Für die Zusammenstellung der Gästeliste musste Burgklassik-Initiatorin und Pianistin Cornelia Glassl ihren Blick gar nicht in die Ferne schweifen lassen: Hornist Joachim Pfannschmidt stammt wie sie selbst aus Vilseck und auch Klarinettist und Saxofonist Norbert Nagel wurde hier geboren. Schlagzeuger Gerwin Eisenhauer hat seine Wurzeln in Weiden. Die Violinistinnen Anna Godelmann und Anna-Sophia Kraus teilten sich in Amberg denselben Geigen-Lehrer, Violinistin Christine Christianus erlernte ihr musikalisches Handwerk, wie Glassl und Pfannschmidt auch, an der Städtischen Sing- und Musikschule Sulzbach-Rosenberg (SMS).
Insofern liegt es auch nahe, dass das Vilsecker Gastspiel für die beiden Burgklassik-Novizen Nagel und Pfannschmidt kein Auftritt wie jeder andere ist: Norbert Nagel bestätigt schon vorab am Telefon Gänsehaut. Er schätzt es, wenn das Publikum sehr nahe ist – „und dann kenn ich auch noch die Menschen!“. Das sei schon sehr emotional. Joachim Pfannschmidt kann da noch einen drauf setzen: „2007 habe ich meine Frau in dem Raum der Burg Dagestein geheiratet, in dem jetzt das Konzert stattfinden wird“.
Grenzen der klassischen Musik ausloten
Cornelia Glassl wiederum kennt diese Heimspiel-Atmosphäre schon von den Vorauflagen. Ihre Vorfreude ist dennoch riesig, vor allem vor dem Hintergrund, dass es nach der Pandemie insbesondere für kleinere Veranstalter zunehmend schwieriger sei, Konzertreihen am Leben zu erhalten: „Ich bin sehr dankbar und glücklich, dass wir von Seiten der Stadt Vilseck so viel Unterstützung erfahren und ich mit meinen Plänen von Anfang an auf offene Ohren und helfende Hände gestoßen bin.“
Eröffnet wird das Festival am Freitag, 6. Oktober vom Violin-Duo Anna Godelmann/Anna-Sophia Kraus und Gastgeberin Cornelia Glassl. Das Programm der drei Musikerinnen sei in doppelter Hinsicht ein besonderes: Mit eigens für das Ensemble bearbeiteten Transkriptionen und Tanzsätzen aus unterschiedlichsten Epochen wolle man die Grenzen der klassischen Musik ausloten, so Glassl. Und die Burg Dagestein in einen konzertanten Tanzsaal verwandeln. Zusätzlich bietet man unter der Woche das interaktive Konzertformat „Von Menuett bis Mambo“ für Schulen an: „Es ist uns ein großes Anliegen, auch jüngeren Menschen die klassische Musik nahe zu bringen und erlebbar zu machen.“
Keine Berührungsängste in Sachen Musik
Am Sandwich-Tag des Festivals gehört die Bühne der Burg Dagestein Norbert Nagel. Im Gepäck hat der vielseitige, hoch renommierte Musiker „Lieblingslieder“ und Lieblings-Kollegen. Erstere müssen eine gute Melodie, einen guten Groove und eine Geschichte haben, findet Nagel. Der verbindende rote Faden sei eine bestimmte Art der Ästhetik, die er bei unterschiedlichsten Komponisten finde.
Als nicht vorsätzlich, aber dann eben doch gewordener „Crossover-Typ“ kennt er keine Berührungsängste in Sachen Musik: Seine Anfänge liegen in der Blasmusik, Bach ist ihm „ganz ganz wichtig“ und ohne den lateinamerikanischen Groove geht es eh nicht. Aber davon wird er sicher erzählen, vielleicht auch von seinen Auftritten mit Legenden wie Max Greger oder Hugo Strasser.
Ihm zur Seite stehen Schlagzeuger Gerwin Eisenhauer, den er schon 25 bis 30 Jahre kenne und 2022 nach 18 Jahren wieder getroffen habe, Bajan-Spieler Konstantin Ischenko, den er bei der Musikerin mit der grünen Geige, Monika Drasch, kennengelernt hat, sein alter Buddy Gitarrist Andreas Blüml, der unterschätzt werde, aber unglaublich toll sei und – last but not least – sein Lieblingsbassist Klaus Sebastian Klose: „Ich bin so glücklich, dass er in mein Leben kam.“
Erinnerungen an die Musikschule Sulzbach-Rosenberg
Das Finale am Sonntag bestreitet dann wieder Cornelia Glassl, wieder im Trio, diesmal allerdings mit Christine Christianus und Joachim Pfannschmidt. Alle drei haben, zu unterschiedlichen Zeiten, ihre ersten musikalischen Gehversuche in der SMS unternommen – und mit der Blockflöte. Die Zeit im Sulzbacher Schloss haben Cornelia Glassl und Joachim Pfannschmidt noch in bester Erinnerung: „Ich habe dort eine umfassende musikalische Ausbildung genossen, die mich im Einzelunterricht nicht nur perfekt auf den Musikerberuf vorbereitet hat, sondern mir auch die Begeisterung an der Musik von Anfang an erlebbar gemacht hat. Die Erinnerung an Großprojekte, Musicals und Konzertreisen mit dem Orchester sind unvergesslich“, so Glassl.
