Schulamtsdirektor a. D. Engelbert Vollath vermachte über Rektor a. D. Karl Senft dem Vohenstraußer Kreisheimatpfleger Peter Staniczek und dem Heimatkundlichen Arbeitskreis (HAK) einen kleinen Schatz in Form einer wahren Rarität: „Eine kleine Heimatkunde, geschrieben von den Schulkindern“ aus dem Jahr 1955 aus dem damaligen Landkreis Vohenstrauß. Darüber gibt es jetzt eine Ausstellung im Heimatmuseum, die am Freitag von 15 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr besucht werden kann. Größere Gruppen oder Schulklassen können auch gesonderte Termine vereinbaren.
Es handelt sich um eine Sammlung handschriftlicher Berichte, erstellt von den Schülern der Volksschulen im „Bezirksschulamt Vohenstrauß“, deckungsgleich mit dem bis 1972 bestehenden Landkreis Vohenstrauß. Unter dem Motto „Schüler schreiben für Schüler“ stellten die einzelnen Schulen die Lage und Geschichte, die Menschen und deren Arbeitswelt sowie Brauchtum und Sagen ihres Heimatortes vor. Ausgeschmückt mit Orts- und Umgebungsplänen, vielfältigen Zeichnungen und Fotos geben sie Einblick in die Nachkriegssituation vor Ort im Altlandkreis.
Berichte von 34 Schulen
Die Berichte von 34 damals existierenden Schulen wurden in Buchform gebunden und haben einen Umfang von 692 Seiten. Verantwortlich zeichnete dafür wohl Schulrat Anton Kurzka im Juni 1955. Ob und inwieweit das heimatkundliche Schatzkästlein damals genutzt wurde, lässt sich nicht mehr verfolgen, informierte Staniczek. Im Zeitalter des Computers verlernen die Menschen mit einem Stift zu schreiben. Zu befürchten ist auch die Beeinträchtigung der motorischen und kognitiven Fähigkeiten. Das könnte noch unerwartete Folgen haben.
1953 wurde von der Kultusministerkonferenz in den meisten Bundesländern die Lateinische Ausgangsschrift eingeführt, in Bayern erst 1966. „Die Texte unseres Heimatkundebuchs entstanden also in der Zeit, in der an den bayerischen Schulen noch das Lehren der Deutschen Normalschrift üblich war. Die Handschriften sind durchaus individuell gestaltet“, zeigt sich Staniczek begeistert. Die Zeiten ändern sich, auch Schule hat sich gewandelt. Das Schulfach Heimatkunde bezeichnet ursprünglich die nahräumlich-geographisch geprägten Bildungsinhalte der Volksschule und wurde abgelöst durch den Heimat- und Sachunterricht.
Fach "Schönschreiben"
Früher gab es sogar das im Zeugnis ausgewiesene Fach „Schönschreiben“, heute denken manche Schulen laut über eine weitere Vereinfachung der Schrift nach. In Finnland ist seit 2016 das Erlernen der Schreibschrift, jener Schreibweise, bei der die einzelnen Buchstaben miteinander verbunden werden, nicht mehr verpflichtend an den Grundschulen. In den Aufzeichnungen schreiben Schüler in ihrer schönsten Schrift zum Beispiel über ihren Heimatort Waldau und illustrieren den Beitrag mit einem wunderschönen Gemälde, das auch das Schanzel oder das große Waldgebiet „Elm“ enthält.
Natürlich wird auch das Schulhaus, seine Lage, seine Geschichte und der Schulweg beschrieben, wie in Brünst. „Es war im Winter eine Leistung, durch meterhohen Schnee 4 bis 5 km zur Schule zu waten.“ Festgehalten wurde in dieser Aufzeichnung auch, dass im Jahr 1945 im Schulhaus Soldaten einquartiert wurden. „Alle unsere wertvollen Lehrmittel wurden verbrannt. Sogar unsere große Schultafel und viele Schulbänke wurden weggefahren. Die Fenster wurden zerschlagen und sehr vieles war beschädigt, als das Schulhaus wieder geräumt wurde. Zuvor hatten wir in einem Tanzsaal unter ungünstigen Verhältnissen Unterricht. Am 21.9.1946 zogen wir im behelfsmäßig eingerichteten Schulhaus ein. Da wir 88 Kinder waren, mußte noch eine zweite Klasse errichtet werden. Das kostete der armen Gemeinde viel Geld und wir mußten bei der Beschaffung von Lehrmittel und Landkarten selbst mithelfen“, schreibt die Autorin.
Auch die Wirtschaft wurde nicht ausgeklammert. „Obwohl Albersrieth nur ein kleines Dorf ist, ist sein Name doch bis Finnland und Ägypten bekannt. Diese Weltberühmtheit verdankt die Ortschaft ihrer Schmirgelgrube“, heißt es. Darunter ist der Bockl mit Waggons vollgeladen mit Schmirgel aufgemalt. Den Sagen und dem Brauchtum widmet sich ein anderer Schüler, der sich mit Kaimling und Altenstadt befasst. Vielleicht erkennt ja der eine oder andere Leser seine in Schönschrift verfasste Seite wieder und erinnert sich an seine Schulzeit zurück. Die Ausstellung kann zu den üblichen Öffnungszeiten im Heimatmuseum besucht werden.
Heimatmuseum
- Das Heimatmuseum befindet sich in Vohenstrauß in der Sophienstraße
- Öffnungszeiten sind Freitag von 15 bis 17 Uhr und Sonntag von 10 bis 12 Uhr oder nach Vereinbarung.
- Gruppen und Führungen bei Voranmeldung möglich
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