Viele von den Jüngeren können sich auch vorstellen, am Sonntag zu arbeiten. Zum einen wegen der Sonntagszuschläge, zum anderen, um dann zusammenhängend mehr Freizeit zu haben. Ein weiterer Grund: Die christliche Einstellung bei jungen Leuten schwindet. Dies wird auch bei sonntäglichen Gottesdienstbesuchen deutlich. "Wenn Gott aus den Augen entschwindet, sind wir auf dem falschen Dampfer", sagte Stadtpfarrer und Regionaldekan Georg Flierl bei der Podiumsdiskussion der Kolpingsfamilie Tirschenreuth, die dazu ins Pfarrzentrum eingeladen hatte. Die Diskussionsleitung hatte Richard Wittmann, Leiter der Betriebsseelsorge im Bistum Regensburg. Mit am Podium saßen neben dem Stadtpfarrer der Unternehmer Paulus Mehler, die Geschäftsfrau Doris Rösch, Sport- und Jugendbeauftragter Huberth Rosner und der Betriebsratsvorsitzende der Hamm AG, Günther Fiedler.
Grundrecht der Gesellschaft
Wittmann wies darauf hin, dass in Bayern mitterweile 16 Prozent der Beschäftigten regelmäßig und40 Prozent der Beschäftigten gelegentlich am Sonntag arbeiteten. Diese seien nicht nur als Polizisten oder im Rettungsdienst tätig, sondern es seien auch Jobs, die nicht unbedingt an einem Sonntag erledigt werden müssten. Die Gründe, warum die Sonntagsarbeit so stark zugenommen hätten, seien vor allem in der Industrie, den Autowaschanlagen, aber auch im Handwerk, etwa bei den Bäckereien zu suchen. Vor allem in Ostdeutschland, erklärte Wittmann, gebe es sogar gezielte Rechtsbrüche, wo Geschäfte auch am Sonntag offen haben, wie beispielsweise bei der Fußballweltmeisterschaft. Zudem ist der Ladenschluss seit 2006 Ländersache. Für Wittmann ist klar: "Der Sonntagsschutz ist ein Grundrecht der gesamten Gesellschaft."
In der Gesprächsrunde sagte Doris Rösch, dass sie persönlich keinen verkaufsoffenen Sonntag brauche. Wichtiger als diese Sonntage sei doch vielmehr der persönliche Service, der sich auch vom Internet abhebe. Hamm-Betriebsratsvorsitzender Günther Fiedler berichtete, dass die Sonntagsarbeit auch in der Industrie ein kontroverses Thema sei. Mit dem Schichtdienst habe man Systeme entwickelt, die auch den Sonntag betreffen. In der Region kenne er jedoch nur zwei Industrieunternehmen aus Mitterteich, die am Sonntag arbeiteten. Bei Hamm werde in der Produktion nur bis Samstag gearbeitet.
Paulus Mehler, Geschäftsführer der Tuchfabrik Mehler, stellte klipp und klar fest: "Bei uns wird am Sonntag nicht gearbeitet." Außer eine Maschine sei kaputt, die dringend wieder laufen müsse. "Dann kann es schon mal sein, dass der eine oder andere auch am Sonntag arbeitet." Mehler verhehlte nicht, dass genügend Arbeit da wäre, um auch am Sonntag zu arbeiten - was für das Unternehmen auch effizienter und kostengünstiger sei. Dennoch: "Konkurrenzfähigkeit kann nicht nur am Sonntag hängen." Er hat den Eindruck, dass bei vielen Menschen ein Sonntag ohne Arbeit nicht mehr zeitgemäß sei, vor allem bei den Jüngeren. Der Geschäftsführer findet es eminet wichtig, einen Tag in der Woche für Familie zu haben.
Sport und Religion
Stadtpfarrer Georg Flierl betonte, dass die Kirche den Sonntagsschutz brauche. "Die Leute sollen ja am Sonntag in die Kirche kommen". Flierl bezeichnete den Versuch einer Einführung der Sonntagsarbeit gar als eine neue Art der Sklaverei. Er betonte, dass die "Sonntagsrituale" so wie früher abhanden gekommen seien. Der frühere Pfarrgemeinderat Reinhard Legat, als Zuhörer anwesend, verwies darauf, dass der Gottesdienstbesuch immer schlechter werde. "Wir brauchen nicht nur Gottesdienste, sondern auch Begegnungen", fordert er eine Neuausrichtung. Zu Sport am Sonntagvormittag, merkte Huberth Rosner an, dass viele Vereine große Probleme hätten, alle Termine unter einen Hut zu bekommen, deshalb gäbe es auch am Sonntagvormittag Sportveranstaltungen, sei es im Fußball oder auch im Turnen oder Schwimmen. Rosner verwies darauf, dass dies alles von ehrenamtlichen Trainern und Betreuern, die ihre Freizeit opferten, geleistet werde. "Der Mensch braucht einen Tag, wo er Ruhe findet", sagt der Berufssoldat.
Olga Luft, ebenfalls Zuhörerin, stellte fest, dass der Sport die Religion am Sonntag oftmals ersetzt habe. Der langjährige Jugendtrainer Manfred Kinle ließ dies jedoch nicht auf sich sitzen: "Der Sport macht die Kirche nicht kaputt." Das abschließende Resümee von Richard Wittmann lautete: "Wir müssen den Sonntag als den gemeinsamen freien Tag erhalten, dazu müssen wir alles tun, nicht nur die Christen."
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.