Das Leben ist. . .was man daraus macht. Von Zahraa Ahmed Abdulazeez könnten sich so manche Zauderer ein Scheibchen abschneiden. 23 Jahre jung, vor sechs Jahren aus Bagdad nach Vohenstrauß gekommen. Die Zeit hat sie gut genutzt. Quali, Mittlere Reife, Ausbildung als Zahnarzthelferin. Jetzt geht sie an die Berufsoberschule in Regensburg, mit dem Ziel das Abitur abzulegen. Und vielleicht, vielleicht kann sie dann Zahnmedizin studieren. Das wäre ihr Berufsziel.
Ganze Familie arbeitet
Einen Aufenthaltstitel hat die irakische Flüchtlingsfamilie indessen immer noch nicht. Also auch kein Kindergeld und kein Bafög. Geschweige denn Reisefreiheit. Wann immer die Schulklassen nach Tschechien oder Österreich oder in sonstiges Ausland fuhren, mussten die vier Abdulazeeez-Kinder daheim bleiben.
Aber Zahraa bleibt dabei: Deutschland ist für sie nach wie vor eines der besten Länder, so wie sie es sich vorgestellt hat: "Ich mag Deutschland am meisten für seine Gesetze. Die denken hier an alles: an die Kinder, an die Frauen, an die Männer." Natürlich: Ein Status wäre langsam schon gut. "Es ist halt unfair." Auch sie kennt arabische Familien, die anerkannt sind, aber den ganzen Tag auf Staatskosten daheim verplempern. Sie und ihre Geschwister (ein Bruder studiert Biochemie, eine Schwester ist an der FOS) jobben, um ihre Ausbildungen zu finanzieren. Auch die Eltern arbeiten beide: Nach zwei Jahren in 1-Euro-Jobs fand ihr Vater eine Stelle bei einer Firma für Glasfaserkabel, ihre Mutter ist Verkäuferin in einer Bäckerei.
Zahraa wird ihren Weg gehen. Und dabei soll ihr ein Seminar helfen, das im Januar an der Volkshochschule Weiden in Kooperation mit dem Evangelischen Bildungswerk Oberpfalz angeboten wird. "Empowerment für Frauen mit Migrationshintergrund". Gefördert wird der Kurs (vier Nachmittage ab 17. Januar in Weiden) vom Innenministerium. Offenbar hat man erkannt, dass für den Arbeitsmarkt ein besonderer Schatz zu haben ist: der von intelligenten Einwanderinnen, die über beachtliches Potenzial verfügen.
Seminar für Migrantinnen
Kommunikationstrainerin Carola Wegerle soll den Frauen beibringen, woran es vielleicht noch fehlt: am Trauen. 18 Mal hat sie das Seminar bayernweit schon gehalten. Mit "immer wieder schönen Erfolgserlebnissen": "Im Allgemeinen lernen die Frauen, wieder eigene Ziele zu generieren und Mut zu fassen." Beim letzten Seminar hatte sie zwölf Teilnehmerinnen. Sechs davon sei der Sprung zurück in die Arbeitswelt oder eine Verbesserung ihrer beruflichen Position gelungen. "Dies betraf Berufsfelder wie Grafikdesign, Bibliothekswesen und sogar die Innere Medizin", so Wegerle.
Oft steckt mehr drin als man denkt. Mit Vorurteilen schlägt sich auch Zahraa herum. X-mal sei sie schon gefragt worden, ob sie junge heiraten müsse, von ihren Eltern geschlagen und zum Tragen des Kopftuchs gezwungen würde. "Das verletzt mich." Das sei natürlich Quatsch. "Ich lebe in einer freien Familie."
Diese Familie hat in Vohenstrauß ihren Platz gefunden. Sie hat dabei von Null angefangen. "Am Anfang ist alles neu", sagt Zahraa. Die Sprache. Die Kultur. "Man kennt überhaupt niemanden." Ihre Familie habe sehr bewusst versucht, Kontakte zu knüpfen. "In erster Linie muss das von einem selbst ausgehen." Die Eltern gingen auf die Nachbarn zu. Die junge Frau suchte sich Sportvereine, spielte Tennis, joggte mit einer Laufgruppe, trainierte ein Jahr lang im Fitnessstudio. Man könne Freundschaften schließen. "Auf jeden Fall." Hilfreich sei die Arbeit in der Praxis gewesen. "In Deutschland kann man immer arbeiten; es gibt immer was. Und Arbeit spielt eine große Rolle, die Leute und die Kultur kennenzulernen."
Warum klappt's bei den einen und bei den anderen nicht? Die 23-Jährige dankt ausdrücklich ihrer Schule, der FOS/BOS Regensburg, die sie aufgrund des Zweiges Gesundheitswissenschaften besucht. "Ich bekomme ihre große Unterstützung und viel positive Energie." Sie ist überzeugt, dass man das "schon hinkriegen kann": "Wir müssen Deutschland etwas zurückgeben dafür, dass es uns einen Platz und Sicherheit gegeben hat."
Empowerment-Seminar für Migrantinnen
- Seminar bei der Volkshochschule Weiden in Kooperation mit dem Evangelischen Bildungswerk Oberpfalz.
- Termin: Montag bis Donnerstag, 17. bis 20. Januar, 14 bis 18 Uhr.
- Gefördert vom Bayerischen Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration. Der Kurs ist kostenfrei.
- Kursleiterin: Carola Wegerle, Dozentin für Kommunikation. Sie arbeitet mit psychologischen Techniken und Kommunikationstechniken.
- Ziel: Frauen sollen lernen, eigene Ziele zu generieren und Mut zu fassen. Das Selbstbewusstsein wird gestärkt.
- Zielgruppe: Frauen, die nach der Kinderpause wieder berufstätig sein wollen. Frauen, die eine Ausbildung machen wollen. Frauen, die in ihren Heimatländern schon einen Beruf erlernt hatten.
- Voraussetzung: Deutschniveau B2.
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