Totes Baby in Tirschenreuth: Mutter muss sich vor Gericht verantworten

Tirschenreuth
31.07.2020 - 16:58 Uhr
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Im Februar wurde ein totes Baby in einer Wohnung in Tirschenreuth gefunden. Das drei Monate alte Mädchen war verhungert und verdurstet. Die Mutter muss sich nun vor Gericht verantworten. Allerdings in einem besonderen Verfahren.

Im Februar dieses Jahres verhungerte und verdurstete ein Baby in einer Tirschenreuther Wohnung. Die Mutter soll in einem "Zustand der Schuldunfähigkeit" gewesen sein, so Matthias Bauer, Pressesprecher des Landgerichts Weiden.

Nach einem Notruf wurde am 26. Februar dieses Jahres in einer Wohnung in Tirschenreuth der unterernährte Leichnam eines drei Monate alten Babys gefunden. Seither ermittelten die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft Weiden gegen die 25-jährige Mutter, eine spanische Staatsangehörige, die aus Guinea stammt. Der Tatvorwurf lautet Totschlag durch Unterlassen, wie Matthias Bauer, Pressesprecher des Landgerichts Weiden, auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien sagt. Die Geschehnisse vor fünf Monaten weckten Erinnerungen an einen weiteren tragischen Fall vor zehn Jahren, als die zweijährige Lea in Tirschenreuth starb.

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Doch was geschah am 26. Februar dieses Jahres? Damals, gegen 11.30 Uhr, wählte eine Frau aus München, eine Bekannte der 25-Jährigen, den Notruf. Die junge Mutter hätte sich bei ihr gemeldet und ihr von dem toten Mädchen erzählt. Rettungskräfte und die Polizei fanden daraufhin den unterernährten und dehydrierten Leichnam des Kindes. Und nahmen noch am selben Tag die Mutter fest. Der Vater des Kindes hatte sich damals seit kurzem im Ausland aufgehalten.

Es geht nicht um eine Bestrafung der Beschuldigten wegen ihrer vermeintlichen Schuldunfähigkeit, sondern um eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Matthias Bauer, Pressesprecher des Landgerichts Weiden

Matthias Bauer, Pressesprecher des Landgerichts Weiden

Es werde keinen "normalen" Strafprozess geben gegen die Beschuldigte, sondern ein Sicherungsverfahren (Hintergrund), sagt Pressesprecher Bauer. Dafür habe die Staatsanwaltschaft eine sogenannte Antragsschrift zur großen Strafkammer des Schwurgerichts im Landgericht Weiden erhoben. Das Sicherungsverfahren sei mittlerweile eröffnet.

"Es geht nicht um eine Bestrafung der Beschuldigten wegen ihrer vermeintlichen Schuldunfähigkeit, sondern um eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus", erklärt Bauer. Die Frau sei psychisch krank, auch die Tat solle sie in einem "Zustand der Schuldunfähigkeit" begangen haben. Aktuell ist sie in einem Bezirkskrankenhaus untergebracht, so Bauer.

In den nächsten Tagen wolle das Landgericht die Termine für die öffentliche Verhandlung bekannt geben. Die Frau werde am Prozess teilnehmen.

Hintergrund:

Was ist ein Sicherungsverfahren?

Bei Prozessen unterscheidet man zwischen "normalen" Prozessen und einem Sicherungsverfahren, sagt Pressesprecher Matthias Bauer vom Landgericht Weiden. Beim Sicherungsverfahren gibt es Folgendes zu beachten:

  • Schuldfähigkeit: Knackpunkt sei, ob eine Person überhaupt schuldfähig sei. "Eine Strafe kann nur bei Schuldfähigkeit ausgesprochen werden", sagt Bauer. Habe eine Person allerdings beispielsweise eine lang andauernde psychische Erkrankung, so könne keine Schuldfähigkeit vorliegen. Die Staatsanwaltschaft leitet ein Sicherungsverfahren ein, wenn ein Mensch nicht schuldfähig war, als er oder sie eine Tat begangen hat.
  • Formalitäten: In einem Sicherungsverfahren wird keine Anklage von der Staatsanwaltschaft erhoben, sondern eine sogenannte Antragsschrift.
  • Ziel: In Sicherungsverfahren gehe es primär nicht um eine Bestrafung, sondern um eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Paragraf 63 Strafgesetzbuch. Es muss ein psychiatrischer Gutachter gehört werden und der Beschuldigte muss einen Verteidiger haben. Es endet mit einem Urteil.
 
 

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