In seinem Weidener Büro empfängt der neue Präsident der OTH Amberg-Weiden die Journalisten von Oberpfalz-Medien. Für Clemens Bulitta ist es der letzte Termin eines langen Tages im November. Konzentriert spricht er über die Rolle der OTH als Karriereschmiede, als Hochschule "in der Region, für die Region". Das tut er heute nicht zum ersten Mal. Einen Tag nach der hochoffiziellen Amtseinführung geben sich die Medienleute beim ihn die Klinke in die Hand. Wie tickt der Neue? Was nimmt er sich für die kommenden Jahre vor?
Dabei, "neu" ist der gebürtige Mittelfranke an der Hochschule längst nicht mehr. Bereits 2012 wurde er hier als Professor für "Diagnostische Systeme und Medizintechnik-Management" berufen. Bulitta kennt Menschen und Region und als Leiter des Instituts für Medizintechnik und Dekan der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen und Gesundheit hat er in den vergangenen Jahren an entscheidender Stelle an der Entwicklung der OTH mitgewirkt.
"Ich bin breit interessiert", sagt er von sich selbst. Auch ein Blick in seine Vita vor seiner Zeit in der Oberpfalz bestätigt das: Medizinstudium in Heidelberg, den USA und der Schweiz, 1995 Promotion an der Uni Heidelberg. Die Facharztausbildung zum Chirurgen absolviert er in Essen und Mainz, ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft führt ihn nach Boston an die Harvard Medical School. Danach steigt Bulitta bei Siemens ein, arbeitet dort unter anderem im Business Development für medizintechnische Produkte.
Auffallend dabei: Bulitta gab sich mit dem scheinbar vorgezeichneten Karriereweg eines Arztes nicht zufrieden, ständig scheint er vielmehr auf der Suche nach Neuem zu sein, ohne dabei das Alte über Bord zu werfen. So zumindest könnten die Weichenstellungen seiner Laufbahn interpretiert werden, die ihn letztlich in die Medizintechnik führten.
Als Hochschulpräsident ist Bulitta abermals "auf einem neuen Gleis" – ist Manager, Interessensabgleicher, Richtungsvorgeber. Wie seine Vorgänger August Behr, Erich Bauer und zuletzt Andrea Klug will Bulitta als solcher dabei auf Netzwerken setzen. Will heißen: Die OTH wird auch unter seiner Leitung den Dialog suchen mit den Unternehmern, Politikern und "den Menschen", sich als Teil des Ganzen verstehen: "Wir leben in einem Ökosystem, das sich gegenseitig befruchtet", sagt er. Aber: Man muss ständig die Rahmenbedingungen hinterfragen, den Mut haben, andere Wege zu gehen. "Warum nicht auch eine Zusammenarbeit mit der neu entstehenden Technischen Universität Nürnberg?", stellt er in den Raum.
Bulitta sieht die Hochschule also nicht als Solistin, sondern als Element einer Wissensregion: "In Studium und Lehre gilt es durch Profilbildung und Konsolidierung unseres Studienangebots nachhaltiges Wachstum zu erreichen", sagte der Präsident bei seiner Amtseinführung, "dabei sind wir auch gefordert, uns als Partner für lebenslanges Lernen neu auszurichten und unsere Angebote gemeinsam mit anderen Bildungsträgern weiterzuentwickeln."
Die Arbeitgeber dürfte vor allem eine Frage interessieren: Wie kann die OTH Amberg-Weiden dazu beitragen, begehrte Fachkräfte an die Region zu binden? "8500 Menschen haben seit der Hochschulgründung in Weiden und Amberg einen Abschluss erworben, zu 80 Prozent sind diese Alumni in der Region geblieben", betont Bulitta die Bedeutung der OTH für den Arbeitsmarkt. So habe die Hochschule in der nördlichen Oberpfalz maßgeblich zum Strukturwandel beigetragen.
