gebrauchsmuster wurde zwar noch nicht im Detail realisiert, aber es gibt Projekte, die in diese Richtung weisen." Dabei verweist er auf "Hywind", eine schwimmende Windpark-Farm, die 25 Kilometer von der schottischen Küste entfernt liegt. Sie hat eine Kapazität von 30 Megawatt, sechs Megawatt je Windrad.

Seit 1993 Bürgerwindrad

Allerdings mache die Offshorewindkraft nur Sinn, wenn es entsprechende Netze gebe. Dabei würden Netzknoten durch die nordische und europäische Wasserkraft abgesichert. Nach Auskunft von Schedl werden derzeit rund 20 000 Megawatt (MW) an Windkraft im Meer realisiert. Nach seiner Ansicht müsste das Ziel für ganz Europa bei 700 000 bis 900 000 MW liegen. Als weitere erneuerbare Energieform schätze er Photovoltaik hoch ein. Denn in den Sommermonaten sei diese ein großer Ausgleich für den schwächeren Wind.

Ein weiterer Ansatz, für den sich der Tirschenreuther begeistert, ist, die großen Offshore-Windparks mittels Leitungen in Flüssen und Strömen virtuell zu verlagern, indem die Umrichterstationen weit ins Binnenland verlegt werden.

Dass Schedl es mit seinen Anliegen ernst meint, zeigt nicht nur sein Gebrauchsmuster. Denn er ist auch Gesellschafter bei einem der ersten Bürger-Windräder Bayerns. Seit 1993 dreht sich bei Ödwaldhausen, einer kleinen Streusiedlung in der Gemeinde Bärnau, die Anlage. Ein Gruppe von rund 25 Personen habe damals den kleinen Zweiflügler (Nabenhöhe 30 Meter, Rotordurchmesser 18 Meter) errichtet. Und das Windrad dreht sich nach 27 Jahren immer noch.

Mit Blick auf die Energiewende sei in den vergangenen Jahren in Deutschland viel passiert. "Das war nicht zwingend erwartbar. Das was wir bisher erreicht haben, muss man anerkennen", betont Schedl. Es gebe aber noch viel Potenzial . Und dies müsse man in die Öffentlichkeit tragen. Er sehe sich daher in diesem Bereich als Influencer.

 
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