"Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit neu denken", so lautete das Thema des Fachvortrages von Professor Dr. Stephan Gronwald beim ersten Unternehmerabend in Ursensollen, zu dem Bürgermeister Albert Geitner die Gewerbetreibenden aus der Gemeinde ins Kubus eingeladen hatte. Diese Veranstaltung sei als Wertschätzung und Dank für die tägliche Arbeit gedacht, die maßgeblich sei für den wirtschaftlichen Erfolg in der Gemeinde, betonte Geitner.
Den Einstieg in den Abend gestalteten Dr. Matthias Segerer von der Industrie- und Handelskammer und Josef Vogl von der Handwerkskammer. Sie stellten fest: "Die wirtschaftspolitische Verunsicherung in Deutschland ist so groß wie nie und die höchste in ganz Europa." Dies sei sowohl der außenpolitischen Situation geschuldet, aber auch der Energiekrise und dem Fachkräftemangel. Ein positives Fazit gab es allerdings trotzdem. „Die aktuelle Geschäftslage ist weitaus besser als das Gefühl“, attestierte Segerer.
Karl-Heinz Brandelik, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Amberg mbH, gab einen Überblick über den Wirtschaftsraum Amberg. Da man an der globalen politischen Situation nichts ändern könne, hätten sich die Stadt Amberg und die umliegenden Gemeinden zusammengeschlossen, um die Region gemeinsam weiterzuentwickeln. Seit 2018 gibt es hierfür eine Interkommunale Zweckvereinbarung als formelle Struktur, die zeige, dass es sich dabei nicht nur eine „lose Kaffeerunde“ handle. Für 2024 sei die Vorstellung eines gemeinsam erarbeiteten Masterplans geplant.
Bürgermeister Geitner informierte über die Unterstützungsmöglichkeiten vonseiten der Kommune. Die Jobbörse auf der Gemeinde-Homepage, die Ausbildungstage, die positive Bilanz bei regenerativer elektrischer Energie im Gemeindegebiet sowie die Verfügbarkeit sowohl von Gewerbe- als auch von Wohnflächen und Kinderbetreuungsplätzen seien ein Beitrag, die Gemeinde Ursensollen als Unternehmensstandort attraktiv zu machen.
Professor Stephan Gronwald von der TU Deggendorf fesselte die Besucher mit seinem Vortrag zum Thema „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit neu denken“. Sein Anliegen war es, ein Umdenken in den Köpfen der Unternehmer zu erreichen, sich von starren Modellen zu lösen und das individuelle Eingehen auf jeden einzelnen Mitarbeiter zu forcieren. „Glück und Zuversicht sind die Grundlagen für den Erfolg, nicht umgekehrt“, betonte Gronwald. Der im Bereich der Hirnforschung tätige Dozent zeigte auf, dass immer mehr Krankschreibungen wegen psychischer Probleme ausgestellt werden. Die wenigsten gesunden Lebensjahre habe man in Deutschland. Dabei stünden die meisten chronischen Erkrankungen in Zusammenhang mit Stress.
Eine große Herausforderung für Unternehmer sei es, die Emotionen der Mitarbeiter zu erkennen und zu verstehen. "Nicht alles ist immer Ärger. Manchmal handelt es sich auch um Traurigkeit, Scham, Angst“, erklärte der Professor. Dabei seien die Emotionen aber erst das Resultat aus befriedigten oder eben auch unbefriedigten Grundbedürfnissen. Hier müsse man ansetzen, denn positive Gefühle setzten im Körper Hormone wie Dopamin und Oxytocin frei und machten den Mitarbeiter kreativ und leistungsfähig. "Negative Emotionen begünstigen die Ausschüttung von Cortisol, was Unproduktivität, Krankheit und Fehler nach sich zieht", erklärte er. Man müsse die Mitarbeiter kennenlernen und hinterfragen: "Was kann derjenige, was will derjenige?“
Die Generation der 55- bis 64-Jährigen und deren Erfahrungs- und Wissensschatz müsse man halten und Modelle anpassen, die dem Alter entsprechen, appellierte der Dozent. Die junge Generation zwischen 15 und 24 Jahren jedoch müsse man versuchen zu verstehen. „Die wollen uns nicht verstehen, das können Sie vergessen. Also muss es umgekehrt passieren“, sagte er. Teamarbeit auf Vertrauensbasis, Motivation durch Entfaltungsmöglichkeiten, aber auch die soziale Integration sah Gronwald als wichtige Instrumente an, um Zufriedenheit am Arbeitsplatz zu schaffen.
Bewusste Pausen mit Stille, am Besten in Verbindung mit der Natur, seien genauso wichtig wie ausreichend Schlaf. Schlafmangel habe ähnliche Symptome wie Alzheimer und beeinflusse die Leistungsfähigkeit ähnlich wie Alkohol. Abschließend appellierte der Vortragende, starre Modelle aufzubrechen: „Wer sagt das, dass jeder Mensch 40 Stunden in der Woche arbeiten kann? Wer hat sich diese Zahl ausgedacht? Es kann ja schließlich auch nicht jeder die 100 Meter in 10 Sekunden laufen.“
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