Im Weidener Einzelhandel ist seit Dienstag Klicken, Treffen und Einkaufen angesagt. Nachdem die Corona-Inzidenz über die Osterfeiertage konstant unter 100 geblieben ist, dürfen die Geschäfte das sogenannte Click&Meet anbieten. Größte Neuerung: Kunden haben erstmals seit Monaten wieder Zutritt zum Laden und können sich die Produkte anschauen.
"Das Verkäuferherz pocht endlich wieder", sagt Dagmar Müller, die ein Modegeschäft in der Weidener Ringstraße betreibt. Kunden können sich per Telefon oder online für einen Termin anmelden und dann in einem vorher festgelegten Zeitraum shoppen. Wie lange, das bestimmen die Geschäfte selbst, je nach Bedarf und Terminplan. Im Modezentrum Müller hat jeder Kunde eine Stunde Zeit. Je größer das Geschäft, desto mehr Menschen haben Zutritt. 40 Quadratmeter pro Einkäufer sieht die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vor. "Bei uns könnten 40 Kunden rein", erklärt Müller, "wir belassen es aber bei 30, damit sich alle wohlfühlen."
Manche Kunden angespannt
Wer Glück hat und ein Zeitfenster erwischt, in dem wenige Kunden registriert sind, der könne auch direkt von der Straße ins Geschäft kommen. Fast wie früher also. Die Regale und Kleiderständer jedenfalls sind voll. "Wir haben während des Lockdowns alles vorbereitet für den Startschuss", sagt Müller. Ihre Kunden erlebt sie jedoch zwiegespalten. "Manche freuen sich total, dass sie wieder rein dürfen. Gerade die Älteren sind aber eher angespannt, die wollen schnell kaufen und gleich wieder raus."
Im NOC hat am Dienstag gleich eine ganze Reihe von Geschäften Click&Meet eingeführt. In erster Linie die Bekleidungsläden, heißt es vom Center-Management. Etwas mehr als 20 Kunden hat Linda Preisinger im Modegeschäft New Yorker empfangen - nach einer Stunde Click&Meet. "Der Andrang ist in jedem Fall da", sagt sie. Nach 30 Minuten müssen Einkäufer den Laden wieder verlassen haben. Dann heißt es: Lüften und Desinfizieren, gerade die Umkleidekabinen. Die Freude und Erleichterung bei den Kunden sei schon zu spüren. Und für die Verkäufer? "Nach vier Monaten mit geschlossenem Laden müssen wir die Strukturen und Routinen erst wieder lernen, aber es wird."
Ein paar Meter weiter, im "Jack&Jones", steht Rebecca Schell an der Ladentheke. "Die ganz große Masse" sei bis Dienstagmittag noch nicht dagewesen, berichtet sie. "Vielleicht trauen sich die Leute noch nicht so." Wer komme, sei aber sichtlich glücklich, "einmal wieder etwas anderes zu sehen als Lebensmittel und Baumarkt". Selbst wenn es nur für eine Woche ist, fühle sich die geöffnete Ladentür für Schell so an, "wie wenn das Leben wieder ein bisschen normal läuft".
Ist am Samstag wieder Schluss?
Das pochende Weidener Verkäuferherz könnte aber bald schon wieder Rhythmusstörungen spüren. Denn: Mit "einer Woche" dürfte die Zeit der offenen Geschäfte sogar etwas zu hoch angesetzt sein. Am Dienstag überstieg die 7-Tage-Inzidenz wieder die 100er-Marke. Bleibt sie drei aufeinanderfolgende Tage über diesem Wert, greift - mit einem Tag dazwischen - am Samstag die Notbremse. Die Geschäfte würden wieder schließen, Click&Meet wäre vorerst vom Tisch. Alle drei Verkäuferinnen wissen um dieses Problem. Auf die Frage, ob sich die Öffnungen dann rentieren, ja finanziell rechnen würden, sagt Dagmar Müller: "Wahrscheinlich nicht. Es rentiert sich eigentlich schon seit Monaten nicht für uns." Ernsthaft überbrücken können alle Klicks und Treffen die Probleme der Einzelhändler scheinbar nicht. Es gibt zu wenig Klarheit. Langfristiges Planen ist unmöglich.
Grundsätzlich biete das System freilich eine Perspektive, meint Tobias Sonna, Einzelhandelssprecher in Weiden, zu Click&Meet. "Das ständige Auf und Zu hilft uns dagegen überhaupt nicht." Die Wahrscheinlichkeit, am Samstag schon wieder zusperren zu müssen, hält Sonna für "sehr groß". In seinem Geschäft für Geschenke und Haushaltswaren hat er schon die ersten Kundentermine erledigt. Inwieweit dieses System wirtschaftlich ist, sei schwer zu beurteilen. Der Aufwand für die Läden sei enorm. "Einige Geschäfte dürften Probleme haben, in so kurzer Zeit ihre Ware zu bestellen. Dazu kommen Putzen und Desinfizieren. Es staut sich." Fernab von finanziellen Rechenspielen aber sei es "einfach gut für die Seele".
Hilfe bei Kontakterfassung
Mehr Hilfe erhofft sich Sonna beim Thema Kontaktnachverfolgung. Er habe von Fällen gehört, in denen Kunden allzu unleserlich schreiben, wenn sie ihre persönlichen Daten beim Einlass angeben. Im Fall der Fälle, bei einer Infektion, ist es dann schwierig, die Kette nachzuvollziehen. Ein elektronisches System, das den Kunden beim Einlass über eine App erfasst, Datenschutz vorausgesetzt, sei eine sinnige Lösung. Hier müssten Stadt und Gesundheitsamt dringend nachjustieren, mahnt Sonna. Gerade jetzt, da die Weidener Geschäfte wieder Kunden empfangen dürfen, könnten die Rufe danach noch lauter werden.
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