Es bleiben nur noch zehn Wochen bis zu den Kommunalwahlen. Und so sind es auch nur mehr zehn Zentimeter, die die Amtsträger und alle, die's noch werden wollen, beim CSU-Neujahrsempfang von der Bühne der Reger-Halle abrücken. Es gilt eben, möglichst nah dran zu sein, wenn die heiße Phase des Wahlkampfs am Dreikönigstag eingeläutet wird - mit reichlich Weihrauch, einer proppenvollen Halle und mit Gastrednerin Michaela Kaniber.
Gespräch mit Demonstranten
Die Landwirtschaftsministerin tritt dabei souverän auf - schon vor der Halle. Dort spricht sie offen mit einem Häufchen Demonstranten über die Waldrodung wegen des neuen Gewerbegebiets Weiden-West IV und über Lebensmittelverschwendung. Drinnen macht sie ihren Job und stellt sich hinter die Bauern mit Sätzen wie: "Unseren Landwirten kann man nicht noch mehr Umweltschutz, Naturschutz und Tierwohl aufoktroyieren."
Oder: "Landwirte sind Umweltschützer vom Feinsten." Dafür erntet die 42-Jährige viel Applaus, während sich Tausende Bauern gerade nach Kirchseeon aufmachen, um dort die CSU-Landesgruppe bei der Klausurtagung mit Protesten gegen die geplante verschärfte Düngeverordnung willkommen zu heißen.
In der Reger-Halle aber herrscht Harmonie. Gastgeber und Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht lobt das "ausgeprägte Engagement im Ehrenamt in der Nordoberpfalz" und dankt explizit den Landwirten: "Ihr gehört nicht an den Pranger, ihr seid die Mitte der Gesellschaft." Sorgten doch die Bauern für hochwertige Lebensmittel sowie für die Pflege der Landschaft und der kulturellen Vielfalt.
Deshalb müsse Schluss sein mit dem Misstrauen gegenüber Menschen, die uns mit Lebensmitteln versorgen, fordert Kaniber. Schluss auch mit Angriffen auf Sicherheitkräfte, mit der verschärften Wortwahl. Stattdessen plädiert die Wirtstochter kroatischer Eltern für mehr Respekt im Umgang miteinander und formuliert damit den ersten ihrer sieben Vorsätze fürs neue Jahr. Nummer zwei und drei: Die Menschen müssten wieder realistisch und stolz sein auf ihr Land und das, was jeder hier leistet. Christliche Traditionen sollen gelebt, Heimat verstanden werden.
Von Vereinen lernen
Es gelte viertens, mehr von Vereinen und Verbänden abzuschauen, "weil hier nicht der Einzelne, sondern das Wir zählt". Fünftens dürfe man nicht aufhören, besser zu werden. Es brauche eine starke Ökologie - aber mit Unterstützung der Ökonomie. Die Schlüssel dafür seien Innovationen und kreative Ideen. Die Staatsregierung habe deshalb eine Innovationsoffensive gestartet, die in allen Regionen ankommen werde. Dinge derweil schlecht zu reden, wie es eine Deutsche Tugend sei, bringe nicht weiter. "Was in der Diesel-Affäre gelaufen ist, war nicht in Ordnung", sagt Kaniber - und erntet viel Beifall.
Vorsätze sechs und sieben beschäftigen sich mit der Klimafrage. Sechs: "Wir müssen Vorbild sein für unsere Kinder und alle anderen", sagt die Mutter von drei Mädchen (15, 19 und 20 Jahre). Das jüngste frage sie oft, was bringt's, wenn sich außer Bayern keiner an den Klimaschutz hält. "Genau", ertönt es aus dem Saal. "Ich sage dann immer", argumentiert Kaniber, "wenn meine Tochter Vicky eine Fünf in Mathe hat, hilft's mir auch nichts, wenn das Nachbarsderndl eine Sechs hat."
Für Vorsatz Nummer sieben packt Kaniber einen Spiegel aus, den sich jeder vorhalten müsse. "Auch unsere Jugend, die am Freitag auf die Straße geht." Nichts habe die Ministerin gegen die Fridays-for-Future-Bewegung. "Aber wenn ich den jungen Leuten in der Diskussion die Ware aus Bangladesch ausziehe, schaut's schlecht aus."
Wahlkampf als Liebesbeweis
Abseits aller guten Vorsätze sind der 42-Jährigen, die betont kein Abitur gemacht zu haben, noch zwei Dinge wichtig. Erstens: Das Handwerk und der Mittelstand zählen enorm. Kinder seien nicht nur etwas wert, wenn sie studieren und drei Doktortitel tragen. Und zweitens: "Gehen Sie zur Wahl!"
Gemeinsam mit Rupprecht wirbt die Ministerin für die Landratskandidaten der CSU, Andreas Meier (Landkreis Neustadt/WN) und Roland Grillmeier (Tirschenreuth), sowie im Beisein von Hausherr und SPD-Oberbürgermeister Kurt Seggewiß für einen "schwarzen" OB in Weiden namens Benjamin Zeitler.
Rupprecht dankt schließlich neben der Stadtkapelle Neustadt/WN allen Bewerbern: "Ihre Kandidatur ist ein Liebesbeweis für unsere Demokratie und unsere Heimat." Und zu so einem Liebesbeweis passt es wiederum prima, wenn sich die CSU-Familie so nah kommt wie vor der Bühne der Max-Reger-Halle.
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