"Die Menschenwürde steht nicht zur Debatte", sagt Heinrich Bedford-Strohm. Das gelte auch in der Flüchtlingsdebatte, so der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche, der am Freitag die Redaktion von Oberpfalz-Medien in Weiden besucht hat. Um die Stimmung in der Gesellschaft bei diesem Thema wieder zu verbessern, sieht er zwei Voraussetzungen: persönliche Gespräche mit den Menschen und das klare Bekenntnis öffentlicher Personen zur christlichen Grundorientierung. Bedford-Strohm nutze jede Möglichkeit, um mit Menschen zu sprechen. "Manchmal musst du ihm nur freundlich ins Gesicht schauen", um etwa einen Kritiker, der hasserfüllt in sozialen Medien kommentiert, zum Nachdenken zu bringen.
Mit AfD-Wählern reden
Auch mit Mitgliedern und Anhängern der AfD spricht der 59-jährige Landesbischof. Die Wähler schere er nicht über einen Kamm, es gebe darunter viele Protestwähler und solche, die wegen ihrer konservativen Haltung für diese Partei stimmen. Diese zwei Gruppen seien nicht rechtsradikal, wenngleich es solche Leute bei der AfD gebe. "Es ist nicht der Punkt, dass man nicht redet mit den Leuten aus dem rechten Spektrum." Aber die Basis des Gesprächs müsse klar sein: "Wir reden über christliche Werte." Bedford-Strohm, seit 2014 Vorsitzender des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), müsse Balance halten: Gespräche führen, aber Kante zeigen. "Wenn Leute gegen Flüchtlinge hetzen, halte ich das für nicht vereinbar mit den christlichen Grundwerten", nennt er ein Beispiel. "Aber die Menschen, die so denken, kommen nicht auf ihren Bischof zu", bedauert er.
Oft erlebe er engagierte Menschen, nicht nur in den Gemeinden. Weil er nicht wolle, dass die Leute der Seenotrettung kriminalisiert werden, ging er an Bord der "Sea-Watch 3". "Ich habe wieder mit einem kleinen Shitstorm gerechnet", doch passiert sei in den sozialen Netzwerken etwas ganz anderes. "Es ist unglaublich, wie viele Leute positiv reagiert haben ... Ich hatte ganz viele Leute - das hatte ich so noch nie –, die sagten: 'Ich bin stolz auf meine Kirche. Jetzt weiß ich wieder, warum ich Kirchensteuer zahle.' Das habe ich so noch nie erlebt", freut er sich.
Ein Problem der Kirche sei, dass ihr Engagement und ihre Arbeit zu wenig von den Menschen gesehen würden. "Die größter Herausforderung ist, unsere Arbeit darzustellen." Deswegen betreibe Bedford-Strohm eine Facebook-Seite. Er wolle, dass die Follower sehen, welche Menschen er treffe. Leute, die sich engagieren und Lebensfreude ausstrahlen – "Lust-machende Realität der Kirche" statt der Askese, die man Protestanten fälschlicherweise häufig zuschreibe. Das helfe auch gegen Kirchenaustritte.
34 Fälle von Kirchenasyl
Stolz ist Bedford-Strohm auf Pfarrer Ulrich Gampert aus Immenstadt (Allgäu), der einen Strafbefehl über 4000 Euro erhalten hat, weil er einem Flüchtling Kirchenasyl gewährt hatte. Zum ersten Mal wird ein Pfarrer in Bayern deshalb rechtlich belangt. Aktuell gibt es laut Bedford-Strohm 34 Fälle von Kirchenasyl auf evangelischer Seite in Bayern. "Das ist absolut minimal." Bei seinem Einsatz für die Menschen stehe er auch in engem Kontakt mit Innenminister Joachim Herrmann.
Der Landesbischof betont, dass jedoch nicht das Recht auf Kirchenasyl infrage gestellt werde. Es gehe vielmehr darum, ob Pfarrern oder Gemeinden, die einen Menschen aufnehmen, Strafen drohen. Doch: "Die Gemeinden machen das nicht leichtfertig." Über den Flüchtling müssen sie ein Dossier mit zig Dokumenten anfertigen – "ein Riesenaufwand". Zunächst sei mit dem Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge vereinbart worden, dass diese Fälle zweimal geprüft werden. Danach durften 90 Prozent der Betroffenen für ihr Verfahren bleiben, heute seien es nur noch 1,4 Prozent. Kommt der Bescheid, habe er nicht den Eindruck, dass das Dossier richtig gelesen worden sei, sagt Bedford-Strohm.
Die größte Baustelle in der EKD: "Die Jugend begeistern für Kirche und Institution." Sie wollen sich nicht festlegen, seien individualisiert. Dennoch: "Die Ausstrahlungskraft der Kirche hängt nicht an den Mitgliedszahlen."
















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