Weiden in der Oberpfalz
05.02.2019 - 18:36 Uhr

Bäume am Flutkanal fallen: Naturschutz protestiert, Behörde verteidigt sich

Der Bund Naturschutz sendet einen offenen Brief an Oberpfalz-Medien. Die Ortsgruppe Weiden protestiert gegen gefällte Bäume am Flutkanal und beschwert sich über das Wasserwirtschaftsamt. Die Behörde erklärt die Maßnahmen - noch einmal.

Etwa 100 Bäume am Flutkanal wurden abgeholzt. „Rodungsstopp!“, fordert der Bund Naturschutz. „Hochwasserschutz“, nennt das Wasserwirtschaftsamt als Ursache. Für über 2 Millionen Euro wird ein neuer Düker angelegt. Mit dieser Leitung kann die Waldnaab den Flutkanal unterqueren. Bild: Gabi Schönberger
Etwa 100 Bäume am Flutkanal wurden abgeholzt. „Rodungsstopp!“, fordert der Bund Naturschutz. „Hochwasserschutz“, nennt das Wasserwirtschaftsamt als Ursache. Für über 2 Millionen Euro wird ein neuer Düker angelegt. Mit dieser Leitung kann die Waldnaab den Flutkanal unterqueren.

"Wir fordern vom Wasserwirtschaftsamt eine verbindliche Auskunft", schreibt die Naturschutzorganisation. Es geht um Hochwasserschutz und Rodungen entlang des Flutkanals. Der Bund Naturschutz beschwert sich: Das Wasserwirtschaftsamt habe Ende November 2018 mitgeteilt, dass am Flutkanal 32 Pappeln wegen des Hochwasserschutzes gerodet werden.

Das bezieht sich auf den Bereich zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Schweinenaab-Mündung (bei der SpVgg SV). "Mittlerweile sind allerdings (...) am südlichen Flutkanal mindestens weitere 100 Bäume gefallen!", empören sich Vorsitzende Sonja Schuhmacher und Schriftführerin Irmi Eckel-Schönig, die den Brief der Ortsgruppe Weiden unterschrieben haben. "Wir fordern vom Wasserwirtschaftsamt eine verbindliche Auskunft (...), warum solche Kahlschläge vorgenommen werden (...). Bis dahin fordern wir einen Rodungsstopp für Weiden!" Andreas Ettl vom Wasserwirtschaftsamt seufzt: "Die Antworten darauf standen alle schon der Zeitung."

Oberpfalz-Medien berichtete zum ersten Mal 2016 über das Düker-Projekt

Der Abteilungsleiter für Bau und Planung bestätigt jedoch auch, dass das Thema Rodungen in der Öffentlichkeit emotional besetzt ist und erklärt alles nochmal. "Da werden zwei verschiedene Baustellen in der Diskussion vermischt."

Baustelle 1 "Hochwasserschutz-Deich":Warum die Pappeln im Bereich zwischen Parkhaus Friedrich-Ebert-Straße und SpVgg SV weichen mussten: Hier wirkt der Flutkanal als Deich zum Hochwasserschutz. "Nach DIN 19 712 sind Bäume auf dem Deich nicht erlaubt", erklärt Ettl. Doch warum werden dann die Bäume erst jetzt gefällt? Der Deich wurde zwar schon Mitte der 1990er gebaut, doch alle 10 bis 15 Jahre gebe es eine neue Prüfung. Seit dem Hochwasser in Deggendorf 2013 sei man da auch sensibler. "In Zeiten des Klimawandels kann man über so etwas nicht einfach hinwegsehen", sagt Bauoberrat Ettl.

