Weiden in der Oberpfalz
13.11.2022 - 09:42 Uhr

Anders als geglaubt wirbt evangelisches Dekanat mit attraktiver Region zum Arbeiten und Leben

Kirche und Wirtschaft sitzen derzeit bei der Suche nach Arbeitskräften im gleichen Boot. Das Dekanat Weiden hat sich etwas abgeschaut und überarbeitet. Innerhalb der evangelischen Landeskirche geht sie damit als Vorreiter einen neuen Weg.

Wenn es um die Suche nach Erzieherinnen und anderen Kräften für den Kindergarten geht, bekommt der Aushang im Schaukasten der evangelischen Kirchengemeinden in der Region innovative Unterstützung. „Wir können nicht mehr so tun, als würden Menschen auf Arbeitsplätze bei der Kirche fliegen.“ Das ist Dekan Thomas Guba bewusst. „Wir müssen ihnen helfen, das wieder zu entdecken.“ Auch wenn man in der Industrie an mancher Stelle mehr verdienen könne, handle es sich bei der Kirche um eine Arbeit mit tieferem Sinn. Und: „Wir zahlen immer Tarif.“

Vielseitig und attraktiv

Unter dem Titel „Anders als geglaubt“ will das Dekanat Pfarrer, Diakone und Religionspädagogen auf die Oberpfalz aufmerksam machen sowie Erzieher und Kinderpfleger für die evangelische Kirche als Arbeitgeber interessieren. Bei beiden Zielgruppen gebe es unterschiedliche Vorbehalte, wissen Guba und Inga Hinz, die Geschäftsführerin der evangelischen Kindertagesstätten in der Region. „Viele theologisch-pädagogische Mitarbeitende in der bayerischen Landeskirche haben die Oberpfalz einfach nicht auf dem Schirm“, hat Guba erfahren. Dabei stimme das Bild einer rückständigen und abgelegenen Region ganz und gar nicht. „Wir in der Oberpfalz sind eine ländliche Region in der Mitte Europas, die unglaublich viel zu bieten hat. Das möchten wir zeigen und dadurch qualifizierte neue Leute in unser Dekanat holen.“

Kirche, Diakonie und Caritas seien deutschlandweit der größte Arbeitgeber, sagt Guba. Aber anders als in der Wirtschaft sei die Kirche gerade in Bezug auf die Suche nach Mitarbeitern kaum vernetzt. "Wir sind die allerersten in der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern (ELKB) die das machen, um Personal anzuwerben."

Bilderreich

Das Landeskirchenamt unterstützt das Projekt mit 28.000 Euro, das Dekanat legte 20.000 Euro auf den Tisch. "Wir sind sehr froh, dass wir im Rahmen der Digitalstrategie unserer Landeskirche dafür eine Förderung erhalten haben", freut sich der Dekan. Ein erklecklicher Teil des Geldes ging in Bilder, die zum Großteil die Fotografin Sandra Hirschke aus Neustadt am Kulm machte. „Ich glaube, dass sie unsere Kirchen jetzt am besten kennt“, anerkannte Dekanats-Öffentlichkeitsreferentin Susanne Götte deren Arbeit und Blick.

Für die Ausarbeitung des Konzepts und die Erstellung der Website holte sich das Dekanat eine Tirschenreuther Agentur mit ins Boot. Guba: "Die Zeiten sind vorbei, in denen man das einen Studenten gestalten lässt, den man irgendwoher kennt." Herausgekommen ist eine Online-Kampagne, die selbstbewusst auftritt: "Anders als geglaubt ist die Region rund um Weiden und die Oberpfalz allgemein heute eine Aufsteigerregion mit riesigem Potential."

Fast touristisch nehmen die Evangelischen das Dekanat als Region in den Blick. Guba: „Wir zeigen, was für Leute von auswärts interessant sein könnte.“ Man greife Irrtümer und Vorurteile über die Oberpfalz mit einem Augenzwinkern auf und wolle Lust machen auf einen Wechsel hierher, betont Pfarrer Klaus Weber, der sich um die Dekanatsentwicklung kümmert.

Schmankerlwochenende

Zentraler Bestandteil ist ein einfach zu bedienendes Online-Bewerbungsformular zur Kontaktaufnahme. Als Schmankerl für theologische Interessenten von auswärts an einer Stelle gibt es das Angebot, die Region an einem Wochenende gegebenenfalls mit der Familie kennenzulernen. "Wir zahlen die Übernachtung mit Frühstück, weisen auf schöne Dinge hin und bieten Begleitung an", so Guba.

Pfarrstellen in Bayern waren bisher üblicherweise im Amtsblatt ausgeschrieben – sachlich und emotionslos. Das ist über die Website Anders-als-geglaubt eben ganz anders. Guba hofft deshalb auf Bewerbungen von Pfarrern auch aus anderen Landeskirchen Deutschlands, die mittlerweile anders als noch vor einigen Jahren leichter möglich sind. Die Gefahr einer Kannibalisierung sieht Guba dadurch nicht. Lediglich der Markt werde größer.

Bei vielen Fachkräften im Kita-Bereich herrsche in der katholisch geprägten Region noch die Meinung, dass man evangelisches Kirchenmitglied sein müsse, um in einer evangelischen Einrichtung arbeiten zu können. „Die Leitung sollte einer christlichen Kirche angehören, bei allen anderen ist das nicht mehr nötig. Sie sollten aber Werte wie Tischgebete, Martinsumzüge und Weihnachten mittragen können“, rückt der Dekan das Bild gerade und verweist ebenfalls auf www.anders-als-geglaubt.de. Die Seite soll ab Montagmittag ansteuerbar sein.

Info:

Evangelisch-lutherisches Dekanat Weiden

  • Rund 27.000 evangelische Christen
  • 35 Kirchengemeinden
  • 11 evangelische Kinderbetreuungseinrichtungen
  • Rund 100 pädagogische Fachkräfte kümmern sich wochentäglich um 620 Kinder und Jugendliche
  • Etwa 40 Pfarr-, theologisch-pädagogische sowie Diakonestellen
 
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