Waldsassen
12.04.2022 - 10:59 Uhr

Die göttliche Ordnung in der Basilika Waldsassen

Das Ensemble „Quatuor Ardeo“ bescherte zum Auftakt der Konzertreihe eine Besonderheit. Die Goldberg-Variationen in der Bearbeitung für Streicher entführten das Publikum in den einzigartigen musikalischen Kosmos von Johann Sebastian Bach.

Das „Quatuor Ardeo“ (im Bild beim Schlussapplaus) eröffnete am Sonntag die Basilika-Konzertreihe. Bild: Johannes Röttges/exb
Das „Quatuor Ardeo“ (im Bild beim Schlussapplaus) eröffnete am Sonntag die Basilika-Konzertreihe.

Von Hermann Heinrich

Manchmal ist die Ordnung auf Erden schwer gestört, so jetzt mit der zerstörerischen Kraft, die sich menschenverachtend gerade Bahn bricht. Eines kann diese barbarische Flut aber nicht gefährden – die den göttlichen Funken in sich tragenden Kräfte des ureigen Künstlerischen. Es wird existieren, so lange unsere Zivilisation andauern wird. Ein wunderbares Beispiel dafür stellte das Basilikakonzert am Sonntag in Waldsassen in den Mittelpunkt.

Ja, dieses Konzert bestand „nur“ aus den Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach. Unnötig, weitere Worte über die Bedeutung dieses monolithischen Riesen der Cembalo-Literatur zu verlieren. Interessanter war da schon die Besonderheit, dieses Werk in der Bearbeitung von Francois Meimoun für Streichquartett, dargeboten vom „Quatuor Ardeo“, hören zu dürfen.

Dynamische Bandbreite

Dürfen ist dabei wörtlich gemeint, denn die vier Musikerinnen boten nicht nur den üblichen, auf höchstem Niveau befindlichen „Kunstgenuss“, sondern näherten sich dem Werk mit äußerster Sensibilität, ungemeiner dynamischer Bandbreite, wunderbarer Musikalität, ohne jegliche Allüre und mit einem fast traumwandlerischen Ensembleklang.

Dabei waren alle vier Musikerinnen ebenbürtig in ihrem Tun, was besonders augenfällig durch die immer wieder wechselnden ausgedünnten Teilensembles im Verlauf der Variationen wurde. Jedes Instrument wurde so mehrfach zum tonangebenden Primarius, was aufs glücklichste ohne jede Einbuße gelang.

Größe der Musik erlebbar

Dabei blieb das Ensemble in jeder Kombination völlig homogen, immer eng an der Musik – ohne die so oft zu hörenden unangenehmen Selbstbespiegelungen moderner Ensembles – und auch mit modernem Instrumentarium teilweise fast historisch klingend in seiner Durchsichtigkeit des Klangs bis an die Grenze des Zerbrechens. Dies ließ besonders in der Variation 25 eine berührende Transzendenz, gepaart mit der fast schon jenseitig, harmonisch ungeheuren musikalischen Potenz von Bach die Größe der Musik innerhalb der anfangs erwähnten göttlichen Ordnung unmittelbar erlebbar werden.

Hier zeigte sich auch das Verdienst der Bearbeitung, die teilweise im Vergleich zum reinen Cembaloklang durch die vier verschiedenen Timbres der Instrumente die Ausdrucksfähigkeit in mancher Variation noch zu erweitern vermochte. Fast unnötig zu erwähnen, dass diese Bearbeitung für Streicher teilweise sehr unangenehme technische Klippen in sich birgt, die aber nie spürbar wurden, dank des fast blinden gegenseitigen Verstehens der vier Künstlerinnen.

Nach einer Stunde der Reise durch den musikalisch einzigartigen Kosmos von J.S. Bach, abgeschlossen von einer fast noch wunderbarer ziselierten Aria als zu Beginn des Konzertes, beendete das "Quatuor Ardeo" ohne Zugabe das Konzert. Was könnte auch nach der Aria aus den Goldbergvariationen noch angemessen sein?

Waldsassen11.04.2022
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