Heiner Aichinger weiß die Antworten. Der Vorsitzende des Heimatkundlichen Arbeitskreises (HAK) beschäftigt sich im aktuellen Band der "Streifzüge" mit den Bayerischen Verfassungen von 1818 und 1919 sowie der Landtags-Geschichte. In diesem Zeitraum saßen auch Abgeordnete aus Vohenstrauß im Parlament, "die (...) die Interessen unserer Heimat in München vertreten haben. Zumindest soweit, wie es diese Verfassungen überhaupt zuließen", schreibt Aichinger. Dies waren "in erster Linie renommierte Bürger und Pfarrer", ergänzt er (siehe Infobox).
König Maximilian I. Joseph verfügte am 26. Mai 1818 die erste Verfassung des damaligen Königreichs. "Im Gegensatz zur Konstitution vom 1. Mai 1808 regelte sie die Frage einer Volksvertretung moderner. Eine volle Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative war aber damit noch nicht erreicht." Allgemeines und direktes Wahlrecht fehlten.
Erst 1906 wurde die aktive und passive Wahlberechtigung zum Landtag auf alle Männer ausgedehnt, die unter anderem 25 Jahre alt sein mussten, außerdem bayerischer Staatsbürger seit mindestens einem Jahr und Steuerzahler. Weiter durften sie nicht in Konkurs sein oder Armenunterstützung bezogen haben. Der seinerzeit fortschrittliche Grundrechtskatalog sah den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern, Freiheit der Person, Unverletzlichkeit des Eigentums, Gewissens- und eingeschränkte Pressefreiheit sowie ein Auswanderungsrecht vor.
Auch gab es zunächst eine sogenannte Ständeversammlung, die in eine Kammer der Reichsräte und eine der Abgeordneten unterteilt war. Im Zuge der Märzrevolution im Deutschen Bund hieß diese Ständeversammlung ab 1848 dann Landtag. "Umfangreiche Änderungen an der Verfassung wurden nur nach dem Beitritt zum Deutschen Reich 1871 vorgenommen. Sie galt bis zum Ende des Ersten Weltkriegs", informiert Aichinger.
Über die Wahl des ersten Landtags 1818 gibt es allerdings kaum Unterlagen, bedauert der HAK-Chef. Auch die Aufteilung in Wahlkreise wie heutzutage war noch nicht klar geregelt, sondern wechselte oft. "Vohenstrauß gehörte mal zum Regen-Kreis und mal zum Main-Kreis."
Die Landesregierung und das Haus der Bayerischen Geschichte stellen nun das 100. Jubiläum der Verfassung, das Anfang November gefeiert wird, in den Mittelpunkt: Nach Beratung seit September 1917 beschlossen die Verantwortlichen am 2. November 1918 eine umfangreiche Reform, die unter anderem folgende Punkte enthielt: Einführung des Verhältniswahl- und Frauenstimmrechts, Erweiterung der Kammer der Reichsräte durch Vertreter bestimmter Berufsstände bei Reduzierung der Vertreter des Königshauses beziehungsweise des Adels und Parlamentarisierung (Bindung der Minister an Abgeordneten-Beschlüsse).
König Ludwig III. stimmte dieser Umwandlung in eine parlamentarische Monarchie notgedrungen noch am selben Tag zu. Die Ausrufung der Republik am 7. November 1918 kam der Umsetzung jedoch zuvor. Nach der Proklamation des Freistaats Bayern durch Kurt Eisner gab es am 12. Januar 1919 die ersten freien, gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahlen im Land. Die erste Fassung des Staatsgrundgesetzes stammte vom 4. Januar 1919. Sie begann in der Präambel mit den Worten: "In der Stunde höchster Not aber raffte sich dieses ohnmächtige Volk auf, zertrat in gewaltiger revolutionärer Erhebung das schuldige System der Vergangenheit und riss die Macht an sich." Laut Aichinger sind dies "noch heute nachdenkenswerte Worte, vor allem, wenn wieder einmal die Zeiten des ,Kinis' (Ludwig II.) allzu sehr glorifiziert werden".
