Wirte zwischen Tatendrang und Ratlosigkeit

Tirschenreuth
17.05.2020 - 12:33 Uhr
OnetzPlus

Nach wochenlangem Stillstand dürfen Gastronomiebetriebe ab Montag ihre Außenbereiche für Gäste öffnen. Doch wegen der strengen Auflagen herrscht bei den Wirten im Landkreis noch Zurückhaltung.

Alfred Ulrich, Besitzer des Gasthofes "Zum Tillenblick", öffnet am Montag seinen Biergarten in Bad Neualbenreuth.

Die Meinungen sind geteilt bei den Wirten im Landkreis. Auf der einen Seite herrscht Tatendrang, auf der anderen Ratlosigkeit. Und das, obwohl die Zeichen eigentlich gut stehen: Um die 20 Grad soll es warm werden, also optimales Wetter für den Biergarten- oder Terrassenbetrieb.

Laura Ströll, stellvertretende Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), leitet das Hotel "Zum Hackelstein" in Fuchsmühl. Sie sieht die Öffnungserlaubnis kritisch: "Mir kommt es so vor, als sei der Druck auf München zu groß geworden." In ihren Augen sei das Ganze übereilt, die Hygieneregeln nicht realistisch für den Alltag in Gaststätten. "Wie soll eine Bedienung eineinhalb Meter Abstand halten, wenn sie das Essen serviert?" Vor wenigen Tagen seien die Auflagen von der Berufsgenossenschaft zugesandt worden - viel zu kurzfristig, wie sie meint. "Wir sind ein kleiner Familienbetrieb", so Ströll. "Die Kinder sind immer im Wirtshaus herumgelaufen." Das gehe mit den Auflagen nicht mehr. Also werden der Außenbereich und das Restaurant weiter geschlossen bleiben. Man werde aber weiterhin einen Abholservice anbieten, "der wird sehr gut angenommen".

Auflagen nicht umsetzbar

"Wir machen noch nicht auf", sagt auch Maria Gleißner vom "Hammerer-Zoigl" in Tirschenreuth. Lediglich heute, am 18. Mai, sei der Biergarten für einen Tag geöffnet. Erst vor zwei Jahren hat ihr Sohn die Wirtschaft eröffnet, in der die ganze Familie mit anpackt. Die Auflagen seien zu hoch und nicht umsetzbar für die Tirschenreuther Stube, so Gleißner. Vermutlich werde man die Gaststätte erst wieder im Juli öffnen, bis dahin würden die Beschränkungen womöglich weiter gelockert. "Es lohnt sich sonst einfach nicht für uns." Die Zoiglkultur lebe vom gemeinsamen Beisammensein, davon, dass sich Gäste zueinander setzen, selbst wenn sie sich nicht kennen. "Mit den ganzen Auflagen ist das nicht möglich."

Elisabeth Oppl vom Oppl-Zoigl in Mitterteich sagt, dass die Coronakrise ihre Wirtschaft "ganz schön getroffen" habe. Leute von außerhalb hätten Mitterteich einige Zeit lang gemieden, mittlerweile kämen sie wieder zum Fassverkauf. Trotzdem werde der Außenbereich der Zoiglstube weiter geschlossen bleiben. "Es ist zu umständlich mit dem Mundschutz und den Hygienevorschriften." Auf den Bierbänken dürften maximal drei Personen sitzen oder nur Familienangehörige. Zwar sei der Platz da, "aber das passt nicht zur Zoiglkultur". Denn die Leute wollten sich unterhalten und die Geselligkeit genießen. Auch im Juni, wenn der nächste offizielle Ausschank beginnen sollte, werde die Zoiglstube geschlossen bleiben.

Nicht unterkriegen lässt sich dagegen Alfred Ulrich vom Gasthof "Zum Tillenblick" in Bad Neualbenreuth. "Wir werden am Montag nach bestem Wissen und Gewissen öffnen." Er wolle es einfach mal testen. "Zumachen kann man immer." Fast 60 Tage sei sein Gasthof nun geschlossen gewesen, allerdings hat er einen Abholservice eingerichtet. "Aber es muss ja wieder losgehen." Vor allem, weil momentan Hauptsaison sei. Die insgesamt acht Seiten lange Anweisungsliste zu den Auflagen könne er befolgen, seinen Gasthof habe er mit genügend Desinfektionsmittel ausgestattet, die Bedienung werde Mundschutz tragen. Tische mit ausreichend Abstand habe er schon aufgestellt.

Das passt nicht zur Zoiglkultur.

Elisabeth Oppl zu den Auflagen für Gastronomiebetriebe

Allerdings weiß Ulrich von vielen Kollegen, dass sie noch nicht öffnen werden. "Aber man darf den Kopf nicht in den Sand stecken." Er stehe in enger Verbindung mit der Dehoga, frage im Zweifel auch ganz genau nach, um sicherzugehen. "Für mich ist das jetzt ein Pilotprojekt", sagt Ulrich und lacht.

Ebenfalls öffnen wird der Gasthof Prinzregent Luitpold in Waldsassen - allerdings erst am Mittwoch, denn Montag und Dienstag sind Ruhetage. "Wir probieren es einfach mal", sagt Inhaberin Eva-Maria Urbanek. Vieles sei noch unklar - ob überhaupt das Wetter am Mittwoch mitspielt und ob die Gäste trotz Corona-Sorge kommen.

Die Regelungen könne sie umsetzen: Im Biergarten werde nur noch die Hälfte der Tische stehen, das Personal werde Mundschutz tragen, Desinfektionsmittel sei genügend vorhanden. Außerdem werde, wie vorgeschrieben, das Personal Namen und Verweildauer der Gäste notieren, damit im Fall der Fälle Infektionsketten nachverfolgt werden können. Wegwerfgeschirr werde es aber keines geben, Eva-Maria Urbanek setzt auf ihre "heiße Spülmaschine". Aus Hygienegründen werde der Gasthof aber auf Tischdecken verzichten. Urbanek ergänzt lachend: "Ich bin sehr gespannt, wie das dann aussieht."

"Ein Pilotprojekt"

Tirschenreuth15.04.2020
Nachgefragt:

Landratsamt: "Wissen noch gar nichts"

Ratlosigkeit herrscht nicht nur bei vielen Wirten, sondern auch am Landratsamt Tirschenreuth. Das Ordnungsamt könne mangels Informationen noch nichts zu den genauen Regelungen sagen und verweist auf die Pressestelle der Behörde. "Wir wissen noch gar nichts", teilt Pressesprecher Walter Brucker auf die Frage nach den genauen Vorschriften mit. (vlu)

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Kemnath05.05.2020
 
 

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