"Der neue Luxus ist Silence"

Waldeck bei Kemnath
24.08.2018 - 17:09 Uhr

„Heimatläuten“. Mit diesem Begriff lassen sich die Bestrebungen überschreiben, die einige findige Köpfe derzeit umtreibt, um die Region nach vorne zu bringen.

Die „Hollerhöfe“ sind hervorragend im Ortsbild von Waldeck integriert. Im Hintergrund links der Schlossberg, rechts der Rauhe Kulm.

18 Namen stehen auf der Liste von "Chef-Heimatunternehmer" Alfred Wolf. Der dafür vom Dienst freigestellte Polizeibeamte leitet das Modellprojekt "Heimatunternehmen Bayern", das vom bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten initiiert wurde und unter anderem vom Landkreis Tirschenreuth und vom Amt für Ländliche Entwicklung unterstützt wird. Es geht dabei darum, Menschen zu finden, die beispielhaft für die Region sind und ihr Umfeld positiv mitgestalten. In unserer Serie über Heimatunternehmer stellen wir diesmal die "Hollerhöfe" von Elisabeth und Leonhard Zintl in Waldeck vor.

Das Ehepaar hat neben dem bestehenden Gasthaus der Eltern von Elisabeth Zintl ein Hotel aufgebaut, mehrere, Leerstände wie Häuser und Scheunen restauriert, und damit ein regelrechtes kleines Hotel- und Tagungsraumzentrum an verschiedenen, leicht zu Fuß erreichbaren, Standorten, geschaffen. Leonhard Zintl (49) stammt aus Themenreuth bei Mitterteich. Genauso wie seine Frau (46) ist er von Beruf Banker. Zintl ging nach der Wende nach Mittweida, das zwischen Dresden und Leipzig liegt. Seit 1997 ist er dort Vorstand einer florierenden Volksbank und pendelt zwischen Mittweida und Waldeck. Elisabeth Zintl leitet die "Hollerhöfe - zu Gast im Dorf" im Vollzeitjob.

Ein Musterbeispiel

Laut Alfred Wolf sei das Ehepaar Musterbeispiel dafür, wie man als Heimatunternehmer einen Ort oder eine ganze Region positiv verändern kann. Dabei sei neben der Wirtschaftlichkeit auch der Nichtmonetäre Bereich wichtig. Es sei beispielhaft, wie aus der Nachfolge eines Gasthofs erst ein Ferienhaus entstand und nach alte Häuser saniert und daraus dezentrale kleine Hotels, und drei ehemalige Scheunen zu modernen Tageszentren umfunktioniert wurden. Daneben ist die Familie auch im Heimat- und Kulturverein ein wesentlicher Posten. So entstand beispielsweise der erste essbare Wildpflanzenpark Deutschlands und eine Naturerlebnis-Akademie. Auch die Aktivitäten an der Burgruine Waldeck und die dortigen Theaterveranstaltungen hat sie stets in diesem Rahmen begleitet.

Heimatunternehmen bedeute auch eine Motivationswelle auszulösen, so Wolf. "Wir leben in einem Landkreis der sehr viele Chancen und eine echte Alternative zum städtischen Leben bietet sowie zahlreiche Möglichkeiten für Heimatunternehmer bereithält." Leonhard Zintl ist in der Landwirtschaft aufgewachsen. "Das gibt einen viel näheren Bezug zu Heimat und Natur", sagt er. Seit fünf Generationen haben die Vorfahren von Elisabeth Zintl in Waldeck ein Wirtshaus betrieben. 2004 erfolgte die Grundsteinlegung und 2005 ging es mit dem Projekt "Hollerhöfe" so richtig los. Geschäftsreisende waren es anfangs, die das neue Hotel im Grünen für sich entdeckten. Auch viele Firmen die Räumlichkeiten für Seminare und Konferenzen brauchten, schlugen hier auf. 2006 kam der Wellnessbereich dazu.

Sanierung statt Neubau

Sechs Jahre später platzte alles aus allen Nähten. Anfangs war ein Neubau angedacht. Aber dann kam ein Nachbar, fragte, "wollt ihr mein leerstehendes Haus kaufen?" Die Geburtsstunde der "Hollerhöfe", wie sie heute existieren. Schnell kam ein weiteres altes Haus dazu und dann noch zwei. Der Name "Hollerhöfe" ist zur Hälfte der heute 14-jährigen Tochter des Hauses, Anna-Lena zu verdanken.

Eigene Plantage

Sie liebt Holunder und dessen Produkte von klein auf. Die Familie fing an selbst Sirup zu machen, hat ein Feld gekauft und eine Holunderplantage angelegt. Heute kann man hier alle möglichen Produkte vom einfachen Sirup über Marmelade und Balsamico-Essig bis zum Holunder-Secco erwerben. Also stand schon mal die Hälfte des Namens fest. Dann besann sich das Ehepaar darauf, dass alle zugekauften Häuser einmal Bestandteile von Höfen waren. Die "Hollerhöfe" waren geboren. Zur Familie gehören noch zwei Söhne, der 12-jährige Benedikt und der 16-jährige Lukas.

Die "Hollerhöfe" liegen an der ehemaligen Handelsstraße Nürnberg- Eger und unterliegen dem Ensembleschutz. 60 Betten können die "Hollerhöfe" derzeit anbieten. Neben Geschäftsleuten übernachten auch viele Urlauber und zahlreiche Gäste, der Luisenburgfestspiele in Wunsiedel und der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth. Durch Revitalisierung bestehender Gebäude ist hier ein ganz besonderer Hotelkomplex entstanden.

"Wir haben uns auf unsere Wurzeln besonnen, nichts Neues erfunden, sondern vorhandenem ein neues Gesicht gegeben. Es geht darum bestehende Ressourcen sichtbar zu machen. Alles muss authentisch sein, muss zu uns passen. Grün, Ruhe, Natur, sind Stichworte die einem dazu einfallen. Der neue Luxus ist Silence", beschreibt Leonhard Zintl diese Philosophie.

Hinweistafel am Ortseingang von Waldeck.
Einer der sanierten Stadel, die alles bieten, was ein moderner Konferenzraum braucht.
Beispiel für ein außergewöhnliches Badezimmer.
Beispiel eines Schlafzimmers.
 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.