Weiden in der Oberpfalz
09.05.2019 - 10:40 Uhr

Antisemitismus hat viele Gesichter

Antisemitismus ist auch in der heutigen Gesellschaft zu einem wachsenden Problem geworden. Die achte Demokratie-Konferenz hat sich deshalb ausführlich mit diesem Thema befasst.

Das Hauptreferat der achten Demokratie-Konferenz hält Annette Seidel-Arpaci von der Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS). Bild: Bühner
Das Hauptreferat der achten Demokratie-Konferenz hält Annette Seidel-Arpaci von der Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS).

Bürgermeister Jens Meyer beschrieb die Ausgangssituation. „Im vergangenen Jahr gab es in Bayern 218 Straftaten mit antisemitischen Hintergrund, das waren 70 mehr im Jahr davor“, sagte er. Die Zahlen des Bürgermeisters lieferten die Stichworte für den sich anschließenden Vortrag über die „Gegenwärtigen Erscheinungsformen des Antisemitismus“. Annette Seidel-Arpaci von der neuen Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS) referierte als wissenschaftliche Expertin über dieses Thema. Sie zeigte dabei das gesamte Spektrum der aktuell zu beobachtenden Formen des Antisemitismus in Deutschland auf.

Schon in der Alltagssprache komme er vor. Zum Beispiel wenn auf die Aufforderung „Wetten wir“ geantwortet werde „Nein, wetten tun nur die Juden“. Viele antisemitische Vorfälle im Alltagsleben seien strafrechtlich nicht relevant. Die Referentin schilderte dazu ein tatsächliches Beispiel, das von einer Betroffenen an die der Informationsstelle Antisemitismus gemeldet wurde: „Als ein Arzt erfahren hat, dass seine Patientin Jüdin ist und ein Präparat aus Schweineorganen nicht verordnet bekommen wollte, lies er die Frau stehen und warf die Patientenakte der Arzthelferin zu.“ Antisemitismus sei leider auch längst in die Hip-Hop-Musik eingedrungen, wie der Skandal um die Echo-Vergabe an den als antisemitisch kritisierten Rap von Kollegah und Farid Bang bewiesen habe.

In den sozialen Medien kursierten längst auch Landkarten, auf denen der Staat Israel nicht existiere. Sehr verbreitet sei in der politischen Diskussion eine Einstellung, die Seidel-Arpaci mit dem Satz beschrieb „Man sieht sich als Opfer einer von Juden geprägten politischen Kultur“. Die Referentin sprach dabei auch von einer „umfassenden Verschwörungsphantasie zur Erklärung der Welt“. Immer wieder würden Gründe gefunden, negative Ereignisse in dieses Weltbild einzuordnen. Antisemitismus sei deshalb auch weniger eine Ansammlung nur von Vorurteilen oder ein Ausdruck des politischen Extremismus.

Auch würden sich bei der Kritik am Staat Israel als „jüdisches Kollektiv“ sehr viele „politische Milieus“ vereinen, erläuterte die Referentin. Seit dem 1. April dieses Jahres können antisemitische Vorfälle an die RIAS in Bayern gemeldet werden. Dort ist auch Seidel-Arpaci beschäftigt. Teilnehmer der Demokratiekonferenz waren auch Werner Friedmann und Marina Jurovetskaia von der jüdischen Gemeinde Weiden. Ein weiterer Tagesordnungspunkt der Demokratiekonferenz war der Bericht von Herbert Schmid von "Arbeit und Leben" über den Stand des Förderprogramms "Demokratie leben".

Im Jahresetat des Programms von 48.000 Euro stehen noch 15.000 Euro für Maßnahmen in diesem Jahr zur Verfügung. Über neun Anträge hat bisher der Begleitausschuss positiv entschieden. Darunter waren die "Internationalen Wochen gegen Rassismus" vom 11. bis 22. März und die Jugendwahl am 17. Mai. Anträge müssen bis 28. Juni entweder bei "Arbeit und Leben" oder bei der Stadt Weiden eingereicht werden. „Wir wollen doch unser Kontingent auch in diesem Jahr ausschöpfen“, bat Schmid. Schließlich sei längst an einer lokalen Strategie für die Weiterentwicklung des Programms "Demokratie leben" in den kommenden Jahren gearbeitet worden und eine neue Antragstellung beim Bundesfamilienministerium geplant.

Bürgermeister Jens Meyer übergibt ein Gastgeschenk an die Referentin der achten Demokratie-Konferenz, Annette Seidel-Arpaci von RIAS. Bild: Bühner
Bürgermeister Jens Meyer übergibt ein Gastgeschenk an die Referentin der achten Demokratie-Konferenz, Annette Seidel-Arpaci von RIAS.
 
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