Für den HAK-Chef ist der Begriff "Freistaat Bayern" übrigens "nur eine Worthülse: Was besagt das? Welche Rechte gibt uns das?", fragt er. "Das Entscheidende für den Freistaat Bayern war die Abschaffung der Monarchie 1919." Nach der Ermordung Eisners und den folgenden Schießereien im Landtag trat dieser aber nicht mehr zusammen. Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte übernahmen in München die Regierung. Mitglieder des Landtags und der Regierung beschlossen am 12. August 1919 die sogenannte "Bamberger Verfassung". Sie trat am 15. September in Kraft, und die heutige Bayerische Verfassung von 1946 baut auf ihr auf.
Weitere Informationen auf der Hompage des Hauses der Bayerischen Geschichte
In der Stunde höchster Not aber raffte sich dieses ohnmächtige Volk auf, zertrat in gewaltiger revolutionärer Erhebung das schuldige System der Vergangenheit und riss die Macht an sich.
Johann Winkler kam am 15. März 1817 in Schönlind zur Welt und starb am 16. Oktober 1887 in Vohenstrauß. Der Seifensieder war Mitglied des 14. bis 16. Landtags (1849 bis 1855) für den Wahlbezirk Regenkreis. Seine Familie betrieb das erste „Kaufhaus“ unterhalb der Friedrichsburg (Schöfer/"Carpe Diem"). Sein Grabstein steht heute noch am Hauptweg im Friedhof (Familien Krauss/Kraml).
Max Hausladen war Jurist und Königlicher Landrichter in Vohenstrauß. Geburtsort und -datum sind unbekannt. Er starb am 19. Dezember 1897 in München. Von 1858 bis 1861 war er im 19. und 20. Landtag für den Wahlbezirk Neunburg vorm Wald, der identisch war mit dem Regenkreis. Hausladen wohnte sehr beengt mit Frau und sechs Kindern in der Landrichterwohnung im ersten Stock der Friedrichsburg. 1854 und 1855 beschwerte er sich mehrfach über bauliche Missstände. „Es ist nicht verwunderlich, dass er bald wieder von Vohenstrauß weg wollte“, meint Heiner Aichinger.
Joseph Frank wurde am 18. Februar 1814 in Waldmünchen geboren und starb am 16. Januar 1889 in Tirschenreuth. Der katholische Pfarrer war Abgeordneter im 24. bis 26. Landtag (1870 bis 1875), Wahlbezirk Neunburg vorm Wald. Seine Installation zum Geistlichen in Vohenstrauß war am 30. April 1854.
Georg Dirmeier kam am 18. Oktober 1853 in Neukirchen bei Straubing zur Welt und starb am 19. August 1902 in Mintraching. Von 1893 bis 1899 war er katholischer Pfarrer und Distriktschulinspektor in Vohenstrauß. Ab 16. Mai 1894 bis 1899 saß er für den Wahlkreis Oberviechtach als Nachfolger des verstorbenen Michael Grötsch aus Waidhaus im 32. Landtag. Die Priesterweihe erhielt er am 23. Juni 1878. Er gründete die Klosterfiliale der Armen Schulschwestern und des Kinderasyls.
Johann Ach wurde am 16. August 1862 in Vohenstrauß geboren, wo er am 10. November 1936 auch starb. Der Baumeister war von 1907 bis 1911 im 35. Landtag (Wahlkreis Oberviechtach). Er war verwandt mit dem Gründer der Baufirma Ach, deren Stammhaus sich an der Ecke Pleysteiner Straße/Ringgasse (später Famile Ries) befand. „Vielen älteren Einwohnern war er noch recht gut in Erinnerung“, weiß Aichinger.
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