Heimatgefühl ein Plus
Wo wären diese Menschen heute, wenn es keine OTH gäbe? Eine rhetorische Frage. "Wir müssen alle Kräfte bündeln, um zu verhindern, dass junge Leute weggehen und immer wieder verdeutlichen, welche Möglichkeiten es gibt. Das ist eine Aufgabe aller Akteure", gibt er zu bedenken. Man sei aber "gut aufgestellt". "Wir haben hier äußerst attraktive Arbeitgeber, vom erfolgreichen Klein- und Mittelunternehmen bis hin zum Weltmarktführer. Hierzu kämen begünstigende Faktoren, wie erschwinglichere Immobilien, niedrige Lebenshaltungskosten und eine schöne Landschaft. Und schließlich: "Die Menschen hier identifizieren sich stark mit ihrer Heimat." Eine Trumpfkarte in den Augen Bulittas, die es so gut wie möglich zu spielen gilt.
Tue Gutes und rede darüber!
Tue Gutes und rede darüber! Die OTH Amberg-Weiden gelte es als Marke so zu positionieren, dass den Studierenden die guten Job-Aussichten in der Region noch stärker bewusst würden. Dazu sei es hilfreich, die "Sichtbarkeit" der Hochschule zu verbessern. Ansatzpunkte sieht Bulitta hier vor allem in einer profilierten "Wissenschaftskommunikation". Übersetzt heißt das: Die "fachliche Exzellenz" der Hochschule in vielen Lehr- und Forschungsgebieten soll noch deutlicher herausgestellt werden. Bulitta möchte als Hochschule aber nicht in einen "bundesweiten Wettbewerb" treten. "Wir sehen uns als regionalen Akteur, wollen hier die Akademisierung vorantreiben. Darunter verstehen wir in erster Linie, dass wir die Studierenden dazu bringen wollen, immer neugierig zu bleiben, alles zu hinterfragen und keine Denkverbote zu akzeptieren."
Zur Person
- Clemens Bulitta stammt aus Erlangen, wo er Kindheit und Jugend verbrachte.
- Nach Medizinstudium und Weiterbildung in der Chirurg wechselt er zur Siemens AG, wo er im Marketing von medizintechnischen Produkten tätig war.
- Bulitta wird 2012 zum Professur an der OTH Amberg-Weiden berufen, leitete unter anderem den Studiengang Medizintechnik und ist seit 2017 Dekan der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen und Gesundheit.
- Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft führt ihn von 1999 bis 2001 nach Boston an die Harvard University, an deren "Medical School" er als "Research Fellow" tätig war.
- Der 53-Jährige ist verheiratet, Vater von vier Kindern, singt in einer Kirchenband und zieht jeden Tag vor der Fahrt zur Hochschule seine Laufschuhe an: "Meine App sagt mir, dass ich am Tag im Schnitt 17 Kilometer jogge." Einmal die Woche schlüpft er stattdessen in die Tanzschuhe und legt mit seiner Frau "eine flotte Sohle aufs Parkett".
- Bulitta wohnt nach wie vor in Erlangen ("Das hat privat einfach besser gepasst"), sieht seine berufliche Heimat aber in der Oberpfalz. Seit Jahren engagiert er sich hier unter anderem im Rotary Club.
Zuhause studieren
Keine zusätzliche Miete, kurze Wege, Top-Ausbildung: Dank der Angebote der OTH Amberg-Weiden haben junge Menschen die Chance, eine akademische Ausbildung zu genießen und trotzdem in der Region zu bleiben.
- Die OTH Amberg-Weiden bietet derzeit 29 Bachelor-Abschlüsse. Die Palette reicht dabei von "Angewandter Psychologie" bis zu "Wirtschaftsingenieurwesen", von "Künstlicher Intelligenz" bis zu "Motor Sport Engineering".
- Von "Global Resources and Sustainable Engineering" bis zu "Technologiemanagement 4.0": Wer auf ein Bachelor-Studium noch einen Master draufsatteln möchte, hat die Wahl unter 27 Abschlüssen.
- Nach dem Studium ist vor dem Studium: Die Bedeutung des "Lebenslangen Lernens" betont auch der neue Präsident, Prof. Dr. Clemens Bulitta. Angebote dazu liefert "OTH Professional". So kann berufsbegleitend in vielen Fächern ein Master-Abschluss erworben werden. Ein Bachelor ist im Studiengang Betriebswirtschaft berufsbegleitend möglich. Dank modular gestalteter Vorlesungen, können Interessenten aber auch einfach die Angebote auswählen, die sie besonders interessieren. Häufig geschieht dies mit finanzieller Unterstützung des Arbeitgebers. Mehr Informationen dazu auf www.oth-professional.de.
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