Weiden in der Oberpfalz28.11.2018

Baustelle 2 „Dükerneubau“: Im südlichen Teil des Flutkanals wurden tatsächlich etwa 100 Bäume gefällt. Dies hängt mit einer großen Baumaßnahme zusammen, die im Sommer 2019 beginnt: Der Neubau des Dükers auf Höhe der Kläranlage, auch für den Hochwasserschutz. Hier kreuzt die Waldnaab den Flutkanal und fließt darunter durch. Ein Düker ist eine Druckleitung, mit der die Waldnaab den Kanal unterqueren kann. Dieser wurde noch vor Kriegsbeginn Anfang der 1930er gebaut, informiert Ettl. „Nach 80 bis 90 Jahren wird so ein Betonbauwerk natürlich marode. Bricht das zusammen, fließt das Wasser nicht Richtung Schirmitz, sondern ganz woanders hin.“ Der Neubau des Dükers ist eine große Maßnahme. Das Wasserwirtschaftsamt rechnet mit einer Bauzeit von eineinhalb Jahren. „Wir verbauen da über 2 Millionen Euro“, sagt Ettl. Deshalb wurde vor einigen Monaten schon eine Gasleitung verlegt, die entlang des Dükers verlaufen war. Im Lauf der Maßnahme wird auch wird ein Teil des Flutkanals verlegt. „Das ist eine hochkomplexe Situation.“

Weiden in der Oberpfalz25.01.2019

Der Neubau des Dükers, so erklärt Ettl, komme auch den Wasserlebewesen zugute. Denn bei dem aktuellen Düker gibt es beim Ein- und Auslauf einen starken Absturz, so dass Wasser-Lebewesen die Barriere nicht überqueren können. Beim neuen Düker fordert die Fischerei-Fachberatung eine flache Einlauf- und Ablaufsohle, so dass etwa Fische, Steinfliegen-Larven oder Krebse, die auf der Gewässersohle leben, sich freier bewegen können. Zudem werde die Fließgeschwindigkeit vermindert, so dass schwach schwimmende Fischarten den Düker passieren können.

Doch für die ganze Baumaßnahme braucht es Platz. „Ich kann bei einer so großen Baustelle nicht arbeiten, wenn andere Bäume da sind.“ Falls möglich, blieben die gefällten Bäume auch als Totholz liegen. Außerdem würden als ökologischer Ausgleich neue Bäume gepflanzt. Zum Rodungsstopp, den der Bund Naturschutz fordert, sagt Ettl: „Die Maßnahmen zur Vorbereitung der Baustelle sind abgeschlossen. Es werden in dem Bereich keine weiteren Bäume gefällt.

Kommentar:

Beschwerde kommt zu spät

Wenn jemand etwas baut, dann geht das nicht einfach so. Schon gar nicht bei einem so großen Projekt wie dem Nebau eines Dükers. Viele Behörden müssen zustimmen – und auch die Öffentlichkeit. Das schreibt das Gesetz vor. Am 17. Juli 2017 machte das Amtsblatt in Weiden deshalb das „Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben ,Waldnaabdüker‘“ bekannt.
Das Blatt informierte, dass die Pläne dazu einen Monat zwischen 24. Juli und 24. August 2017 öffentlich ausliegen. Dort heißt es weiter: „Es wird darauf hingewiesen, dass jeder, dessen Belange durch das Bauvorhaben berührt werden, bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (...) Einwendungen gegen das Vorhaben schriftlich oder zur Niederschrift erheben kann.“ Der Bund Naturschutz, jede Organisation, jeder Bürger konnte also sechs Wochen lang Einwände erheben.
Gab es welche? „Da kam nix“, informiert Andreas Ettl vom Wasserwirtschaftsamt. Den ersten Zeitungsartikel zu den Plänen gab es 2016, Mitte 2017 standen Infotafeln über das Projekt entlang des Flutkanals.
Ob die Einwände des Bund Naturschutz gerechtfertigt sind oder nicht, sei dahingestellt. Sie kommen aber einfach zu spät. Bürokratie ist langweilig und sperrig. Viele Organisationen und Einzelpersonen hätten mit ihren Anliegen jedoch viel mehr Erfolg, wenn sie sich mehr damit beschäftigen würden.

Beate-Josefine Luber

Das Planfeststellungsverfahren im Amtsblatt Weiden

Die gefällten Bäume am Flutkanal. Bild: Gabi Schönberger
Die gefällten Bäume am Flutkanal.

Weitere Infos über das Projekt beim Wasserwirtschaftsamt

 
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