Joachim Pfannschmidt, mittlerweile Solohornist des hessischen Staatsorchesters Kassel, verdankt der SMS nach eigenen Angaben die absolut wichtigsten „Basics“ für seine Karriere:„ Ich habe dort spielerisch Noten gelernt. Blockflöte und ein wunderbarer Kinderchor, in dem ich mitgesungen habe, haben den Spaß an der Musik sehr gefördert.“ Musikalisch sind Glassl und Pfannschmidt erstmalig aufeinander getroffen, als Cornelia Glassl als Bratschistin im Max-Reger-Schulorchester Joachim Pfannschmidt für eine CD-Aufnahme begleitete.
Für den Vilsecker Abschlussabend hat sich das als „Trio Palatiniore“ auftretende Ensemble ein Prachtstück schlechthin ausgesucht: „Das Horntrio von Brahms ist einfach großartig. Keinem anderen Blechblasinstrument ist ein solch tolles Kammermusikwerk der Romantik beschert worden. Darum werden wir Hornisten auch sehr beneidet“, sagt Pfannschmidt und hebt besonders den dritten Satz hervor: „Darin hat Brahms den Tod seiner überaus geliebten Mutter verarbeitet, die genau zu der Entstehungszeit dieses Trios starb. Dieser Satz ist an Intensität und Intimität unvergleichlich – zuerst wirklich traurig, fast trostlos und dann auf einmal erlösend tröstlich- genial komponiert!“
Als perfekte Ergänzung ist die Serenade des Brahms-Schülers Robert Kahn zu hören, der seinem Werk dennoch eine eigene romantische Tonsprache verleiht, wie Glassl findet. Mit dem dritten Stück des Abends, dem Trio des US-Amerikaners Eric Ewazen, wolle man einfach ein kleines oder auch großes Ausrufezeichen setzen und beweisen, dass klassische, am Ende des 20. Jahrhunderts komponierte Musik gut zugänglich ist und schmissig klingen kann, erklärt Pfannschmidt: „Manchmal klingt Ewazen sogar wie Filmmusik.“
Zu Personen und Programm
- Cornelia Glassl, Pianistin, Ausbildung an den Musikhochschulen Mannheim und Detmold,Preisträgerin verschiedener Wettbewerbe, 2017 Debüt-CD mit Werken für Violine und Klavier, von 2012 bis 2016 Lehrbeauftragte für Liedgestaltung, Korrepetition und Elementare Musikpädagogik an der Hochschule für Musik Detmold, seit 2018 Lehrbeauftragte für Streicherkorrepetition an der Hochschule für Musik und Theater München.
- Joachim Pfannschmidt, Hornist, "Jugend musiziert"-Bundespreisträger 1995, musikalische Ausbildung an den Musikhochschulen Köln und Oslo/Norwegen, seit 2005 stellvertretender Solohornist des hessischen Staatsorchesters Kassel, seit 2009 Horndozent an der Universität Kassel, seit 2012 Lehrbeauftragter an der Kasseler Musikakademie "Louis Spohr", regelmäßiger Gast namhafter Orchester und Opernhäuser, Konzertreisen durch Europa, Nord- und Südamerika, Japan, China, Nord- und Südkorea.
- Norbert Nagel Klarinettist, Saxofonist, Komponist, Arrangeur, aus- und weitergebildet an den Hochschulen für Musik Nürnberg, München und Köln, gründete 1987 mit Bruder Karsten Nagel das vielfach preisgekrönte Kammermusikensemble "Roseau Quintett", seit 1992 Mitglied der Thilo Wolf Big Band, Zusammenarbeit u.a. mit der RIAS Big Band, dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin, der Bayerischen Staatsoper München, den Berliner und Münchner Philharmonikern, wirkte als Studiomusiker an mehr als 100 Tonträgern mit u.a. auf Hans Zimmers "Das Geisterhaus" und Lou Begas "Mambo Nr. 5"
- 3. Burgklassik Vilseck, Kulturkasten Burg Dagestein Vilseck Freitag, 6. Oktober, 20 Uhr: "An² & Co." Konzert mit Anna Godelmann (Violine), Anna-Sophia Kraus (Violine) und Cornelia Glassl (Piano) und Tänzen von der Barockzeit bis zur Moderne Samstag, 7. Oktober, 20 Uhr: "Lieblingslieder" mit Norbert Nagel (Klavier, Saxofon, Klarinette) und Andreas Blüml (Gitarre), Konstantin Ischenko (Bajan), Klaus Sebastian Klose (Kontrabass), Gerwin Eisenhauer (Schlagzeug) Sonntag, 8. Oktober, 17 Uhr: "Trio Palatiniore" mit Christine Christianus (Violine), Joachim Pfannschmidt (Horn) und Cornelia Glassl (Piano), Werke von Brahms, Kahn und Ewazen
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