Waldsassen
20.04.2023 - 14:22 Uhr

Malender Flüchtling in Waldsassen: Historiker auf Spurensuche

Aquarelle eines Malers namens Karl Kubatschka mit Motiven aus Waldsassen hat Dr. Georg Schrott erworben. Der Historiker würde gerne mehr über den Künstler herausfinden. Gelingen soll dies nun über einen öffentlichen Aufruf.

"Vielleicht kann sich noch jemand von den ganz alten Waldsassenern an Kubatschka erinnern", hofft Dr. Georg Schrott, der sich mit einer Bitte an die Redaktion von Oberpfalz-Medien gewandt hat. Er ist auf der Suche nach Werken und weiteren Hinweisen zum Maler Karl Kubatschka.

Aquarelle dieses Künstlers hatte der aus Waldsassen stammende und in Hattingen/Ruhr (Nordrhein-Westfalen) lebende Georg Schrott im Online-Handel erworben. Einen Aufruf zu Karl Kubatschka hat der promovierte Historiker und Lehrer für Deutsch und katholische Religionslehre bereits in seinem Forschungsblog "Oberpfälzer Klöster" gestartet.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Vertreibung der Deutschen aus Schlesien habe Karl Kubatschka einst ins Stiftland verschlagen. Er war 1901 in Skotschau geboren worden und lebte mit seiner Frau Marie und seinem Sohn Oswald in Czechowitz-Dzietzitz. Auf der Flucht reisten sie im Januar 1945 nach Zwickau, wo Kubatschka, bis dahin leitender Mitarbeiter in einem Kabelwerk, ins Militär eingezogen wurde.

In Flüchtlingsheim untergebracht

Nach dem Kriegsende kam Kubatschka nach Waldsassen. Hier war er im "Flüchtlingsheim Lämmeracker der katholischen Caritas" untergebracht. Im Frühling 1946 sei es ihm über den Caritas-Suchdienst gelungen, seine Frau und seinen Sohn ausfindig zu machen, die im thüringischen Kleinbodungen in der Nähe von Nordhausen untergekommen waren. Kubatschka zog dorthin und fand Arbeit im Kalibergbau. Im Jahr 1967 starb er.

Ohne jemals eine künstlerische Ausbildung erhalten zu haben, sei Kubatschka sein Leben lang ein begeisterter Freizeit-Maler gewesen, so Schrott. "Freizeit hatte er in seiner Waldsassener Zeit wahrscheinlich ziemlich viel." Im Stadtarchiv seien keine Belege über ihn zu finden, eine Arbeit dürfte es für ihn nicht gegeben haben. So sei Kubatschka wohl immer wieder hinaus vor die Stadt gezogen und habe gemalt. Hochwertiges Papier habe Kubatschka nicht zur Verfügung gehabt, aber immerhin habe er mit verschiedensten Aquarell-Farben gemalt.

Gegend als Sakrallandschaft

Die Bilder, die Georg Schrott im Online-Handel ausfindig gemacht hat, zeigen Waldsassen und die Umgebung aus unterschiedlichen Perspektiven. Stets ist ein Kirchengebäude zu sehen - meist die Stiftskirche oder die Basilika, aber auch die Kappl oder das Gommelberg-Kirchlein. So habe die Gegend als Sakrallandschaft dargestellt.

"Für einen Autodidakten malte er sehr sicher, wenn auch nicht progressiv", so Schrott. "Seine Bildkompositionen und seine Technik orientieren sich an der vormodernen Landschaftsmalerei. Sichtlich war für ihn das Malen nicht nur eine Freizeitbeschäftigung, sondern auch eine Bewältigung seiner Situation." Das erkenne man nicht nur an der Fixierung auf Kirchen als Zentralmotiv, sondern beispielsweise auch daran, dass das industrielle Gesicht Waldsassens völlig ausblendet sei. Nirgends seien die hohen Fabrikschlote zu sehen, die das Stadtbild damals ebenfalls prägten.

Schrott weiter: "Waldsassen erscheint als ein Idyll inmitten einer idyllischen Landschaft. So sind seine Blätter eine aufschlussreiche Quelle für das Bedürfnis, die Situation nach der Diktatur, dem Krieg und dem Heimatverlust kreativ zu verarbeiten."

Hintergrund:

Hinweise auf Karl Kubatschka willkommen

  • Die Waldsassener Zeit von Karl Kubatschka will Dr. Georg Schrott, der Aquarelle des Malers erworben hat, näher erforschen. Bleistift- oder Kohlezeichnungen mit ähnlichen Motiven könnte es ebenfalls noch geben.
  • Hinweise von Bürgern sind willkommen, unter Telefon 02324/79366 oder per E-Mail (georg.schrott[at]web.de).
 
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